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Vergangene Woche vermeldeten mehrere Medien, dass der Schweizerische Bobsleigh-, Schlitten- und Skeleton-Verband (SBSV) den erfolgreichen Schweizer Bobfahrer Beat Hefti am 12. November 2010 verbandsintern bis auf weiteres gesperrt habe, weil es dieser ablehnte, die sogenannte Athleten-Vereinbarung in allen Punkten anzunehmen. Zudem warf der Verband Hefti vor, gewisse administrative Pflichten in der Saisonvorbereitung nicht erfüllt zu haben. Schliesslich verweigerte ihm der SBSV die Ausstellung der Wettkampflizenz, wodurch Hefti am Europacup-Auftakt in Igls (Österreich) nicht startberechtigt war. Der Verband begründete die Weigerung der Lizenzvergabe damit, dass die Lizenzgebühren durch das Bobteam von Hefti bis am 15. November 2010 nicht eingegangen waren.
Hinsichtlich der Athleten-Vereinbarung, die als Richtlinie für die Zusammenarbeit zwischen dem Athleten und dem Verband gilt, teilte der SBSV mit, dass er den Vertrag zwar von Hefti zwar unterzeichnet zurück erhielt, jedoch vermerkte dieser an einigen Stellen, dass er mit der Regelung nicht einverstanden sei. Dabei ging es unter anderem um die Regelung des Sponsorings. Der Verband betrachtete die Athleten-Vereinbarung aufgrund des von Hefti veränderten Inhaltes als nicht rechtsgültig zustande gekommen. Hefti liess seinerseits die Medien wissen, dass die Unstimmigkeiten unter anderem Sponsoringfragen betreffen würden, bei denen er einen gewissen Einfluss behalten möchte, zumal er mit seiner Beat Hefti GmbH sein Bobteam mitfinanzieren würde.
Aus rechtlicher Sicht stellen sich die Fragen, inwieweit ein Verband von seinen Athleten die Erfüllung von Auflagen verlangen kann, welche Mittel zu deren Durchsetzung bestehen und insbesondere, wo die Grenze zwischen rechtlich zulässiger und unzulässiger Einschränkung von Vermarktungs- und Persönlichkeitsrechten sowie der Freiheit zur wirtschaftlichen Entfaltung ist.
Zunächst ist festzuhalten, dass praktisch sämtliche Schweizer Sportverbände privatrechtliche Vereine oder Gesellschaften sind. Im Bereich des Privatrechts herrscht der Grundsatz der Vertragsfreiheit, so dass eine Kontrahierungspflicht für den Sportverband und für den Sportler, also die Pflicht zum Abschluss eines gemeinsamen Vertrags, für beide Seiten grundsätzlich nicht durchsetzbar ist. Nur in Ausnahmefällen, in denen beispielsweise ein Vertragsabschluss aus sachlich nicht gerechtfertigten Gründen verweigert wird und damit lebenswichtige Interessen der betroffenen Partei verletzt oder gefährdet werden, kann sich eine Pflicht zum Vertragsabschluss ergeben (BGE 80 II 26; 129 III 35, E.6).
Im Rahmen der Vertragsfreiheit können Personen frei entscheiden, ob, mit wem und mit welchem Inhalt sie einen Vertrag abschliessen wollen. Eine Vertragspartei entscheidet selber, inwieweit die vertragliche Bindung gehen soll und es ist nicht zulässig, der anderen Partei beim Vertragsschluss zu befehlen, den Vertrag mit einem bestimmten Inhalt zu akzeptieren. Das Schweizer Obligationenrecht verbietet Verträge mit unmöglichem, widerrechtlichem oder sittenwidrigem Inhalt (Art. 20 Obligationenrecht, OR). Daneben gibt es im Bereich des Obligationenrechts verschiedene zwingende Bestimmungen, die durch die Parteien nicht abgeändert werden dürfen. Schliesslich dürfen Verträge nicht gegen gesetzlich geschützte Persönlichkeitsrechte verstossen (Art. 27, 28 Zivilgesetzbuch, ZGB). Art. 27 Abs. 2 ZGB legt fest, dass übermässig bindende Verträge persönlichkeitsverletzend und deshalb nicht durchsetzbar sind.
