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Gastautor: Fabian Reinholz, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin
Wer unter einer Tippfehlerdomain darüber aufklärt, dass sich die Besucher der Seite möglicherweise vertippt haben, darf eine solche Domain weiterbetreiben. Dies hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) im aktuellen Fall der Tippfehlerdomain wetteronlin.de entschieden (vgl. BR-News vom 31.01.2014). Der BGH bestätigt darin zwar, dass die Benutzung einer solchen Domain grundsätzlich wettbewerbswidrig ist. Allerdings sei dem Domaininhaber deshalb nicht die Registrierung und Nutzung der Tippfehlerdomain zu verbieten, sondern dieser müsse lediglich die wettbewerbsrechtlich unlauteren Folgen (Irreführung der Kunden, Behinderung des Wettbewerbers) unterbinden, wozu bereits ein deutlicher Hinweis auf der Website genügen kann. In der kürzlich veröffentlichten Urteilsbegründung hat der BGH nun etwas näher ausgeführt, wie ein solcher Hinweis aussehen kann.
Vorgeschichte
Kläger ist der Betreiber eines Online-Wetterdienstes, der seit Jahren unter der URL www.wetteronline.de abrufbar ist. Wer hingegen die URL unvollständig, nämlich als www.wetteronlin.de eingab, wurde auf eine Internetseite mit Werbung für Krankenversicherer weitergeleitet. Für die Weiterleitung kassierte die beklagte Domaininhaberin Provisionen (vgl. BR-News vom 31.01.2014).
Gemäss BGH handelt es sich um einen klaren Fall einer Tippfehlerdomain (sog. Typosquatting). Deren Einsatz ziele darauf ab, Kunden abzufangen, die eigentlich auf der Suche nach dem Wetterdienst der Klägerin sind, sich aber bei Eingabe der Domain vertippen. Darin – so der BGH – liege eine wettbewerbswidrige Behinderung (§ 4 Nr. 10 des deutschen UWG). Der Schaden der Klägerin bestünde darin, dass Kunden sich für Wetterauskünfte künftig einen anderen Anbieter suchen, weil es sie verärgere, wenn sie auf der Suche nach dem Angebot des Wetterdienstes mit Werbung für Versicherungen konfrontiert werden. Dabei sei es denkbar, dass Kunden ihren Eingabefehler gar nicht bemerken und das unerwünschte Werbeangebot dem Wetterdienst zurechnen.
Nutzung einer Tippfehlerdomain unter Umständen zulässig
Danach ist die Nutzung einer Tippfehlerdomain zur Weiterleitung auf Werbangebote grundsätzlich unzulässig. Gleichwohl muss der Domaininhaber die Tippfehlerdomain – je nach Inhalt der Website – nicht freigeben. Dies überrascht, weil doch die vom BGH beschriebenen Effekte bei Eingabe der Tippfehlerdomain stets gleich sind, egal auf welche Inhalte der Nutzer gelangt.
Der BGH hält in seiner Urteilsbegründung aber fest, dass eine rechtlich zulässige Nutzung der Domain trotz ihrer seltsamen Schreibweise denkbar ist. Der Domaininhaber müsse Irrtümer der Nutzer ausschliessen. Hierzu soll es nach Ansicht des BGH ausreichen, wenn der Domaininhaber auf der unter der Domain abrufbaren Website unübersehbar deutlich macht, dass sich der Besucher nicht auf der Seite des Wetterdienstes befindet.
Dies könne durch klar erkennbare eindeutige Hinweise auf eine möglicherweise fehlerhafte Eingabe der Domain geschehen. Hieraus kann man folgern, dass dieser Hinweis hervorgehoben unmittelbar auf der Startseite der unter der Domain abrufbaren Website angebracht werden müssen.
Kommentar
Diese Zurückhaltung mit dem Löschungsanspruch ist bei Tippfehlerdomains schwer zu verstehen. Jedenfalls wenn nicht erkennbar ist, welchen anderen Zweck gerade die bewusst falsche Schreibweise der Domain haben soll, als die verunglückte Suche nach einem bestimmten Anbieter für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunutzen, spricht nichts gegen einen Löschungsanspruch. Denn auch trotz aufklärenden Hinweises ist nicht ausgeschlossen, dass Besucher der Tippfehlerseite über die Umleitung verärgert sind oder das darauf befindliche Angebot dem Anbieter der ursprünglich gesuchten Webseite zurechnen.
Weitere Informationen:
- Urteil I ZR 164/12 des BGH vom 22.01.2014
- Pressemitteilung des BGH vom 22.01.2014 (Urteil I ZR 164/12)
- Urteil 6 U 187/11 des OLG Köln vom 10.02.2012
- Urteil 81 O 42/11 des LG Köln vom 09.08.2011
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann