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Das Bundesgericht setzte sich vor kurzem mit der Frage nach dem anwendbaren Recht bei Online-Versteigerungen im B2B-Verhältnis auseinander. Nach dem anwendbaren Haager Übereinkommen wäre dabei grundsätzlich der Ausführungsort der Versteigerung massgebend. Das Bundesgericht hielt jedoch fest, dass es bei Online-Versteigerungen gerade nicht möglich sei, den Ort der Versteigerung zu bestimmen. Folglich könne insbesondere der Sitz des Betreibers der Online-Auktions-Plattform nicht entscheidend sein für das anwendbare Recht. Vielmehr ist laut dem Urteil entweder die Rechtswahl der Parteien oder, bei fehlender Rechtswahl, der gewöhnliche Aufenthalt des Verkäufers zum Zeitpunkt der Bestellung massgebend.
Sachverhalt und Verfahren bis vor Bundesgericht
Die Klägerin bzw. Verkäuferin veranstaltete eine Online-Auktion von Fotografien. Dabei ersteigerte die Beklagte bzw. Käuferin sieben Fotografien für ihre Galerie. Die klagende Gesellschaft hat ihren Sitz in Österreich, die beklagte Einzelunternehmung hat ihren Sitz in der Schweiz. Nach Abschluss des Kaufvertrages und nach erfolglosen Mahnungen, leitete die Klägerin die Betreibung ein, woraufhin die Beklagte Rechtsvorschlag erhob.
Im Januar 2016 gelangte die Klägerin an das Handelsgericht des Kantons Zürich und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, die offene Forderung zu begleichen. Das Handelsgericht wies die Klage jedoch ab, da nach US-amerikanischem Recht, welches das Gericht für anwendbar erklärte, der Verkäufer vor Einklagung der Forderung, dem Käufer die Erfüllung anbieten muss. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erfolgt. Mit Beschwerde in Zivilsachen gelangte die Klägerin an das Bundesgericht und rügte, ausländisches Recht sei nicht angewendet worden, wie das das schweizerische internationale Privatrecht vorschreibt. Sie verlangte die Anwendung von österreichischem Recht.
Anwendbares Recht bei B2B-Online-Versteigerungen
Da die Klägerin ihren Sitz in Österreich und die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat, liegt ein internationales Verhältnis vor, wobei festgestellt werden muss, welches Recht auf den vorliegenden Kaufvertrag Anwendung findet. Bei internationalen Kaufverträgen ist zu prüfen, ob das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG) Anwendung findet. Nach Art. 2 lit. b CISG findet dieses Abkommen jedoch keine Anwendung auf Versteigerungen, darunter sind auch Online-Auktionen zu qualifizieren.
Demnach ist für den Sachverhalt Art. 118 IPRG zu Kaufverträgen über bewegliche körperliche Sachen zu konsultieren, welcher auf das entsprechende Haager Übereinkommen verweist. Es ist hier zu betonen, dass es sich im erwähnten Fall um einen B2B-Sachverhalt handelt. Würde der Vertrag als Konsumentenvertrag qualifiziert werden, sind die zwingenden Bestimmungen von Art. 120 IPRG zu beachten. In diesem Fall wäre das Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Konsumenten anzuwenden.
Art. 3 Abs. 3 des Haager Übereinkommens hält fest, dass bei Versteigerungen, der Kaufvertrag dem innerstaatlichen Recht des Landes untersteht, indem die Versteigerung stattfindet. Das Zürcher Handelsgericht qualifizierte dabei den Geschäftssitz der Auktions-Plattform in New York als Ort, wo die Versteigerung stattgefunden hat.
Das Bundesgericht argumentierte jedoch, dass es bei Online-Versteigerungen nicht möglich sei, einen konkreten Ort der Versteigerung zu bestimmen. Falls keine Rechtswahl vorliegt, findet somit die allgemeine Regel in Art. 3 Abs. 1 des Übereinkommens Anwendung. Darin wird festgehalten, dass der Kaufvertrag dem innerstaatlichen Recht untersteht, indem der Verkäufer zum Zeitpunkt des Empfangs der Bestellung, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Klägerin hatte zum massgebenden Zeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt unbestritten in Wien, womit folglich österreichisches Recht zur Anwendung gelangen muss. Ausgehend davon wurde die Beschwerde gutgeheissen und der Fall zur Neubeurteilung an das Handelsgericht zurückgewiesen.
Schlussfolgerungen für die Praxis
Will man bei Online-Versteigerungen im geschäftlichen Verkehr ein bestimmtes Recht für anwendbar erklären, muss man dies im entsprechenden Kaufvertrag oder in den AGBs festhalten. Wird das anwendbare Recht im Vertrag nicht explizit geregelt, kommt dasjenige Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Verkäufers zum Zeitpunkt der Bestellung zur Anwendung.
Zu beachten ist jedoch, dass bei Verträgen mit Konsumenten das anwendbare Recht nicht frei gewählt werden kann. Eine Rechtswahl in den AGB ist prinzipiell ungültig (Art. 120 Abs. 2 IPRG). Vielmehr gelangt im B2C-Verhältnis grundsätzlich zwingend das Recht am Wohnsitz des Konsumenten zur Anwendung. Dies gilt zumindest dann, wenn der Anbieter sein Angebot auf Verbraucher in diesem Staat ausgerichtet hat. Die Kriterien, die zu einer solchen «Ausrichtung» führen, haben wir in unserem Praxis-Paper «Internationale Ausrichtung von Online-Shops» dargestellt.
Weitere Informationen:
- Entscheid des Bundesgerichts vom 8.November 2016 (4A_451/2016)
- Urteil des Handelsgerichts vom 10. Juni 2016 (HG160010-O)
- Übereinkommen betreffend das auf internationale Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen anzuwendende Recht vom 15. Juni 1955 (SR 0.221.211.4)
- Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (SR 291)
- Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (SR 0.221.211.1)