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In einem Aufsatz zu der am 1. April 2012 in Kraft getretenen Impressumspflicht im Internet gehen Lukas Bühlmann und Michael Schüepp der Frage nach, ob die zahlreichen Angebote auf Online-Auktionsplattformen aufgrund der aktuellen Praxis gewisser Online-Auktionshäuser, die Bekanntgabe der Impressumsangaben der Händler erst nach Abschluss einer Auktion zuzulassen, gegen die neue Vorschrift verstossen. Die Autoren zeigen auf, dass die neue Schweizer Bestimmung – im Unterschied zum Europäischen Recht – eine unmittelbare und jederzeitige Bekanntgabe dieser Informationen nicht verlangt. Unter anderem deshalb kommen sie zum Schluss, dass es ihres Erachtens rechtmässig ist, an der bisherigen Praxis festzuhalten und die Händler-Mitglieder der Auktionshäuser ihrer Identifikationspflicht bereits jetzt wie gesetzlich gefordert nachkommen.
Ausgangslage
Die aktuelle Revision des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) (vgl. für Einzelheiten BR-News vom 27.6.2011) enthält verschiedene Vorgaben für Angebote im elektronischen Geschäftsverkehr (vgl. hierzu auch BR-News vom 2.9.2011). Darunter ist auch eine Pflicht zur Angabe der Identität des Anbieters sowie einer Kontakt- und E-Mail-Adresse (sog. Impressumspflicht, vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. s Ziff. 1 UWG).
Die Angebotsseiten der Mitglieder der bekanntesten Online-Auktionsplattformen enthalten bislang aus verschiedenen Gründen weder den Namen bzw. die Firma noch eine Post- oder E-Mail-Adresse des Anbieters. Zentraler Grund dafür dürfte die Verhinderung von Umgehungsverkäufen zwischen Mitgliedern sein, die sich auf der Auktionsplattform gefunden haben. Die Plattformbetreiber leben zu einem grossen Teil von den Abschlussprovisionen, welche nur anfallen, wenn ein Verkauf über die Plattform erfolgt. Ein weiterer Grund dürfte das Bedürfnis vieler (v.a. privater) Mitglieder nach Anonymität sein. Der Wunsch privater Verkäufer, wonach nicht jedermann bspw. durch eine einfache Recherche auf Google herausfinden können soll, welche Gegenstände man gerade veräussern will, ist dabei durchaus nachvollziehbar.
Ein Blick auf die Ausgestaltung der bekanntesten Online-Auktionsplattformen macht deutlich, dass verschiedene Elemente den Käufer bereits heute beim Kaufentschluss unterstützen und ihn vor dubiosen Verkäufern schützen. Da sich die Umstände eines Einkaufs auf Online-Auktionsplattformen wesentlich von denjenigen auf gewöhnlichen Online-Shops unterscheiden, stellt sich die Frage, ob sich aufgrund der neu eingeführten Impressumspflicht für die gängige Praxis auf Online-Auktionsplattformen Änderungen aufdrängen.
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse des Aufsatzes
Sämtliche Bestimmungen des UWG kommen nur dann zur Anwendung, wenn eine Wettbewerbshandlung vorliegt. Darunter werden Handlungen verstanden, welche objektiv auf eine Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse angelegt sind und nicht in einem völlig anderen Zusammenhang erfolgen (vgl. BGE 120 II 76, E. 3 a). Vor diesem Hintergrund gelangen die Autoren zum Schluss, dass in Bezug auf private Angebote auf Online-Auktionsplattformen unter Umständen bereits die Anwendbarkeit des UWG an sich ausgeschlossen sein dürfte. Darüber hinaus bietet die Auslegung der neuen Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 lit. s Ziff 1 UWG gemäss den Autoren Argumentationsansätze dafür, dass die Impressumspflicht lediglich auf gewerbliche Angebote anwendbar ist.
Aus der Entstehungsgeschichte der neuen Vorschrift wird sodann deutlich, dass die spezifische Frage, ob das festgestellte Bedürfnis nach einer vorgängigen Identifikationspflicht gleichermassen für die Angebote auf Online-Auktionsplattformen wie für andere Online-Angebote gelten soll, im Gesetzgebungsprozess nicht thematisiert wurde. Unter anderem auch in der parlamentarischen Beratung wurde allerdings auf die entsprechende Impressumspflicht des EU-Rechts Bezug genommen (vgl. Art. 5 der sog. E-Commerce-Richtlinie). Eine mit dem EU-Recht vergleichbare Präzisierung, wonach die verlangten Informationen „den Nutzern des Dienstes und den zuständigen Behörden […] leicht, unmittelbar und ständig verfügbar“ gemacht werden müssen, fehlt jedoch in der Schweizer Vorschrift. Daraus kann gemäss den Autoren gefolgert werden, dass der Pflicht Genüge getan wird, wenn die Bekanntgabe der Identität in einem ersten Schritt nur gegenüber dem Plattformbetreiber und eine Offenlegung derselben an den Käufer erst nach Kaufabschluss erfolgt. Für diese Interpretation spricht sodann vor allem auch der Zweck der neu eingeführten Impressumspflicht. Die neue Vorschrift soll primär das Vertrauen der Konsumenten in den elektronischen Geschäftsverkehr fördern und die Konsumenten vor dubiosen Anbietern schützen.
Die Ausgestaltung der bekanntesten Auktionsplattformen, ricardo.ch und eBay.ch, macht deutlich, dass sich der Einkauf auf einer solchen Plattform deutlich von demjenigen auf gewöhnlichen Online-Shops unterscheidet. Die gesetzgeberischen Anliegen werden durch verschiedene Massnahmen bereits berücksichtigt. Hervorzuheben sind hierbei insbesondere das unabhängige Bewertungssystem, mit dessen Hilfe die Seriosität eines Anbieters über einen längeren Zeitraum beurteilt werden kann. Ferner enthalten die Angebote neben einem Pseudonym des Anbieters auch dessen Sitz. Darüber hinaus sind die verlangten Impressumsangaben dem Plattformbetreiber, welcher die Angebote überwacht und nötigenfalls entfernt, bereits von Beginn weg und nach Abschluss der Auktion auch dem Käufer bekannt. Schliesslich besteht für die potenziellen Käufer bereits von Anfang an die Möglichkeit, bei Unklarheiten Fragen direkt an den Anbieter zu richten.
Viele dieser vertrauensbildenden Vorkehrungen sind auf gewöhnlichen Onlineshops weder vorgeschrieben noch üblich. Die frühzeitige Angabe der Impressumsangaben alleine vermag noch keinerlei Gewissheit darüber zu verschaffen, dass diese tatsächlich der Wahrheit entsprechen und die Angebote seriös sind. All diese Umstände rechtfertigen gemäss den Autoren eine unterschiedliche Behandlung von Angeboten auf gewöhnlichen Online-Shops und Angeboten auf Online-Auktionsplattformen, in dem Sinne, dass die Angabe der Identität und der Kontakt- und E-Mail-Adresse gegenüber dem Plattformbetreiber genügen kann, um die Anforderungen der neuen Impressumspflicht zu erfüllen.
Weitere Informationen:
- Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
- Zusammenfassung der parlamentarischen Beratungen
- Botschaft des Bundesrats zur Änderung des UWG vom 2. September 2009
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Michael Schüepp