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Das Bundesgericht hat vor kurzem entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung «Heidi-Alpen Bergkäse» zulässig ist für einen Käse, der zwar im Berggebiet, nicht jedoch im Sömmerungsgebiet (Alp) hergestellt worden ist. Es hob ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf, in welchem die gegenteilige Ansicht vertreten wurde. Gemäss Bundesgericht bezieht sich der Plural «Alpen» auf die Alpen als Gebirgszug und nicht den Begriff «Alp», weshalb die Bezeichnung zulässig sei. Das Gericht verneinte auch eine mögliche Täuschungsgefahr durch die Bezeichnung «Heidi-Alpen», da dieser Begriff nicht mit einer bestimmten Herkunft assoziiert werde.
Sachverhalt
Das Bundesgericht hatte sich im Verfahren 2C_559/2011 mit folgendem Sachverhalt zu befassen: Die Bergsenn AG mit Sitz in Ennetbürgen (Kanton Nidwalden) produzierte in ihren Bündner Käsereien in Savognin und Untervaz Käse, welchen sie mit der Bezeichnung „Heidi-Alpen Bergkäse“ vertrieb. Im Dezember 2009 verbot ihr das zuständige kantonale Lebensmittelsicherheitsamt mittels Verfügung, den Käse weiterhin unter dieser Bezeichnung zu verkaufen. Die genannte Kennzeichnung würde die Vorschriften der Berg- und Alp-Verordnung (BAlV) verletzen, weil der Käse nicht auf einer Alp hergestellt worden sei. Im Mai 2011 wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde ab (Urteil B-6582/2010 vom 26. Mai 2011). Gegen diesen Entscheid erhob die Bergsenn AG wiederum Beschwerde, welche das Bundesgericht aus den nachfolgenden Gründen guthiess (Urteil 2C_559/2011 vom 20. Januar 2012).
Voraussetzungen für Verwendung der Bezeichnungen „Berg“ und „Alp“
In einem ersten Schritt legte das Bundesgericht dar, unter welchen Voraussetzungen die Bezeichnungen „Berg“ und „Alp“ verwendet werden dürfen. Gemäss BAlV dürfen die Begriffe „Berg“ und „Alp“ sowie daraus abgeleitete Begriffe nur dann verwendet werden, wenn sie im Sömmerungsgebiet („Alp“) oder in der Bergzone („Berg“) produziert worden sind (Art. 2 Abs. 1 BAlV). Nicht unter die Vorschriften der Verordnung fällt allerdings der Begriff „Alpen“, sofern er sich klarerweise auf die Alpen als geografisches Gebiet bezieht (Art. 3 BAlV). Als Zwischenfazit hielt das Bundesgericht anschliessend fest, dass zweifellos feststehe, dass der durch die Bergsenn AG produzierte Käse im Berggebiet hergestellt werde und deshalb als „Bergkäse“ bezeichnet werden dürfe. Da er nicht aus einem Sömmerungsgebiet stamme, sei die Bezeichnung „Alpkäse“ hingegen unzulässig. Dies hatte die Bergsenn AG allerdings bereits im kantonalen Verfahren akzeptiert, sie rügte aber eine Ungleichbehandlung und Benachteiligung der schweizerischen Hersteller, da die BAlV nur für inländische Produkte gelte.
Keine Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Konkurrenten
Übereinstimmend mit der Vorinstanz sah das Bundesgericht darin keine Ungleichbehandlung der Konkurrenten («Gewerbegenossen») und keine Benachteiligung der schweizerischen Produzenten. Ausländische Hersteller dürfen ihre Produkte somit als Berg- oder Alp-Produkte anpreisen, während schweizerische dies nur unter bestimmten Voraussetzungen dürften. Trotzdem sei die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen vorliegend nicht verletzt. Das Bundesgericht verwies auf Art. 21 des Lebensmittelgesetzes (LMG) i.V.m. Art. 26 Abs. 1 lit. d LGV, nach welchem das Produktionsland auf vorverpackten Lebensmitteln zwingend anzugeben ist. Demnach könnten ausländische Produkte zwar als Berg- oder Alp-Produkte gekennzeichnet werden, nicht jedoch als schweizerische Alp- und Bergprodukte. Folglich sei eine Ungleichbehandlung oder Benachteiligung der schweizerischen Hersteller nicht gegeben.
