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Im Rahmen des laufenden Verfahrens zur Revision des Schweizer Urheberrechtsgesetzes (URG) hat sich die Arbeitsgruppe AGUR12 II über die nach der Vernehmlassung noch offenen Fragen und Empfehlungen beraten und sich in verschiedenen Punkten auf einen Kompromiss für die Modernisierung des Urheberrechts geeinigt. Am 2. März 2017 präsentierte die AGUR12 II dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) seine Ergebnisse. Ein Kompromiss konnte insbesondere beim zentralen Thema der Pirateriebekämpfung erreicht werden: Künftig sollen Hosting Provider mit Sitz in der Schweiz verpflichtet werden, urheberrechtsverletzende Inhalte zu entfernen und dafür zu sorgen, dass diese nicht erneut über Ihre Server angeboten werden können.
Ausgangslage
Wie bereits ausführlich berichtet wurde, soll das Schweizer Urheberrecht revidiert und an den neusten technologischen Stand angepasst werden (BR-News vom 23. Mai 2016). Zu diesem Zweck hat der Bundesrat Ende 2015 einen Entwurf der zu revidierenden Bestimmungen des URG in die Vernehmlassung geschickt. Inhaltlich strebt die Revision vor allem eine schnellere und gezieltere Bekämpfung der Internetpiraterie an.
In der Vernehmlassung zeigte sich jedoch, dass die Vorstellungen über die Stossrichtung der Revision weit auseinander gehen. Vor diesem Hintergrund hatte das EJPD die Arbeitsgruppe zum Urheberrecht AGUR12 II beauftragt, die noch offenen Fragen aus der Vernehmlassung abzuklären. Die AGUR 12 II hat am 2. März 2017 ihre Arbeit beendet und sich in verschiedenen Punkten geeinigt. Ein Kompromiss konnte insbesondere beim zentralen Thema der Pirateriebekämpfung erzielt werden.
Kompromiss: Hosting Provider sind in der Pflicht …
Nach Ansicht der Arbeitsgruppe kann die Internetpiraterie am effizientesten unter Einbezug der sog. Hosting Providern bekämpft werden. Hosting Provider sind Dienstleister, welche die notwendige Infrastruktur sowie Verwaltungsinstrumente bereitstellen, damit zum Beispiel Betreiber von Onlineshops ihre Angebote einem breiten Kundenkreis präsentieren und verschiedene Dienstleistungen wie die Pflege des Kundenstamms oder die Kontaktverwaltung in Anspruch nehmen können.
Geht es nach der AGUR12, sind Hosting Provider mit Sitz in der Schweiz künftig dazu verpflichtet, keine Piraterieplattformen zu beherbergen und Urheberrechtsverletzungen über ihre Server die betroffenen Inhalte rasch zu entfernen. Im Vordergrund stehe dabei die bereits heute erfolgreiche Selbstregulierung. In den Fällen, in welchen der Hosting Provider „eine besondere Gefahr“ von Urheberrechtsverletzungen schafft, habe er jedoch mittels eines sog. „Stay Down“ dafür zu sorgen, dass einmal beseitigte Urheberrechtsverletzungen auch beseitigt bleiben. In diesem Zusammenhang will die AGUR12 auch ausdrückliche Klarstellung, dass Datenbearbeitungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zulässig sind (vgl. hierzu auch BR-News vom 8.9.2010).
… jedoch keine Netzsperren oder Versand aufklärender Hinweise durch Access Provider
Weitere im Vorentwurf zum revidierten URG (rURG) vorgeschlagene Massnahmen zum Schutz von Urheberrechten wurden hingegen ausgeschlossen. So wurde zum einen die Einführung von Blocking-Massnahmen (Netzsperren) durch sog. Access Provider abgelehnt. Beim Access Provider handelt es sich um einen Internetdienstleister, welcher die Verbindungsknoten zum Internet bereitstellt, an die der Kunde seinen Computer mittels Modem bzw. Router anbinden kann. Hat ein Hosting Provider seinen Sitz im Ausland oder an einem unbekannten Ort und wird über dessen Infrastruktur urheberrechtsverletzendes Material in der Schweiz verbreitet, sollte gemäss Revisionsentwurf auch der Access Provider verpflichtet werden, den Zugang zu solchen rechtsverletzenden Angeboten auf Anweisung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) zu sperren (Art. 66d rURG).
Weiter wurde auch der Versand aufklärender Hinweise bei schwerwiegenden Urheberrechtsverletzungen über Peer-to-Peer-Netzwerke nicht in das Kompromisspaket aufgenommen. Der Vorentwurf sah vor, dass ein geschädigter Rechteinhaber im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vom Access Provider die Bekanntgabe der Identität des Teilnehmers verlangen kann, dessen Anschluss für die Verletzung verwendet wurde (Art. 62a Abs. 1 rURG). Diese sog. Teilnehmeridentifikation kann allerdings erst geltend gemacht werden, wenn der betreffende Teilnehmer schon zweimal durch den Access Provider einen aufklärenden Hinweis über die schwerwiegende Rechtsverletzung und deren Folgen erhalten hat und daraufhin weiterhin untätig bleibt (Art. 66g rURG). Der Medienmitteilung lässt sich allerdings nicht entnehmen, inwieweit mit dem Verzicht auf den Versand aufklärender Hinweise gleichzeitig auch weitere Regelungen im Zusammenhang mit der Nutzeridentifikation entfallen sollen.
Fazit und Ausblick
Ausgehend von den präsentierten Ergebnissen der AGUR12 II wurde der Kompromiss gewählt, die Internetpiraterie im Zuständigkeitsbereich der Hosting Provider zu bekämpfen. Hingegen wurde auf die weiter gehenden Möglichkeiten von Netzsperren und dem Versenden von aufklärenden Hinweisen, für welche die Access Provider zuständig wären, verzichtet. Ob und inwieweit diese Ergebnisse Eingang in den Entwurf zuhanden des Parlaments finden werden, ist allerdings offen. Das EJPD wird das Ergebnis der AGUR12 II jedenfalls in seine Überlegungen einfliessen lassen. Bis im Juli 2017 wird es dem Bundesrat einen Antrag zum weiteren Vorgehen stellen.
Weitere Informationen:
- Medienmitteilung der AGUR12 II vom 2. März 2017
- Revision des Urheberrechts: Neue Pflichten für Provider, gerichtliches Identifikationsverfahren bei offensichtlichen Urheberrechtsverletzungen sowie weitere Neuerungen geplant (BR-News vom 23. Mai 2016)
- Revisionsentwurf zum URG (rURG)
- Bundesgericht beurteilt Vorgehen von Logistep gegen „Internet-Piraten“ als unzulässig (BR-News vom 8. September 2010)