Beim Abschluss von Athleten-Vereinbarungen müssen diese Grenzen der Vertragsfreiheit ebenso eingehalten werden. Dies gilt selbstverständlich auch für vertragliche Nebenpflichten wie Auflagen und dergleichen. Werden vertraglich gültig vereinbarte Haupt- oder Nebenpflichten nicht eingehalten, so ergeben sich die Folgen einer Vertragsverletzung primär aus dem Vertrag selbst und ansonsten aus dem Gesetz. Bei Verträgen mit Sportvereinen gehören in der Regel die Vereinsstatuten und weitere Reglemente / Richtlinien zum Vertragsbestandteil. Athleten-Vereinbarungen enthalten meist eine sog. Unterwerfungserklärung, mit welcher die Statuten und weitere Reglemente des Sportvereins zur Kenntnis genommen und anerkannt werden. In den Statuten werden meistens die Gründe für den vorübergehenden oder dauernden Entzug einer Sportberechtigung (was in der Regel zu einem Wettkampfausschluss führt) oder gar für den Ausschluss aus dem Verein festgelegt. Die Vereinsstatuten können einen Vereinsausschluss ohne oder mit Grundangabe vorsehen (Art. 72 ZGB). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass die vereinsrechtliche Ausschliessungsfreiheit für Berufsorganisationen und Wirtschaftsverbände beschränkt wird durch die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit des Vereinsmitglieds, welche Teil seines Persönlichkeitsrechts Art. 28 Abs. 1 ZGB und der verfassungsrechtlich verankerten Berufsausübungsfreiheit ist. Bei einer Regelung des Sportverbands, welche wichtige wirtschaftliche Belange seiner Mitglieder betrifft oder in entscheidender Weise das wirtschaftliche Fortkommen und Ansehen seiner Vereinsmitglieder prägt, rechtfertigt sich eine Beschränkung der Ausschliessungsfreiheit des Vereins, sofern durch den Ausschluss die wirtschaftliche Entfaltung eines Vereinsmitglieds widerrechtlich verletzt wird (BGE 131 III 97, 123 III 193). Im Zusammenhang mit dem Entzug einer Spiel- oder Starterlaubnis im Bereich des Profi-Sports sollten dieselben Grundsätze berücksichtigt werden. Wird die Erteilung der Spiel- oder Starterlaubnis vertraglich von bestimmten Athleten-Verpflichtungen abhängig gemacht und anerkennt der Athlet diese Pflichten, so kann ihm die Spiel- oder Starterlaubnis entzogen werden, wenn er seinen eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommt. Ebenso kann ihm die Spiel- oder Starterlaubnis entzogen werden, wenn er die Athleten-Vereinbarung als Voraussetzung für die Vergabe der Spiellizenz, nicht unterzeichnet. Es sei denn, der Entzug gefährde seine wirtschaftliche Existenz und die Interessen des Sportlers würden gegenüber denjenigen des Sportvereins höherwertig sein. In diesem Fall müsste der Entzug wohl als widerrechtlich eingestuft werden.
Bezüglich der Frage der Vermarktung ist festzuhalten, dass Sportverbände daran interessiert sind, Sponsoren zu gewinnen, um Vereinserträge zu generieren, um diese dann für den jeweiligen Sport einzusetzen. Um den Sport zu vermarkten, vereinbaren die Vereine beispielsweise medienwirksame Auftritte mit seinen Spitzenathleten. Auf der anderen Seite haben die Sportler grundsätzlich das Recht, sich selbst zu vermarkten. Bei der Frage, wie die Verteilung der Vermarktungsmöglichkeiten und Vermarktungserlöse zwischen Sportverband und Spitzenathlet konkret auszugestalten ist, bestehen in der Rechtslehre Meinungsverschiedenheiten. Sicherlich steht den Sportverbänden aufgrund ihrer Verbandsautonomie und ihrem Recht, die Fragen der Zulassung zum Sportverein, der internen Organisation und Reglementierung, der Vermarktung, der Sanktionierungen etc. zu regeln, ein gewisser (Ermessens-)Spielraum zu. Die Sportverbände können also gewisse Fragen grundsätzlich verbindlich für ihre Mitglieder regeln. Dieser (Ermessens-)Spielraum wird allerdings zunehmend eingeschränkt, je stärker in die Rechte des Athleten eingegriffen wird. Hierbei sind nicht nur die Schranken der Vertragsfreiheit, die Persönlichkeitsrechte und die Berufsausübungsfreiheit zu beachten, sondern insbesondere auch das Wettbewerbs- und Kartellrecht (wenn es sich z.B. um einen marktbeherrschenden Sportverband handelt) sowie das Datenschutzrecht. Die Prüfung der Zulässigkeit der Einschränkung und/oder Verteilung von Vermarktungsrechten bedarf daher der Berücksichtigung vielerlei Aspekten.
Um zurück zu kommen auf den eingangs erwähnten Fall zwischen dem SBSV und Hefti: das Bobteam von Hefti hat mittlerweile die Wettkampflizenz erhalten, nachdem beide Parteien eine einvernehmliche Regelung erzielen konnten. Weder Hefti noch der Verband teilten Einzelheiten über ihre Einigung mit. Mit der Wettkampflizenz kann das Bobteam am 24. November 2010 am zweiten Europacup-Rennen der Saison in Cesana (Italien) an den Start gehen.
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