Domain Vorwerk Markenrecht Verstoss

BGH: Verwendung der Marke «Vorwerk» im Domainnamen eines Wiederverkäufers


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Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich in einem Urteil vom 28. Juni 2018 mit der Verwendung verschiedener Marken des Unternehmens Vorwerk durch einen Wiederverkäufer bzw. Anbieter von Zubehör zu Vorwerk-Produkten. Im Vordergrund stand die Verwendung des Zeichens «Vorwerk» durch den Beklagten im Domainnamen seines Onlineshops. Der BGH ging davon aus, dass die Verwendung der Vorwerk-Marken durch den Beklagten im vorliegenden Fall Bestimmungen des deutschen Markenschutzgesetzes verletzt. Dennoch hat der BGH die Revision des Beklagten teilweise gutgeheissen und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die Vorinstanz muss prüfen, ob sich der Beklagte bei seiner Verwendung der Vorwerk-Marken auf eine markenrechtliche Erschöpfung berufen kann. Die Frage der Markenverwendung durch Wiederverkäufer bzw. durch Verkäufer von Zubehör zu Originalprodukten ist auch in der Schweiz ein immer wieder diskutiertes Thema.

Klage von Markeninhaberin gegen Wiederverkäufer / Anbieter von Zubehör zu Vorwerk-Produkten

In dem vom BGH zu beurteilenden Sachverhalt (I ZR 236/16) klagte die Vorwerk & Co. KG (Vorwerk) gegen den Inhaber der Domain www.keine-vorwerk-vertretung.de. Der Beklagte betreibt unter diesem Domainnamen einen Onlineshop für Staubsauger der Marke Vorwerk sowie auch für Ersatzteile und Zubehör für Vorwerk-Staubsauger. Der Beklagte vertreibt im selben Onlineshop aber auch Zubehör für Produkte von anderen Herstellern. Vorwerk beantragte u.a. die folgenden Verbote:

  • Verbot, unter der Domain «keine-vorwerk-vertretung.de» einen Onlineshop für Staubsauger und Staubsaugerzubehör zu betreiben (das entsprechende Rechtsbegehren / Verbot wurde im Laufe des Verfahrens noch präzisiert);
  • Verbot, die Marken «Kobold» und «Tiger» von Vorwerk als Rubrik in der Navigationsleiste des Onlineshops zu verwenden;
  • Verbot einer bestimmten AdWords-Anzeige, in welcher das Zeichen «Vorwerk» u.a. im Anzeigetitel und -text verwendet wird.

Gemäss BGH verletzen die beanstandeten Markenbenutzungen die markenrechtlichen Ausschliesslichkeitsrechte von Vorwerk. Allerdings ist offen, ob sich der Beklagte auf den markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz berufen kann. Der BGH hat die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die Vorinstanz muss prüfen, ob sich der Beklagte den beantragten Verboten vorliegend mit Verweis auf die markenrechtliche Erschöpfung widersetzen kann. In seinen Schlusserwägungen hat der BGH zum Ausdruck gebracht, dass die Berufung auf die Erschöpfung vorliegend zwar nicht ausgeschlossen ist, dass jedoch berechtigte Interessen des Markeninhabers entgegenstehen.

Verwendung einer fremden Marke als Domainname

In einem ersten Schritt bejahte der BGH das Vorliegen einer rechtsverletzenden Markenbenutzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 deutsches MarkenG (MarkenG). Die angesprochenen Verkehrskreise würden zwischen dem beanstandeten Domainnamen und der Marke «Vorwerk» eine gedankliche Verknüpfung herstellen. Dies auch deshalb, weil der Beklagte das Zeichen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Zubehör zu den Produkten von Vorwerk verwende. Die inhaltliche Abgrenzung im Domainnamen – es wird betont, dass es sich gerade um keine Vorwerk-Vertretung handle – ändere an der gedanklichen Verbindung nichts. Die Verkehrskreise würden wegen der inhaltlichen Abgrenzung zwar nicht mehr davon ausgehen, dass der Beklagte zur Vertriebsstruktur von Vorwerk gehört. Sie würden jedoch immer noch davon ausgehen, dass auf der Internetseite Originalprodukte von Vorwerk vertrieben werden.

