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Die am 1. Januar 2023 in Kraft tretende Aktienrechtsreform bezweckt unter anderem eine liberalere Gestaltung der Gründungs- und Kapitalbestimmungen. Die neuen Vorschriften bieten allerdings auch zahlreiche Möglichkeiten, M&A-Transaktionen flexibler zu gestalten. Nachfolgend werden einige der neuen Instrumente vorgestellt:
Zwischendividenden
Als Zwischendividenden werden Ausschüttungen aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahres bezeichnet. Ihre Zulässigkeit nach geltendem Recht ist umstritten, da das Gesetz (noch) keine entsprechende Grundlage enthält.
Neu sind Zwischendividenden nach Art. 675a nOR ausdrücklich zulässig. Voraussetzung ist, dass aufgrund einer Zwischenbilanz ein ausschüttungsfähiger Gewinn besteht. Die Zwischenbilanz muss revidiert sein. Letztere Voraussetzung entfällt, wenn entweder ein Opting-out vorgenommen wurde oder alle Aktionäre auf die Revision verzichten und die Forderungen der Gläubiger durch die Zwischendividende nicht gefährdet werden.Mit einer Zwischendividende kann der in M&A-Transaktionen häufigen excess cash-Thematik begegnet werden: wenn die Zielgesellschaft über nicht betriebsnotwendige finanzielle Mittel verfügt, besteht der Käufer oft darauf, dass der Verkäufer diese vor dem Vollzug der Transaktion abzieht. Damit vermeidet der Käufer es, «cash für cash» zu bezahlen. Einerseits senkt dies den Kaufpreis. Andererseits verbessert der Käufer sein Liquiditätsmanagement nach der Acquisition: die überschüssigen finanziellen Mittel aus der neuen Tochtergesellschaft an die Stelle im Konzern zu transferieren, wo sie benötigt werden, kann administrativen Aufwand bedeuten (z.B. Verfassen von entsprechenden Verträgen, falls die Vermögenstransfers als Darlehen strukturiert werden) oder nachteilige Steuerfolgen haben (insbesondere die Dividendenbesteuerung bei der Muttergesellschaft).
Die gesetzliche Legitimierung der Zwischendividende löst allerdings nicht das Problem des Verkäufers, dass eine Dividende grundsätzlich besteuert wird, während der Verkauf von Aktien zu einem höheren Preis bei Privatpersonen einen steuerfreien Kapitalgewinn darstellen kann.
Wegfallen der Sachübernahme-Vorschriften
Die Vorschriften zur Sachübernahme (Art. 628 Abs. 2 und 650 Abs. 2 Ziff. 5 OR) werden ersatzlos gestrichen. Damit sind insbesondere der Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsbericht (Art. 635 Ziff. 1 bzw. 652e Ziff. 1 OR) sowie der entsprechende Prüfbericht (Art. 635a bzw. 652f Ziff. 1 OR) nicht mehr nötig. Zudem wird die Rechtssicherheit bei Transaktionen nach Gründungen und Kapitalerhöhungen gesteigert: es entfällt die unter geltendem Recht oft heikle Abwägung, ob ein geplantes Geschäft als Sachübernahme zu qualifizieren ist, oder nicht.
Im Weiteren werden die nach der Gründung bzw. Kapitalerhöhung getätigten Transaktionen nicht mehr in den Statuten ausgewiesen. Sie können auch nicht über andere öffentliche Handelsregisterbelege nachvollzogen werden. Dies schafft eine oft unerwünschte Publizität über die entsprechenden Vorgänge ab.
Umstrukturierungen sind oft ein Teil von komplexeren M&A-Transaktionen – sei es vor dem Vollzug (zur Vorbereitung der Transaktion) oder danach (zur Integration der Zielgesellschaft in den Konzern des Käufers). Carve-out Transaktionen etwa können z.B. so strukturiert werden, dass Vermögenswerte aus verschiedenen Gesellschaften der Gruppe des Verkäufers in ein neu gegründetes Unternehmen überführt werden, das dann vom Käufer erworben wird.
Die genannten Vorteile der vereinfachten Rechtslage kommen hier voll zum Tragen: die entfallenden Formalien sparen wertvolle Zeit und Beraterkosten, sodass Transaktionen schneller und effizienter abgewickelt werden können. Zudem verringert sich der logistische Aufwand, da mit dem Revisor ein Dienstleister weniger koordiniert werden muss.
Kapitalband
Eine weitere Flexibilisierung des Gesellschaftsrechts wird durch das neu geschaffene Institut des Kapitalbands erreicht. Damit kann die Generalversammlung den Verwaltungsrat durch eine entsprechende Statutenänderung ermächtigen, während einer Dauer von bis zu fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer vorgegebenen Bandbreite (sog. Kapitalband) zu verändern (Art. 653s ff. nOR).
Das Kapitalband darf, nach unten wie nach oben, maximal 50% des bei der Einführung des Kapitalbands bestehenden Aktienkapitals nicht überschreiten. Die Generalversammlung kann den Ermessensspielraum des Verwaltungsrates weiter eingrenzen und z.B. bestimmen, dass der Verwaltungsrat das Aktienkapital nur herabsetzen, jedoch nicht erhöhen darf (oder umgekehrt). In diesem Fall entspricht das Kapitalband einer genehmigten Kapitalherabsetzung, die das geltende Rechte nicht kennt.
Das Kapitalbank eröffnet eine Reihe neuer Handlungsoptionen. So kann der Verwaltungsrat etwa im Rahmen einer drohenden, unfreundlichen Übernahme eine ad-hoch Kapitalherabsetzung vornehmen, um die Zielgesellschaft durch den Kapitalabfluss unattraktiver zu machen. Zudem kann der Verwaltungsrat nun während einer relativ langen Zeitspanne von fünf (anstatt, wie bisher, lediglich zwei) Jahren neue Aktien schaffen – etwa, um den Kaufpreis für eine Unternehmensübernahme zu bezahlen.