Auslegung der Ausnahme von Art. 2 BAlV und Verwendung des Begriffs «Alpen»
Weiter hatte sich das Bundesgericht mit der Auslegung von Art. 2 BAlV zu befassen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem Urteil vom 26. Mai 2011 anerkannt, dass der Käse der Bergsenn AG den Begriff „Bergkäse“ tragen dürfe. Es hielt allerdings auch fest, dass die Bezeichnung „Heidi-Alpen“ nicht verwendet werden dürfe, da dieser Begriff unter den Begriff „Alp“ gemäss Art. 2 Abs. 1 BAlV falle, dessen Voraussetzungen der Käse jedoch nicht erfülle. Die Ausnahme von Art. 2 Abs. 1 BAlV sei restriktiv auszulegen, sodass nur Bezeichnungen davon erfasst sind, welche auf die Gesamtheit der Alpen als europäischer Gebirgszug Bezug nehme.
Das Bundesgericht widersprach der Vorinstanz in diesem Punkt. Es hielt fest, dass der Plural „Alpen“ zwar auch der Plural von „Alp“ sei, jedoch üblicherweise für Begriffe, die das Sömmerungsgebiet bezeichnen, nur der Ausdruck „Alp-“ verwendet werde (so z.B. Alpaufzug, Alphütte, Alpsegen). Hingegen sei in Wortkombinationen, die „Alpen-“ enthalten, immer der alpine Raum bzw. die darin befindlichen Berge gemeint (so z.B. Alpenbewohner, Alpenrose, Alpen-Club). Somit sei unter dem Begriff «Alpen» in der Regel nicht der Plural von «Alp» zu verstehen.
Ferner hielt das Bundesgericht fest, dass nach der revidierten Fassung der BAlV die Verwendung des Begriffs „Alpen“ bereits dann zulässig sei, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die für die Bezeichnung „Berg-“ erforderlich sind (Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 BAlV). Somit sei die Verwendung des Begriffs „Alpen“ zulässig, sobald ein Produkt aus dem Berggebiet stamme und dadurch die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 2 BAlV erfülle. Im vorliegenden Fall sei folglich die Verwendung der Bezeichnung „Heidi-Alpen Bergkäse“ unter Vorbehalt des Täuschungsverbots (Art. 18 LMG) zulässig.
Verstoss gegen das Täuschungsverbot?
Abschliessend hatte das Bundesgericht somit zu prüfen, ob die Bezeichnung als „Heidi-Alpen Bergkäse“ gegen das Täuschungsverbot von Art. 18 LMG verstosse. Nach dieser Vorschrift dürfen Anpreisung, Aufmachung und Verpackung der Lebensmittel den Konsumenten nicht täuschen (Art. 18 Abs. 2 LMG), insbesondere nicht über die Herkunft (Art. 18 Abs. 3 LMG i.V.m. Art. 10 LGV). Das Bundesverwaltungsgericht hatte eine entsprechende Täuschungsgefahr bejaht, da die Aufmachung den Eindruck erwecken könnte, der Käse sei im Sömmerungsgebiet hergestellt worden. Auch dieser Auffassung widersprach das Bundesgericht, wiederum mit Verweis auf die Verwendung des Plurals „Alpen“. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Bevölkerung unter der verwendeten Bezeichnung einen Alpkäse verstehe.
Darüber hinaus hatte das Gericht zu beurteilen, ob die Verwendung des Begriffs „Heidi-Alpen“ den Konsumenten über die Herkunft des Produktes täusche. Das Bundesgericht verneinte auch diese Täuschungsgefahr mit dem Hinweis darauf, dass unter dem Begriff „Heidiland“ in der Regel zwar die Region Walensee-Sarganserland-Maienfeld verstanden werde, die Marke jedoch ursprünglich in St. Moritz erfunden wurde und somit nicht zwingend nur für die genannte Region stehe. Ohnehin würde die Bergsenn AG nicht die Bezeichnung „Heidiland“, sondern lediglich „Heidi“ verwenden, welche keineswegs nur mit Produkten aus der genannten Region verbunden werde.
Weitere Informationen:
- Urteil 2C_559/2011 des Bundesgerichts vom 20. Januar 2012
- Urteil B-6582/2010 des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2011
- Verordnung über die Kennzeichnung „Berg“ und „Alp“ für landwirtschaftliche Erzeugnisse und verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse (BAlV)
- Bundesgesetz über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG)
- Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV)
- BR-News: „Bündnerfleisch, Gruyère und Gorgonzola – gegenseitiger Schutz für Ursprungsbezeichnungen gilt ab Dezember EU-weit“
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann