Einwilligung Opt In Werbung

BGH: Einwilligung in Kontaktaufnahme zu Werbezwecken über mehrere Werbekanäle zulässig


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Ein aktuelles Urteil des deutschen BGH stellt die Anforderungen an die Einwilligung zur Kontaktaufnahme zu Werbezwecken anschaulich dar. Zudem zeigt es auf, dass die Einwilligung zu Werbezwecken auch für mehrere Werbekanäle gleichzeitig erfolgen kann. Mit dem vorliegenden Urteil lockert der BGH die bisher strenge Praxis zur hinreichenden Bestimmtheit einer Einwilligungsklausel. Er fordert insbesondere nicht mehr, dass alle Waren- und Dienstleistungsbereiche in der Einwilligungserklärung einzeln aufgeführt werden. Der Entscheid ist bemerkenswert und für Schweizer Unternehmen gerade im Hinblick auf das Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordung Ende Mai interessant, da das Schweizer Recht zurzeit keine derart hohen Anforderungen kennt.

Opt-in im Bestellprozess für mehrere Werbekanäle

Der deutsche BGH hatte im Urteil vom 1. Februar 2018 (III ZR 196/17) zu beurteilen, ob eine Einwilligung für Werbezwecke durch das Anklicken eines einzigen Kontrollkästchens (sog. Opt-In) für mehrere Werbekanäle ausreichend und somit zulässig ist.

Vor dem Abschluss des Bestellprozesses auf der Webseite eines Telekommunikationsdienstleisters (T. GmbH), konnte der Besteller eine Checkbox aktivieren, um in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken einzuwilligen. Die Einwilligungserklärung, welche direkt neben der Checkbox ersichtlich war, hatte folgenden Wortlaut:

„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der T. GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden. Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der T. GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der T. GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig abgegebenen Daten.“

Der BGH hatte insbesondere zu beurteilen, ob die Einwilligungserklärung den Anforderungen an eine gültig erteilte Einwilligung zu Werbezwecken auf verschiedenen Werbekanälen standhält.

Anforderungen an die Einwilligung

Nach deutschem Recht ist eine ausdrückliche und vorgängige Einwilligung in die Direktwerbung mittels elektronischer Post notwendig, damit nicht eine unzumutbare Belästigung im Sinne des UWG vorliegt (§ 7 Abs. 2 UWG). Unter elektronischer Post wird insbesondere die Kommunikation über E-Mail, SMS und MMS verstanden. Für die Definition der Einwilligung verwies der BGH auf die sog. Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG). Die Datenschutzrichtlinie definiert in Art. 2 lit. h die Einwilligung der betroffenen Person als „jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden“.

Die Einwilligung kann in jeder geeigneten Weise gegeben werden, solange der Wunsch der betroffenen Person in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommt und gestützt auf eine sachkundige, freie Entscheidung erfolgt. Diese letzte Anforderung wird auch durch das Aktivieren einer Checkbox auf einer Webseite grundsätzlich erfüllt.

Die Einwilligung muss in Kenntnis der Sachlage erfolgen

Die zentrale Frage, mit der sich der BGH auseinander zu setzen hatte, war, ob die Willensbekundung der betroffenen Person in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall erfolgte.

Um zu prüfen, ob die Einwilligung vorliegend in Kenntnis der Sachlage erfolgte, stellte der BGH auf einen rechtlich nicht vorgebildeten, verständigen und redlichen Durchschnittskunden ab. Entscheidend ist dabei, ob dieser Durchschnittskunde bei der Abgabe der Einwilligung weiss, dass sein Einverständnis eine Einwilligung darstellt und worauf sich diese bezieht. Mit anderen Worten muss für den Einwilligenden erkennbar sein, welche Tragweite seine Einwilligung hat.

In diesem Zusammenhang führte der BGH aus, dass die vorliegende Einwilligungserklärung als eine Einheit in der „Zusammenschau“ betrachtet werden müsse. Die Zusammenschau der verschiedenen Sätze der Einwilligungserklärung ergibt, dass ein Durchschnittskunde in der Formulierung „individuelle Kundenberatung“ nicht irgendeine Beratung versteht, sondern seine eigene Beratung im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag und zwar auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Zum Inhalt der angekündigten Beratung führt der BGH in seinem Urteil aus, „dass die Beklagte [T. GmbH] und deren Produktpalette allgemein und erst recht dem online einen Telekommunikationsvertrag abschliessenden Kunden bekannt sind“ und diesem auch hinreichend klar ist, „auf welche Art von Angeboten und Services sich die Einwilligung bezieht“. Die Kenntnis der Sachlage lag somit gemäss BGH eindeutig vor.

