SKY skype EuG Verwechslungsgefahr Marken

Ausgeskyped? EuG sieht Verwechslungsgefahr zwischen Marken SKY und SKYPE


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Gastbeitrag: Dr. Arthur Stadler, Of-Counsel (Österreich) und Tanja Schmid, beide von Brandl & Talos Rechtsanwälte, Wien

Das Gericht der Europäischen Union («EuG») bestätigt die Entscheidung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) und bejaht die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken SKY und SKYPE. Die Argumentation von Skype Ultd, wonach der Bekanntheitsgrad von «SKYPE» im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen die Unterscheidungskraft erhöhe, ließen die Richter des EuG nicht gelten. Die weitere Nutzung der Marke SKYPE innerhalb der EU wird damit (vorerst) untersagt. Nun geht der Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof («EuGH») weiter.

A. Ausgangsverfahren

Skype Ultd meldete 2004 und 2005 die Wort- und Bildzeichen Skype als Gemeinschaftsmarke mit Schutz für die gesamte EU an, welche in den Jahren 2005 und 2006 eingetragen wurden. Kurz nach der Eintragung legte die British Sky Broadcasting Group plc (in Folge «Sky»), die Inhaberin der (älteren) Wortmarke SKY ist und den gleichnamigen Pay-TV-Sender betreibt, jeweils Widerspruch ein und machte geltend, es bestünde Verwechslungsgefahr mit ihrer Marke. Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) gab dem Widerspruch von Sky gegen die Eintragung der Wortbildmarke SKYPE statt. Skype Ultd beantragte daraufhin vor dem EuG die Aufhebung der Entscheidung des HABM. Beide Marken sind für nahezu die gleichen Waren- und Dienstleistungsklassen angemeldet.

B. Entscheidung des EuG

Basis für die Entscheidung des EuG ist die europäische Gemeinschaftsmarken-Verordnung [VO(EG) Nr 207/2009]. Demnach kann der Inhaber einer bereits bestehenden Marke die Eintragung einer neuen Marke mittels Widerspruch verhindern, «wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird» (Artikel 8 Abs 1 lit b VO (EG) Nr 207/2009). Gemäß ständiger Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, in wie weit im jeweiligen Einzelfall eine tatsächliche Verwechslung(sgefahr) durch das Publikum besteht bzw wie wahrscheinlich eine solche ist. Zu diesem Punkt führt das EuG aus, dass die unter den beiden Marken angebotenen Produkte keine alltäglichen sind und deren Preisniveau eher hoch ist. Konsumenten würden daher ihre Kaufentscheidung bezüglich solcher Waren und Dienstleistungen nach reiflicher Überlegung treffen, was eine Verwechslung der Marken in den Zielgruppen eher unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Das Hauptaugenmerk bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr liegt jedoch auf der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit der Marken. Hierzu merkt das EuG an, dass der Bestandteil «sky», das zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehört, im Wort SKYPE klar erkennbar ist und hervorsticht. Das angehängte «pe» trägt nicht zur Unterscheidbarkeit bei, da es im Unterschied zu «sky», in keiner europäischen Sprache eine eigenständige Bedeutung hat. Die graphische Darstellung der Wortbildmarke SKYPE trägt dazu bei, den Wortbestandteil «sky» in Skype zu betonen, zumal der Skype-Schriftzug von einer wolkenähnlichen Umrandung umgeben ist. Insgesamt stuft das EuG die bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit der Marken jeweils als mittel bis hoch ein. Die angesprochene Umrandung in Wolken- oder Sprechblasenform stellt laut EuG den mittleren Grad bildlicher, klanglicher und begrifflicher Ähnlichkeit nicht infrage. Klanglich ist die Silbe «sky» laut EuG der dominantere Teil des Wortes Skype. Die Tatsache, dass beide Marken in Großbritannien bereits über einen gewissen Zeitraum hinweg friedlich nebeneinander bestehen, wird von den Richtern nicht als ein Faktor anerkannt, der die Unterscheidungskraft erhöht, da unter den britischen Marken nur einzelne Produkte angeboten werden. Unter den streitgegenständlichen europäischen Marken bieten jedoch beide Unternehmen eine weite Palette an Waren und Dienstleistungen an. Somit erscheint dem EuG die Situation in Großbritannien nicht mit jener im gesamten EU-Raum vergleichbar.. Weiters bestehe diese friedliche Koexistenz nach Ansicht des EuG noch nicht lange genug, um daraus auf die fehlende Verwechslungsgefahr zu schließen. Auch die vom EuG durchaus als erwiesen angesehene Tatsache, dass sich «skypen» mittlerweile zu einem eigenständigen Wort für die Nutzung eines Telekommunikationsdienstes wie er unter anderem unter der Marke «SKYPE» betrieben wird, entwickelt hat, trägt aus Sicht der Richter nicht wesentlich zur Verstärkung der Unterscheidungskraft der Marke bei.

