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Das Bundesgericht hat in einem kürzlich publizierten Entscheid (4A_627/2011) festgehalten, dass der Internationale Sportgerichtshof (CAS) nicht zur Beurteilung einer Schadenersatzklage des SC Bern gegen den Internationalen Eishockeyverband (IIHF) zuständig sei. Die Berner hatten vor dem CAS Schadenersatz in der Höhe von über einer Million Franken gefordert, weil die durch den IIHF durchgeführte Champions Hockey League nach nur einer Saison wieder eingestellt wurde. Den teilnehmenden Klubs wurden damals Einnahmen im Gesamtbetrag von rund zehn Millionen Euro versprochen. Der CAS hatte sich für zuständig erklärt und wollte auf die Klage eintreten, worauf der IIHF den Zuständigkeitsentscheid ans Bundesgericht weiterzog. Diese Beschwerde hiess das Bundesgericht nun gut. Somit muss der SC Bern den Ausfall der Champions Hockey League wohl entschädigungslos hinnehmen.
Einmalige Durchführung, Sponsorenabsprung und Absage
Zum Sachverhalt: Der Internationale Eishockeyverband (IIHF) hatte im April 2008 mit dem schweizerischen Eishockeyverband (SIHF) und der schweizerischen Eishockey Nationalliga-GmbH (NL-GmbH) eine Vereinbarung über die Teilnahme schweizerischer Klubs an der Champions Hockey League (CHL) geschlossen. Nach dieser Vereinbarung sollten an die Teilnehmer des genannten Turniers Geldleistungen im Gesamtbetrag von zehn Millionen Euro ausgerichtet werden. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass alle Streitigkeiten zwischen den Parteien vom Internationalen Sportgerichtshof entschieden werden sollen.
Nach einer ersten Ausgabe in der Saison 2008/09, welche vom damaligen Schweizermeister ZSC Lions gewonnen wurde, musste der IIHF auf die Durchführung weiterer Turniere verzichten. Dies hauptsächlich deshalb, weil der Hauptsponsor absprang und aus diesem Grund die finanziellen Mittel für die Durchführung nicht mehr vorhanden waren. Der IIHF, der SIHF und die NL-GmbH schlossen daraufhin ein „Settlement Agreement“, in welchem festgehalten wurde, dass die Parteien und auch die ihnen angeschlossenen Klubs auf allfällige Ansprüche wegen der Annullierung verzichten.
Schadenersatz-Klage des SCB und Entscheid des CAS
Der SC Bern (SCB) hätte sich aufgrund der sportlichen Ergebnisse in der schweizerischen National League A für die CHL der Saisons 2009/10 (als Qualifikationssieger) und 2010/11 (als Schweizermeister) qualifiziert. Da diese aber nicht durchgeführt werden konnten, versuchte der SCB, den durch die kurzfristige Absage erlittenen finanziellen Schaden geltend zu machen und gelangte zu diesem Zweck mittels Klage an den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) (vgl. Pressemitteilung des SCB vom 15. Oktober 2010). Weil nur die Verbände und nicht die Klubs die Vereinbarung und die darin enthaltene Schiedsklausel unterzeichneten, war vor dem CAS umstritten, ob der SCB überhaupt zur Klage berechtigt bzw. der CAS zur Beurteilung der Streitsache zuständig sei.
Der CAS erachtete sich am 13. September 2011 in einem Zwischenentscheid als zuständig, da es sich bei der Vereinbarung um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter (Art. 112 Abs. 2 OR) handle und die in der Vereinbarung enthaltene Schiedsklausel damit auch auf Dritte anwendbar sei. Auf die Klausel berufen könnten sich somit alle Klubs, welche die in der Vereinbarung festgelegten Qualifikationserfordernisse erfüllen würden. Daraufhin gelangte der IIHF mit Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses weist die Beschwerde gegen den Schiedsspruch gut und hebt diesen auf. Der CAS sei vorliegend nicht zur Beurteilung der Streitsache zuständig.
Bundesgericht: Kein Vertrag zu Gunsten Dritter
In seinem Urteil vom 8. März 2012 (4A_627/2011) bestätigt das Bundesgericht implizit, dass sich der SCB als Dritter auf die Schiedsklausel im Vertrag zwischen dem IIHF und dem SIHF und der NL-GmbH berufen könnte, wenn die Vereinbarung als Vertrag zu Gunsten Dritter zu qualifizieren wäre. In der Folge weist das Bundesgericht jedoch die entsprechende Beurteilung des Vertrags durch das CAS als falsch zurück.
So gelte der Grundsatz, wonach durch einen Vertrag nur die Vertragsparteien verpflichtet würden, auch im vorliegenden Fall. Es sei weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick davon auszugehen, dass den teilnahmeberechtigten Klubs ein originäres Forderungsrecht gegenüber dem Verband zugestanden werden sollte. So sei z.B. davon die Rede, dass die Klubs als Vertreter der nationalen Verbände teilnehmen oder dass nicht die Klubs sich selbst, sondern die nationalen Verbände die Klubs anmelden sollen bzw. müssen. Weiter stehe in der ganzen Vereinbarung nichts über selbstständige Ansprüche der teilnahmeberechtigten Klubs. Somit sei nicht von einem Vertrag zu Gunsten Dritter auszugehen, womit die Klubs kein selbstständiges Forderungsrecht hätten und der CAS somit für die vorliegende Streitsache nicht zuständig sei.
Fazit: Keine Entschädigung für den SC Bern
Die Konsequenz aus dem Bundesgerichtsurteil ist, dass der SC Bern die Annullierung der CHL-Saisons 2009/10 und 2010/11 wohl entschädigungslos hinnehmen muss. Zumindest auf dem Weg der Sportgerichtsbarkeit ist der Entscheid für den SCB nun endgültig. Noch ist aber nicht klar, ob der Fall endgültig abgeschlossen ist. Bisher hat sich der SCB noch nicht zum begründeten Urteil geäussert. Ob er – nachdem der CAS für unzuständig erklärt wurde – allenfalls die zivilen Gerichte anrufen will, ist deshalb noch offen.
Weitere Informationen:
- BGer 4A_627/2011 vom 8. März 2012
- Pressemitteilung des IIHF zum Urteil des Bundesgerichts
- Art. 112 OR (Vertrag zugunsten eines Dritten)
Ansprechpartner: Adrian Süess & Giuseppe Di Marco