Vorliegend ist gemäss BGH § 23 Nr. 3 MarkenG nicht anwendbar. Diese Bestimmung erlaubt eine Markenbenutzung, wenn die Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung verwendet wird. Voraussetzung ist allerdings, dass die Benutzung für den Hinweiszweck notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstösst. Die Anforderungen an die Notwendigkeit sind nach deutscher Gerichtspraxis sehr hoch. Die Markenbenutzung muss praktisch die einzige Möglichkeit sein, um gegenüber der Öffentlichkeit verständlich und vollständig über die Bestimmung der Ware zu informieren. Eine Verwendung gegen die guten Sitten liegt insbesondere dann vor, wenn der Dritte die Wertschätzung einer bekannten Marke in unlauterer Weise ausnutzt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sich der Dritte in die Sogwirkung einer bekannten Marke begibt, um ohne jede finanzielle Gegenleistung von deren Anziehungskraft, Ruf und deren Ansehen zu profitieren. Entscheidend ist dabei wiederum, ob sich die Markenbenutzung in den Grenzen der notwendigen Leistungsbestimmung hält. Ist dies der Fall, muss der Markeninhaber in Kauf nehmen, dass der Dritte in gewissem Umfang vom Prestige der bekannten Marke profitiert.

Die Nutzung der Marke von Vorwerk im Domainnamen geht vorliegend gemäss BGH über die notwendige Leistungsbestimmung hinaus. Der Beklagte hätte andere Möglichkeiten, um auf die Bestimmung seiner Produkte hinzuweisen. Er könnte dies insbesondere im Text der Internetseite tun. Die Markenbenutzung im Domainnamen verstösst damit gegen die guten Sitten.

Ob die Berufung auf den Erschöpfungsgrundsatz gemäss § 24 MarkenG vorliegend erfolgreich ist, lässt der BGH offen. Er weist die Beurteilung dieser Frage ans Berufungsgericht zurück. Der BGH stellt jedoch klar, dass durch die Benutzung einer Marke als Domainnamen die aus deren Bekanntheit folgende Werbewirkung sich auf das gesamte Angebot des Beklagten positiv auswirkt und nicht nur auf die Vorwerk-Produkte. Gemäss BGH übersteigt diese Markenbenutzung das für den Hinweis auf den Vertrieb von Markenwaren erforderliche Mass. Der Markeninhaber könne in diesen Fällen die Verwendung der Marke gemäss § 24 Abs. 2 MarkenG untersagen. Dasselbe gilt für eine irreführende Benutzung einer fremden Marke auf einer Website, z.B. wenn eine wirtschaftliche Verbindung mit dem Markeninhaber suggeriert wird.

Auch die weiteren beanstandeten Markenbenutzungen sind grundsätzlich rechtsverletztend

Gemäss BGH sind auch die weiteren beanstandeten Markenbenutzungen grundsätzlich rechtsverletzend:

  • Betreffend die Benutzung der Zeichen «Kobold» bzw. «Tiger» in der Navigationsleiste ging der BGH von einer Verletzung aus, weil die Nutzung über die notwendige Leistungsbestimmung hinausgehe. Die Voraussetzungen gemäss § 23 Nr. 3 MarkenG sind damit nicht erfüllt. Unnötig sei die Markenbenutzung insbesondere deshalb, weil «Kobold» bzw. «Tiger» in der gut sichtbaren Navigationsleiste jeweils ohne jeden erklärenden Zusatz (z.B. «passend für») verwendet würden. Zudem sei für die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund des Kontexts nicht erkennbar, dass unter den Rubriken «Kobold» bzw. «Tiger» keineswegs nur Originalprodukte der Klägerin, sondern auch Produkte von Drittherstellern angeboten würden. Zuletzt ist es gemäss BGH auch nicht notwendig, eine eigene Rubrik «Kobold» bzw. «Tiger» zu erstellen. Es wäre für die Leistungsbestimmung ausreichend gewesen, «Kobold» bzw. «Tiger» als Unterkategorie unter der Rubrik «Zubehör» zu führen.
  • Der BGH hat jedoch auch die Beanstandungen betreffend «Kobold» und «Tiger» zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die Vorinstanz muss auch hier prüfen, ob allenfalls eine Erschöpfung gegeben ist. Einer Anrufung des Erschöpfungsgrundsatzes steht gemäss BGH nicht entgegen, dass ein Wiederverkäufer auch Produkte von anderen Herstellern vertreibt. Entscheidend ist vielmehr, dass durch die betreffende Benutzung die berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht verletzt werden.
  • Auch betreffend die Verwendung des Zeichens «Vorwerk» in einer AdWords-Anzeige des Beklagten geht der BGH an sich von einer rechtsverletzenden Markenbenutzung aus. Die Vorinstanz muss jedoch nochmals beurteilen, ob sich der Beklagte allenfalls auf die markenrechtliche Erschöpfung berufen kann.

