BGer: Bankkunden haben umfassendes Auskunftsrecht gestützt auf Datenschutzgesetz


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Das Bundesgericht hat gemäss einem Bericht der NZZ (NZZ online vom 21. April 2012) ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich bestätigt, wonach Bankkunden ein umfassendes Auskunftsrecht gestützt auf das Datenschutzgesetz (DSG) zustehe. Demnach sind die Banken verpflichtet, alle Dokumente offenzulegen, welche Personendaten enthalten. Ausgenommen von dieser Offenlegungspflicht sind lediglich die internen Notizen der Kundenberater, die diesen nur zum persönlichen Gebrauch und als Gedächtnisstützen dienen. Der Entscheid hat wohl weitreichende Konsequenzen, denn er spricht kein bankenspezifisches Problem an: Grundsätzlich kann jede Person vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber verlangen, welche Daten über sie bearbeitet werden (Art. 8 DSG). Die Datenbearbeiter sind sodann verpflichtet, der antragstellenden Person Auskunft darüber zu erteilen und sämtliche Personendaten offenzulegen. Sie sind nach diesem Entscheid somit verpflichtet, auch sämtliche internen Daten offenzulegen, sofern kein Grund zur Einschränkung des Auskunftsrechts (Art. 9 DSG) anwendbar ist.

Sachverhalt

Zwei Bankkunden unterhielten mit der Credit Suisse Bank- und Depotbeziehungen. Im Jahr 2008 soll die Bank riskante Optionsgeschäfte abgewickelt haben – ohne Instruktion oder Ermächtigung der Kunden. Dabei soll den Kunden ein erheblicher Schaden entstanden sein. Die Credit Suisse bestritt, dass sie ohne Instruktion gehandelt habe. Vielmehr sei aus den internen Dokumentationen ersichtlich, dass die Instruktionen erteilt worden seien. Aus diesem Grund verlangten die Kunden gestützt auf Art. 8 DSG Einsicht in die bankinterne Dokumentation. Diese verweigerte die Bank, worauf die Kunden Klage einreichten. Das Bezirksgericht Zürich wies diese ab. Eine dagegen gerichtete Berufung hiess das Obergericht des Kantons Zürich im vergangenen Oktober gut. Gegen dieses Urteil erhob die Credit Suisse Beschwerde beim Bundesgericht.

Entscheid des Bundesgerichts: Offenlegungspflicht der Bank

Das Bundesgericht entschied in seinem Urteil 4A_688/2011 wie bereits das Obergericht, dass das Datenschutzgesetz (DSG) die Banken verpflichtet, sämtliche bankinternen Dokumente offenzulegen, in welchen Personendaten der Antragsteller bearbeitet worden sind. Davon ausgenommen seien einzig interne persönliche Notizen der Kundenberater. Diese dienten diesen nur als Arbeitshilfen und Gedächtnisstützen und seien deshalb nicht dem DSG unterstellt (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. a DSG).

Das Obergericht (Urteil vom 1. Oktober 2011) hatte zudem festgehalten, dass das Auskunftsrecht nach Art. 8 DSG ohne Interessennachweis und ohne Begründung ausgeübt werden könne und damit nicht datenschutzrechtlich motiviert sein müsse. Es sei deshalb nicht rechtsmissbräuchlich, damit auch finanzielle Interessen zu verfolgen. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil solche Interessen auch zur Verweigerung der Auskunft geltend gemacht werden könnten.

Urteilsbegründung noch ausstehend

Der Entscheid könnte weitreichende Konsequenzen haben, denn er bezieht sich nicht nur auf das Auskunftsrecht gegenüber Banken. Grundsätzlich hat jede Person einen Anspruch darauf, zu erfahren, welche Daten über sie bearbeitet werden (Art. 8 DSG). Datenbearbeiter sind nach diesem Entscheid somit verpflichtet, selbst interne Daten vollständig offenzulegen, sofern kein Grund zur Einschränkung des Auskunftsrechts (Art. 9 DSG) in Betracht kommt.

Das Bundesgericht hat bisher erst das Urteilsdispositiv veröffentlicht. Sobald das begründete Urteil vorliegt, werden wir ausführlicher darüber berichten.

Update:

Inzwischen wurde das begründete Urteil veröffentlicht (BGE 138 III 425). Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag vom 3. Juli 2012.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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