C. Kommentar

Auf den ersten Blick erscheint die Schlussfolgerung des Gerichts fragwürdig. Kaum jemand würde auf die Idee kommen, die beiden doch sehr bekannten Marken tatsächlich zu verwechseln. Insbesondere innerhalb der relevanten Zielgruppen – die wiederum sehr ähnlich sind – wäre dies wohl undenkbar. Auch vor dem Hintergrund, dass bei der Unterscheidbarkeit von Marken die Ähnlichkeit des Verwendungsbereiches wesentlich ist, erscheint die Entscheidung auf den ersten Blick unverständlich, da Sky als Pay-TV-Betreiber bekannt ist, während unter der Marke SKYPE bekanntermaßen ein Internet-Telefondienst geführt wird. Allerdings: schon die beinahe idente Beschreibung der unter den jeweiligen Marken angebotenen Produkte deutet darauf hin, dass beide Marken bzw die unter ihnen angebotenen Dienstleistungen mehr gemeinsam haben, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Aufgrund der unter SKYPE angebotenen Dienste, etwa Videotelefonkonferenzen oder Videoversand in der Chat-Anwendung, lesen sich die jeweiligen spezifischen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse der Marken sehr ähnlich. Der Einwand von Skype Ultd, in Großbritannien würden beide Marken seit geraumer Zeit friedlich nebeneinander existieren, hat das EuG korrekterweise zurückgewiesen. So ist bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen klarerweise auf die gesamte Produktpalette beider Marken Rücksicht zu nehmen und nicht nur auf jene mit dem höchsten Bekanntheitsgrad bzw lediglich auf eine Dienstleistung in einer Reihe von vielen, die durch die Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse der beiden Marken erfasst sind. Die Argumentation des EuG betreffend der klanglichen und bildlichen Ähnlichkeit zwischen SKYPE und SKY mag zwar fragwürdig erscheinen, steht jedoch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des EuG und auch des EuGH, wonach der Fokus des Verbrauchers üblicherweise auf dem ersten Teil eines Wortes liegt und eine unterschiedliche Wortlänge demgegenüber nicht ausreicht, um eine Ähnlichkeit zu verneinen. Die Tatsache, dass der Wortlaut der einen (älteren) Marke zur Gänze in der anderen enthalten ist, trägt neben einer bildlichen ebenfalls zu einer klanglichen Ähnlichkeit bei. Weiters hat das EuG unseres Erachtens zutreffend festgestellt, dass die wolkenähnliche Umrandung der Wortbildmarke SKYPE das Wortelement «sky» verstärkt betont. Bei seinen Ausführungen außer Acht gelassen hat der EuG jedoch die farbliche Gestaltung der Wortbildmarke SKYPE. Das wolkenförmige Feld, welches den weißen Schriftzug umgibt, ist in Himmelblau gehalten. Zwar ist die – vermeintliche – Wolke blau und die Schrift weiß anstatt umgekehrt, jedoch erinnert die Farbkombination, insbesondere in Verbindung mit den Formen und dem Wortklang, wiederum stark an Himmelselemente. Alleine die nach Ansicht der relevanten Zielgruppe teilweise Übereinstimmung von zwei Marken hinsichtlich auch nur eines Aspekts kann ihre Ähnlichkeit indizieren und somit in weiterer Folge eine Löschung der jüngeren Marke begründen. Da die Marken SKY und SKYPE in mehreren, sowohl hinsichtlich der in Gemeinschaftsmarken-Verordnung genannten Kriterien als auch mit von der Rechtsprechung entwickelten Aspekten übereinstimmen, ist dem Urteil des EuG zuzustimmen.

Skype Ultd hat Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt. In den nächsten Monaten wird der EuGH in dieser Rechtssache die Möglichkeit haben, seine Rechtsprechung zur Verwechslungsgefahr weiter nachzuschärfen.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Dr. Arthur Stadler (Of-Counsel Österreich) & Giuseppe Di Marco


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