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In einem kürzlich publizierten Entscheid vom 29. Oktober 2010 hat das Bundesgericht bekräftigt, dass eine notorisch bekannte Marke geschützt ist, auch wenn sie in der Schweiz nicht rechtsgenüglich verwendet wurde. Im zu beurteilenden Fall konnte sich das Modeunternehmen «Gucci» jedoch nicht gegen die Löschung einer schweizerischen Buchstabenmarke sowie des schweizerischen Teils einer international registrierten Buchstabenmarke wehren, weil die notorische Bekanntheit dieser Marken nicht nachgewiesen werden konnte.
Das Modeunternehmen «Gucci» hatte als Inhaberin einer schweizerischen und mehreren internationalen Buchstabenmarken «G» (fig.) gegen die Eintragung der Marke «G» (fig.) durch die COFRA Holding AG Zivilklage erhoben u.a. mit dem Antrag, die Marke sei im Schweizer Markenregister zu löschen. Die zuständigen Richter des Kantonsgerichts Zug wiesen die Klage von «Gucci» jedoch ab und hiessen im Gegenzug die Widerklage der Gegenpartei gut. Demnach sollten die strittige Schweizer-Marke und der schweizerische Schutzanteil der international registrierten Marke von «Gucci» aus dem Register gelöscht werden. Dagegen erhob «Gucci» Beschwerde beim Bundesgericht.
In seinem Entscheid (4A_371/2010) bekräftigte das Bundesgericht die Auffassung der Vorinstanz, wonach die beanstandeten Marken von «Gucci» wegen Nichtgebrauchs nach Art. 12 Abs. 1 des Markenschutzgesetzes (MSchG) nichtig und folglich zu löschen seien, weil der rechtserhaltende Gebrauch nicht bewiesen werden konnte.
In einem zweiten Schritt prüfte das Bundesgericht den Einwand von «Gucci», dass die Marken trotz mangelndem Gebrauch nicht gelöscht werden dürfen, weil sie notorisch bekannt seien. Hierzu wies das Bundesgericht einleitend darauf hin, dass in der Schweiz der Grundsatz der Hinterlegungspriorität gilt, d.h. im Konflikt zweier Zeichen geniesst das Zeichen, das zuerst hinterlegt wurde, Vorrang (Art. 6 MSchG). Eine Ausnahme bestehe allerdings für notorisch bekannte Zeichen. Danach gilt auch eine nicht-registrierte Marke als vorrangig, wenn sie zum Zeitpunkt der Hinterlegung einer beanstandeten Marke in der Schweiz notorisch bekannt ist (Art. 3 Abs. 2 lit. b MSchG). Diese Abweichung vom Registerprinzip erfordere jedoch eine strenge Beurteilung.
In der Folge hält das Bundesgericht fest, dass die notorische Bekanntheit einer Marke deren Gebrauch in der Schweiz nicht voraussetzt. Sofern eine Marke die erforderliche notorische Bekanntheit erlangt habe, sei sie folglich auch bei Nichtgebrauch in der Schweiz geschützt. Für den Schutz sei unter Umständen nicht einmal der Nachweis der Bewerbung für das Zielpublikum «Schweiz» erforderlich. Die Bekanntheit aufgrund des sog. «spillover advertising», d.h. der Nebenwirkung der Werbung in internationalen Medien, könne ausreichend sein. Das Bundesgericht hielt jedoch fest, dass es aus rein praktischen Gründen meist erforderlich sei, dass die Marke in der Schweiz zumindest beworben worden ist, da die erforderliche Bekanntheit ansonsten kaum zu erreichen sei.
Nach alledem ist es gemäss dem Bundesgericht zutreffend, dass sich der Inhaber einer eingetragenen Marke, der sie nicht rechtsgenüglich gebraucht, gegen eine Löschungsklage auf die notorische Bekanntheit der Marke berufen kann. Einem Kläger, der die Löschung verlange, fehle das Rechtsschtutzinteresse, weil die Marke auch nach Gutheissung der Klage, d.h. der Löschung der Marke, vom Schutz infolge der notorischen Bekanntheit profitieren würde.
Im vorliegenden Fall half dies Gucci jedoch nicht weiter, weil die notorische Bekanntheit der beanstandeten Marken nicht nachgewiesen werden konnte. Gemäss dem Bundesgericht war es dabei zulässig, dass die Vorinstanz zur Beurteilung der Bekanntheit auf die Anordnung eines demoskopischen Gutachtens verzichtete. Denn auch Verkaufszahlen und Werbeunterlagen seien für einen solchen Nachweis relevant. Darin waren im vorliegenden Fall jedoch «nicht einmal Indizien für die erforderliche Bekanntheit» erkennbar, sodass auch ohne Gutachten auf die fehlende Bekanntheit geschlossen werden konnte.
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Giuseppe Di Marco