Die Einwilligung muss sich auf einen konkreten Fall beziehen

Neben der Kenntnis der Sachlage, ist eine Einwilligung nur dann zulässig, wenn sie sich auf einen konkreten Fall bezieht (sog. spezifische Einwilligungserklärung). Nach der deutschen Rechtsprechung bedeutet dies, dass keine Textpassagen in der Einwilligungserklärung enthalten sein dürfen, die nicht direkt mit der konkreten Zustimmungserklärung zusammenhängen. Für den Fall der Einwilligung in Werbezwecke bedarf es gemäss BGH einer gesonderten, nur auf die Einwilligung in die Werbung bezogene, Zustimmungserklärung. Mit anderen Worten, muss die Einwilligung in Werbung getrennt von anderen Einwilligungen erfolgen.

Fraglich war zudem, ob die Einwilligung in einen konkreten Fall auch gültig erfolgen kann, wenn mehrere Kommunikationskanäle für Werbezwecke verwendet werden. Der BGH hielt in seinen Erwägungen dazu Folgendes fest:

Sie [die Einwilligungserklärung] enthält in einer gesondert anzuklickenden Erklärung ausschliesslich die Einwilligung in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken. Es widerspricht dem Erfordernis einer spezifischen Angabe nicht, dass die Einwilligungserklärung sich auf eine Werbung mittels verschiedener Kommunikationswege – Telefonanruf und elektronische Post – bezieht.

Einwilligung in verschiedene Werbekanäle gleichzeitig ist wirksam

Im vorliegenden Fall kam der BGH zum Schluss, dass keine gesonderte Einwilligung für jeden einzelnen Werbekanal erforderlich und das Aktivieren einer spezifischen Checkbox genügend ist. Einerseits erfolgte die Einwilligung in ausreichender Kenntnis der Sachlage und mit Bezug auf einen konkreten Fall. Andererseits spricht, gemäss BGH, auch der Schutzzweck und die zeitliche Begrenzung der Einwilligung nicht gegen die Wirksamkeit der Einwilligung.

Senkung der Anforderungen an die Wirksamkeit der werberechtlichen Einwilligung

Vor dem vorliegenden Urteil mussten in den Einwilligungserklärungen jeweils die einzelnen Waren- und Dienstleistungsbereiche aufgeführt werden (siehe dazu im Zusammenhang mit dem Adresshandel MLL-News vom 13. Februar 2018). Diese hohen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Einwilligungserklärung gehören nun der Vergangenheit an. Die Angabe „zur individuellen Kundenberatung“ unter Anwendung eines Vergleichs mit einem Durchschnittskunden ist gemäss BGH genügend bestimmt. Mit dem vorliegenden Urteil senkt der BGH die bis anhin sehr strengen und kaum zu erreichenden Voraussetzungen an die Wirksamkeit einer Einwilligung drastisch.

Wieso ist dieses Urteil auch für Schweizer Unternehmen relevant?

Das Urteil des BGH zeigt anschaulich auf, welche Anforderungen an eine Einwilligung im Onlinekontext gestellt werden. Gerade viele Schweizer Onlinehändler sind auch auf den deutschen Markt ausgerichtet und verpflichtet, neben den Einwilligungsvoraussetzungen des Schweizer Rechts, die lokalen Anforderungen zu erfüllen. Zudem tritt am 25. Mai 2018 die EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft (DSGVO). Die DSGVO wird, wegen ihres extraterritorialen Anwendungsbereichs, auch für viele Schweizer Unternehmen einschlägig sein, was bedeutet, dass sie die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen haben, sofern sie nicht von den drakonischen Sanktionen betroffen sein wollen (MLL-News vom 30. Juli 2017 und MLL-News vom 14. Januar 2016).

