BGer & Fussball: Internationaler Sportgerichtshof nicht befangen


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Adrian Mutu (31), rumänischer Profi-Fussballspieler in den Diensten des italienischen Serie-A-Vereins AC Fiorentina, der zurzeit eine neunmonatige Sperre bis Ende Oktober 2010 wegen Dopingmissbrauchs absitzt, hat vor dem Schweizerischen Bundesgericht eine Niederlage erlitten.

Das höchste Schweizer Gericht wies mit Urteil vom 10. Juni 2010 (4A_458/2009, publiziert am 14. Juni 2010) seine Beschwerde gegen den Entscheid des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS/TAS) ab. Der Sportgerichtshof bestätigte zuvor die Entscheide des englischen Fussballverbands sowie der FIFA und verpflichtete ihn zur Zahlung von rund EUR 17,2 Mio. an seinen früheren Arbeitgeber Chelsea FC, nachdem der rumänische Ex-Internationale im Jahre 2004 wegen nachgewiesenem Kokainkonsums für sieben Monate gesperrt und daraufhin von Chelsea FC fristlos entlassen worden war. Im angefochtenen Schiedsspruch vom 31. Juli 2009 kam der Sportgerichtshof zum Schluss, dass die vorinstanzlich gutgeheissene Schadenersatzklage von Chelsea FC wegen Verletzung des auf fünf Jahre abgeschlossenen Arbeitsvertrags nicht zu beanstanden war. Der Schadenersatz berechnete sich u.a. aus nicht amortisierten Transferzahlungen von Chelsea FC an den früheren Fussballverein von A. Mutu, AC Parma, dem Chelsea FC für den Spieler rund EUR 23 Mio. Ablöse zahlte.

Vor Bundesgericht beschwerte sich A. Mutu, dass zwei der drei am Verfahren beteiligten Schiedsrichter des Sportgerichtshofs befangen gewesen seien. Er behauptete, einer der Schiedsrichter, Prof. Luigi Fumagalli, hätte früher den russischen Oligarchen und Eigentümer des Vereins Chelsea London, Roman Abramovich, vertreten. Der Fussballer stützte sich dabei auf eine entsprechende anonyme E-Mail, welche seinem englischen Rechtsvertreter zugespielt worden war. Dem Bundesgericht genügte diese E-Mail aber nicht, den Anschein der Befangenheit von Prof. L. Fumagalli zu erwecken. Dem zweiten Schiedsrichter, Dirk-Reiner Martens, warf A. Mutu vor, er sei bereits einer der Richter im ersten FIFA-Urteil gegen ihn gewesen, weshalb er nach den IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration nicht als Schiedsrichter des Sportgerichtshofs hätte mitwirken dürfen. Dazu hielt das Bundesgericht fest, dass es grundsätzlich nicht zulässig sei, die Rechtmässigkeit der Zusammensetzung des erstinstanzlichen Urteils in Frage zu stellen, nachdem bereits das zweitinstanzliche Urteil vorliegen würde. Das Bundesgericht könne im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit nicht als Berufungsinstanz über die Streitsache urteilen, sondern nur einzelne eng umgrenzte Beschwerdegründe auf der Grundlage des im angefochtenen Entscheid festgestellten Sachverhalt überprüfen. Im vorliegenden Fall hatte das Bundesgericht einzig zu prüfen, ob die an den Chelsea FC zugesprochene Schadenersatzforderung fundamentale Rechtsgrundsätze missachten würde (materielles ordre public). Nach Auffassung des Bundesgerichts war dies im angefochtenen Entscheid des Internationalen Sportgerichtshofs nicht der Fall bzw. konnte A. Mutu den Nachweis der Verletzung des materiellen ordre public nicht erbringen. Gemäss den Rechtsvertretern von A. Mutu erwägt dieser den Gang vor das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Giuseppe Di Marco:

Die Sportwelt tut sich schwer, die Entscheidungen der urteilenden Gerichtsinstanzen im Fall A. Mutu zu verstehen. Insbesondere die Spielergewerkschaft FIFPro, die den rumänischen Fussballspieler während der Verfahren unterstützte, befürchtet unvorhersehbare Konsequenzen zum Nachteil der Spitzensportler, für welche die Vereine Millionen an Ablösesummen zahlen. Im Streitfall von A. Mutu kann zwar rechtlich ein Konnex zwischen den Vertragsbruch des Spielers (Kokainkonsum) und den Vermögensschaden, den sein damaliger Club Chelsea FC aufgrund der ihm entgangenen Transferablösesumme erlitt, gesehen werden. Indessen wurde zu wenig berücksichtigt, dass einerseits Chelsea FC ihn fristlos freistellte und andererseits die Höhe von Transferablösesummen grundsätzlich durch die beteiligten Vereine festgelegt werden und die Spieler allenfalls durch ihre Spielervermittler einen eher untergeordneten Einfluss auf die Ablösesumme nehmen können. Hinzu kommt, dass der Spieler wohl nicht voraussehen konnte, dass er bei einer Verletzung des Arbeitsvertrags mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe konfrontiert werden könnte. Insofern ist das Unverständnis bezüglich der Verurteilung von A. Mutu zur Zahlung von rund EUR 17,2 Mio. an seinen früheren Verein nachvollziehbar, zumal er aufgrund seines Fehlverhaltens vom englischen Verband mit EUR 30‘000 gebüsst worden ist. Es fragt sich, ob nicht derjenige Verein, der aus dem ganzen Geschäft profitiert hat, dazu angehalten werden könnte, zumindest einen Teil der Schadenersatzzahlung zu übernehmen. A. Mutu wechselte nach seiner neunmonatigen Sperre im Jahre 2005 ablösefrei zum italienischen Serienmeister Juventus Turin.

Entscheid Schweizer Bundesgericht vom 10. Juni 2010


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