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Nach Verabschiedung der Aktienrechtsrevision sind für einzelne Teilregelungen bereits die Zeitpunkte des Inkrafttretens bekannt. Dies betrifft die Regelungen zu den Geschlechterrichtwerten im Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sowie die Transparenzregelungen für Rohstoffunternehmen. Aufgrund der unterschiedlichen Übergangsbestimmungen, ist allerdings nur bei letzteren eine baldige Umsetzung der neuen Berichterstattungspflichten gefragt.
Verabschiedung der Aktienrechtsrevision
Am 19. Juni 2020 wurde vom Parlament der Schlussabstimmungstext zur Aktienrechtsrevision verabschiedet. Ziel der Revision war und ist unter anderem der Ausbau zeitgemässer Corporate Governance Regelungen, eine flexiblere und einfachere Ausgestaltung der Gründungs- und Kapitalanpassungsbestimmungen sowie die Abstimmung des Aktienrechts auf das neue Rechnungslegungsrecht. Bestandteil der Aktienrechtsrevision ist auch die Überführung der am 1. Januar 2014 in Kraft gesetzten Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) in ein bestehendes Bundesgesetz sowie die Einführung neuer Transparenzregelungen für wirtschaftlich bedeutende, in der Rohstoffförderung tätige Unternehmen.
Neue Bestimmungen zu Geschlechterrichtwerten
Im revidierten Obligationenrecht (OR) wird neu – eingebettet in die ins Gesetz überführten Bestimmungen der bisherigen VegüV – eine Bestimmung zu Mindestrichtwerten bei der Geschlechtervertretung im Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung eingeführt. Diese gilt jedoch nur für börsenkotierte Unternehmen, die ausserdem zwei der folgenden Schwellenwerte gem. Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 OR überschreiten: Bilanzsumme CHF 20 Mio; Umsatz CHF 40 Mio oder 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.
Die Bestimmung sieht vor, dass bei börsenkotierten Unternehmen, welche die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, jedes Geschlecht mindestens zu 30% im Verwaltungsrat und zu 20% in der Geschäftsleitung vertreten sein muss (Art. 734f nOR). Diese Quoten sind allerdings als Richtwerte und nicht als durchsetzbare gesetzliche Pflicht zu verstehen: Deren Nichteinhaltung ist entsprechend mit keinen Sanktionen verbunden. Hingegen kommt der sog. comply-or-explain Ansatz zur Anwendung: Die betroffenen Unternehmen müssen im Fall der Nichteinhaltung im Vergütungsbericht die Gründe darlegen, weshalb beide Geschlechter nicht wie vorgesehen vertreten sind (Art. 734f Ziff. 1 nOR) und diejenige Massnahmen bezeichnen, die zur Förderung des untervertretenen Geschlechts vorgesehen sind (Art. 734f Ziff. 2 nOR).
Unternehmen, die diesen Richtwerten nicht nachkommen, müssen sich zwar öffentlich rechtfertigen, sind aber ansonsten nicht schwerwiegenden Konsequenzen ausgesetzt. Die Übergangsfristen wurden für diese Regelungen zudem sehr grosszügig ausgestaltet. Art. 4 der Übergangsbestimmungen sieht vor, dass die Berichterstattungspflicht bei Nichteinhaltung des Richtwerts im VR bei Nichteinhaltung erst ab jenem Geschäftsjahr gilt, das fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts beginnt (Abs. 1). Bei der Geschäftsleitung gilt dies sogar erst ab dem Geschäftsjahr, das zehn Jahre nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen beginnt (Abs. 2).
Der Bundesrat hat am 11. September 2020 entschieden, dass Art. 734f nOR per 1. Januar 2021 inkrafttreten wird. Den Berichterstattungspflichten werden die betroffenen Unternehmen somit erst ab den Geschäftsjahren, die im 2026 bzw. 2031 beginnen, nachkommen müssen. Es bleibt daher vorerst wohl bei einem rein programmatischen Charakter der neuen Bestimmung.
Transparenzregelungen für Rohstoffunternehmen
Ebenfalls per 1. Januar 2021 werden die neuen Transparenzregelungen für rohstofffördernde Unternehmen in Kraft gesetzt. Gemäss diesen müssen Unternehmen, die nach Art. 727 Abs. 1 zur ordentlichen Revision verpflichtet sind und selber oder durch ein von ihnen kontrolliertes Unternehmen im Bereich der Gewinnung von Mineralien, Erdöl oder Erdgas oder der Gewinnung von Holz in Primärwäldern tätig sind, jährlich einen Bericht über die Zahlungen an staatliche Stellen verfassen (Art. 964a Abs. 1 nOR).
Die Gewinnung von Rohstoffen umfasst gemäss Gesetz alle Unternehmenstätigkeiten auf den Gebieten der Exploration, Prospektion, Entdeckung, Erschliessung und Förderung von Mineralien, Erdöl- und Gasvorkommen und des Einschlags von Holz in Primärwäldern. Gemäss Botschaft ist unerheblich, ob die Gewinnung von Rohstoffen im statutarischen Zweck des Unternehmens wiedergegeben ist. Auch muss es sich dabei nicht um die ausschliessliche oder hauptsächliche Tätigkeit des Unternehmens handeln. Ausreichend ist bereits eine einmalige (z.B. projektbasierte) Tätigkeit im Bereich der Rohstoffgewinnung.
Es gilt überdies zu beachten, dass auch die Tätigkeiten von kontrollierten Konzerngesellschaften in der Rohstoffgewinnung vom persönlichen Anwendungsbereich der Regelung erfasst werden. Bei Unternehmen, die eine konsolidierte Jahresrechnung erstellen, muss aber lediglich ein Bericht erstellt werden, der jeweils alle betroffenen Gesellschaften umfasst. Die Gesellschaften, die deshalb keinen eigenen Bericht zu erstellen haben, müssen aber im Anhang zur Jahresrechnung angeben, bei welchem Unternehmen sie in den Bericht miteinbezogen wurden (Art. 964a Abs. 3 nOR).
Der Bericht muss Auskunft geben über alle Zahlungen an staatliche Stellen von mindestens CHF 100’000, die im Zusammenhang mit der Rohstoffgewinnung erfolgten. Auch der Begriff der Zahlung ist im Gesetz definiert und denkbar weit gefasst (Art. 964b nOR). Als Zahlungen gelten bspw. auch Nutzungsentgelte, Unterzeichnungs-, Entdeckungs- und Produktionsboni, Lizenz-, Miet- und Zugangsgebühren oder sonstige Gegenleistungen für Bewilligungen oder Konzessionen sowie auch Zahlungen für die Verbesserung der Infrastruktur.
Nach obligatorischer Genehmigung durch den Verwaltungsrat muss der Bericht sodann spätestens sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs elektronisch veröffentlicht werden. Danach hat er mindestens zehn Jahre lang öffentlich zugänglich zu sein (Art. 964d nOR).
Die Transparenzregelungen finden – anders als jene zu den Geschlechterrichtwerten –bereits erstmals Anwendung auf das Geschäftsjahr, das ein Jahr nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts beginnt (Art. 7 Übergangsbestimmungen). Das bedeutet, dass ab den Geschäftsjahren, die im Jahr 2022 bei den betroffenen Unternehmen beginnen, bereits entsprechende Berichte erstellt und publiziert werden müssen. Bei der Umsetzung und Erstellung dieser Berichte ist also bereits in naher Zukunft Handlungsbedarf angezeigt.
Weiterführende Angaben:
Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV)
Schlussabstimmungstext vom 19. Juni 2020