Anforderungen an die Einwilligung in der Schweiz

Im schweizerischen Recht ergeben sich die Anforderungen an die Einwilligung aus dem Datenschutzgesetz (DSG). Auch im Rahmen des sog. Spam-Artikel (Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG), der grundsätzlich eine Einwilligung für den Versand von „Massenwerbung“ verlangt, gelten im Wesentlichen die gleichen Anforderungen. Nach Art. 4 Abs. 5 DSG kann die Einwilligung stillschweigend oder schriftlich erfolgen, muss aber zwingend freiwillig sein. Vorausgesetzt wird weiter, dass die betroffene Person transparent und wahrheitsgetreu über die Verwendungszwecke der Daten informiert wird. Die betroffene Person muss sich zum Zeitpunkt der Abgabe der Einwilligung somit im Klaren sein, welche Auswirkungen ihre Einwilligung hat. Demnach muss zumindest in groben Zügen erkennbar sein, welche Art von Daten von wem bearbeitet wird oder welche Art von Bearbeitern, in welchem Umfang zu welchem Zweck, die Daten bearbeiten. Entscheidend ist dabei, dass sich die betroffene Person der Tragweite ihrer Einwilligung bewusst ist. Insofern wäre die im Fall des BGH vorliegende Einwilligungserklärung nach schweizerischem Recht ohnehin ausreichend gewesen, da die Anforderungen an die Einwilligung in der Schweiz nicht derart hoch sind, wie sie dies in Deutschland vor dem vorliegend besprochenen Urteil waren.

Spannend ist auch, dass der BGH bei der Auslegung der Einwilligungserklärung das Verständnis eines Durchschnittskunden als Vergleichsgrösse heranzog. Nach schweizerischem Rechtsverständnis werden Einwilligungserklärungen nach dem Willens- und dem Vertrauensprinzip ausgelegt. Das schweizerische Bundesgericht (BGer) geht dabei von einem ähnlichen Ansatz wie der BGH aus, sofern der wirkliche Wille der Parteien nicht eruiert werden kann. Gemäss BGer gilt die Einwilligungserklärung so, wie sie von einer vernünftigen Person in den Schuhen der Erklärungsempfängerin nach Treu und Glauben verstehen durfte und musste. Auch das BGer behilft sich somit mit einem Drittvergleich.

Welche Anforderungen gelten an die Einwilligung nach DSGVO

Viele schweizerische Unternehmen werden von der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) betroffen sein (MLL-News vom 30. Juli 2017 und MLL-News vom 14. Januar 2016). Die DSGVO wird insbesondere auch Onlinehändler treffen. Im Vergleich zur Schweiz verfolgt die DSGVO den Ansatz des „Verbots mit Erlaubnisvorbehalt“. Insofern muss jede Datenbearbeitung durch einen Erlaubnistatbestand gerechtfertigt werden. Eine prominente Rolle wird dabei dem Erlaubnistatbestand der Einwilligung zukommen. Damit eine Einwilligung nach DSGVO gültig erfolgen kann, muss sie insbesondere gestützt auf ausreichender vorgängiger Information und freiwillig erfolgen sowie in unmissverständlicher Form abgegeben werden. Im Kern muss sich die betroffene Person zum Zeitpunkt ihrer Einwilligung ein Bild darüber machen können, was mit ihren Daten geschieht.

Die Anforderungen, welche der BGH in seinem Urteil geprüft hat, namentlich dass die Einwilligung in Kenntnis der Sachlage und auf einen konkreten Fall bezogen sein muss, sind auch in den Anforderungen der DSGVO enthalten. Ob der BGH seiner neuen Praxis auch unter der DSGVO folgen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Eine Verschärfung der Anforderungen an die Einwilligung unter der DSGVO, insbesondere aus Schweizer Sicht, ist dass eine solche nur dann gültig erfolgt, wenn sie durch eine eindeutige, bestätigende Handlung zum Ausdruck gebracht wird. Stillschweigen oder Untätigkeit genügen demnach nicht. Insofern dürften auch vorangekreuzte Checkboxen von den Webseiten verschwinden, da sie diese Anforderungen nicht erfüllen, obwohl dies unter der heutigen schweizerischen Rechtslage nach wie vor zulässig ist.

Schweizerisches Datenschutzrecht im Umbruch

Auch das schweizerische Datenschutzrecht befindet sich zurzeit in Revision (MLL-News vom 21. September 2017 und MLL-News vom 14. Februar 2017). Wie sich die Revision auf die Einwilligung auswirken wird, ist noch nicht gänzlich klar, insbesondere ob eine Annäherung an die Einwilligung nach DSGVO erfolgen wird ist offen. Der abgeänderte Wortlaut im Vorentwurf enthält zwar eine Neuformulierung der Einwilligungsanforderungen, jedoch ist noch unklar, ob dies lediglich eine terminologische Annäherung an die DSGVO ist oder auch inhaltlich eine Annäherung stattfindet. Es bleibt abzuwarten, wie die Einwilligungsanforderungen schlussendlich durch den Gesetzgeber ausgestaltet werden. Klar ist, dass wenn eine inhaltliche Annäherung der Anforderungen an eine Einwilligung an die DSGVO erfolgt, dies eine massive Verschärfung bedeuten würde.

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