Rechtslage Schweiz: Ähnliche Beurteilungskriterien

In der Schweiz verleiht das Markenrecht gemäss Art. 13 des Schweizerischen Markenschutzgesetzes (MSchG) dem Inhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu gebrauchen. Der Markeninhaber kann damit den kennzeichenmässigen Gebrauch der Marke durch Dritte im geschäftlichen Verkehr verbieten. Ein kennzeichenmässiger Gebrauch liegt insbesondere auch dann vor, wenn ein Zeichen als Domainname eingesetzt wird.

Nach schweizerischem Recht gibt es, vergleichbar wie im deutschen Recht, Beschränkungen / Schranken des markenrechtlichen Ausschliesslichkeitsrechts. In der schweizerischen Gerichtspraxis werden diese jedoch dogmatisch nicht immer klar auseinandergehalten. Inhaltlich sind jedoch die folgenden beiden Beschränkungen / Schranken besonders relevant:

  • Erschöpfungsgrundsatz: Ein Wiederverkäufer kann eine fremde Marke (kennzeichenmässig) verwenden, wenn ein hinreichender Bezug zu den Markenwaren besteht. Ein direkter Bezug zum Verkauf von Originalprodukten wurde z.B. im Falle der Verwendung einer fremden Marke auf einer Treuekarte verneint. Die Treuekarte stehe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkauf der Markenprodukte. Vielmehr bezwecke die Treuekarte die Förderung der Loyalität der Kunden zum Wiederverkäufer. Laut BGer findet die Berufung auf den Erschöpfungsgrundsatz zudem dort seine Grenze, wo beim Publikum der falsche (Gesamt-) Eindruck einer besonderen Beziehung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber oder einer Berechtigung des Werbenden an der Marke als solcher erweckt werde (vgl. MLL-News vom 21. April 2011; BGE 128 III 146). Eine solche Täuschung verstosse grundsätzlich gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
  • Informativer, nicht-kennzeichenmässiger Markengebrauch: Darüber hinaus kann der Gebrauch einer fremden Marke in Form einer informativen Bezugnahme durch Händler von Ersatzteilen gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung zulässig sein. Die informative Markenverwendung muss aber klar auf das eigene Angebot bezogen bleiben. Zudem muss sie auf das unbedingt Erforderliche beschränkt sein (BGE 128 III 146). Bei der Beurteilung dieser Unentbehrlichkeit gilt es einen strengen Massstab anzusetzen. Die Verwendung der Marke im Domainnamen dürfte diesen Massstab kaum je erfüllen. Dem Bedürfnis der informativen Bezugnahme könnte auf andere, schonendere Weise, z.B. mittels eines Hinweises auf der Internetseite selbst, Rechnung getragen werden. Auch hier sind Gemeinsamkeiten mit den Erwägungen des BGH offensichtlich. Dies, obwohl es in der Schweiz keinen mit § 23 Nr. 3 MarkenG vergleichbaren Gesetzesartikel gibt. Dogmatisch wird dieser Ausnahmetatbestand dadurch abgeleitet, dass es sich beim informativen Markengebrauch gerade nicht um einen kennzeichenmässigen Gebrauch handelt. Der Markeninhaber kann damit seine Ausschliesslichkeitsrechte nach Art. 13 MSchG nicht geltend machen. Wie gesehen, setzt jedoch das UWG dem informativen Markengebrauch Grenzen.

Der Vergleich der deutschen und schweizerischen Rechtslage verdeutlicht, dass sich die Grundsätze trotz der unterschiedlichen gesetzlichen Regelung in der Schweiz im Ergebnis wohl entsprechen. Zusammenfassend ist die Verwendung einer fremden Marke im Domainnamen als unzulässiger Markengebrauch einzustufen. Die Neubeurteilung durch die Vorinstanz in Deutschland mit Blick auf die Frage der Erschöpfung dürfte in der vorliegenden Konstellation nichts am rechtsverletzenden Markengebrauch ändern.

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