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Die Betreiberin einer Internetplattform zur anonymen Diskussion von politischen Themen ist laut Bundesgericht einer Providerin gleichzusetzen, die unter das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) fällt (Art. 1 Abs. 2 BÜPF). Sie ist damit gemäss Art. 15 Abs. 3 BÜPF verpflichtet, die Daten für die Teilnehmeridentifikation sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten während sechs Monaten aufzubewahren. Sie ist überdies verpflichtet, der zuständigen Behörde alle Angaben machen zu können, um eine Identifikation des Urhebers zu ermöglichen, wenn eine Straftat auf ihrer Plattform begangen wird. Durch das unwiederbringliche Löschen der IP-Adressen der Website-Benutzer kann sich die Betreiberin einer mehrfachen Begünstigung schuldig machen.
Im vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall betreibt der Beschwerdeführer eine Internetplattform, die Benutzern die Möglichkeit bietet, sich mit einem Pseudonym über meist lokalpolitische Themen anonym zu äussern. Dabei wurden von unbekannten Benutzern anonym Texte publiziert, welche die Ehre von Politikern verletzten. Die Vorinstanz sprach den Beschwerdeführer der mehrfachen Begünstigung schuldig, da dieser die IP-Adressen der Benutzer gelöscht hatte. Damit habe er offensichtlich die Strafverfolgung der anonymen Autoren verhindern wollen.
Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer mit Einzelunterschrift und somit als Organ der Gesellschaft für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich. Vor Bundesgericht machte er geltend, er sei kein Provider und unterstehe deshalb auch nicht der Aufbewahrungs- und Auskunftspflicht des BÜPF. Weiter könne aufgrund der fehlenden Verfahrenseröffnung gegen die Täter keine Behinderung der Strafverfolgung vorliegen.
Dem hat das Bundesgericht nun widersprochen. Der Tatbestand der Begünstigung könne erfüllt sein, selbst wenn keine Strafverfahren eröffnet seien, denn selbst die Verhinderung der Eröffnung eines solchen könne eine Begünstigungshandlung darstellen (so bereits BGE 69 IV 118). Im vorliegenden Fall werde die Begünstigungshandlung durch die Nichtbeachtung der Auskunftspflicht der Provider begründet.
Auch das Argument des Beschwerdeführers, er habe sich in einem Rechtsirrtum befunden und nicht mit der Anwendbarkeit des BÜPF rechnen müssen, wies das Bundesgericht zurück. Das bewusste Löschen der IP-Adressen, trotz automatischem Speichern durch den Server, habe nur dem Schutz der anonymen User vor Strafverfolgung dienen können. Die Rechtsgrundlage der Aufbewahrungspflichten sei in diesem Zusammenhang unerheblich.
Es fällt auf, dass das Bundesgericht die Provider-Eigenschaft gemäss BÜPF ohne weitere Prüfung für eine Internetplattform bejaht, die dem Sachverhalt nach lediglich ein Forum betreibt. Insbesondere wird nicht berücksichtigt, ob der Beschwerdeführer die Forenbeiträge bloss speicherte und zum Abruf bereit hielt, oder aber diese auch im Sinn des BÜPF übermittelte. Für Betreiber von Internetforen bedeutet diese Entscheidung eine schwerwiegende Verschärfung ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Um dieser gerecht werden zu können, müssen insbesondere die Identifikationsdaten (IP-Adressen) zwingend während der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten aufbewahrt werden.
Weitere Informationen:
- Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post und Fernmeldeverkehrs (BÜPF)
- Urteil BGer 6B_766/2009 vom 8. Januar 2010
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann