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Die erfolgreiche Eintragung von Kennzeichen wie Marken, Firmen oder Domains bietet noch keine Sicherheit dafür, dass die Kennzeichen auch in einem Gerichtsverfahren Bestand haben. Dies veranschaulicht ein aktueller Entscheid des Schweizer Bundesgerichts. Obwohl eine Gesellschaft ihre Firma und ihre Marke im Gegensatz zu einem anderen Unternehmer, welcher die gleichen Wortelemente verwendete, registriert hatte, unterlag sie vor Gericht. Die Richter gelangten zum Schluss, dass die Gesellschaft ihre Kennzeichen bewusst in Anlehnung an die bekannte und schon länger bestehende Firma des Unternehmers gewählt hatte. Die Eintragungen seien deshalb mit unlauterer Absicht erfolgt und allesamt ungültig.
Vorgeschichte
Im Vordergrund des zu beurteilenden Rechtsstreits stand die Firmen-Bezeichnung eines Waadtländer Unternehmers. Die Firma, welche im Urteil nur anonymisiert wiedergegeben wird, liess er im Jahr 1997 im Handelsregister eintragen und baute sich in der Folge einen „soliden Ruf“ im Bereich der Kommunikation und der grafischen Gestaltung auf. Zwischen 2001 und 2002 musste er jedoch seine Aktivitäten aus gesundheitlichen Gründen einstellen und löschte deshalb im Jahr 2002 seine Firma aus dem Handelsregister. Als er seine Geschäftstätigkeit wieder aufnahm, liess er seine Firma zwar nicht wieder eintragen, verwendete jedoch weiterhin die Bezeichnung „xxx“ für seine unternehmerischen Aktivitäten und in den Domainnamen, die er 1999 bzw. 2004 registrieren liess.
Im Jahr 2009 wurde der Unternehmer von einer Waadtländer Gesellschaft eingeklagt. Die 2006 gegründete Gesellschaft erbringt Dienstleistungen im Bereich Informatik und Multimedia und ist Inhaberin von Domain-Namen sowie einer Wort-/Bildmarke, welche das Wortelement „xxx“ enthält. Sie war der Ansicht, dass der Unternehmer durch die Verwendung der Bezeichnung „xxx“ für seine Aktivitäten und in seinen Domains ihre Rechte verletzt. Die Gesellschaft wollte dem Unternehmer deshalb die Verwendung dieser Bezeichnung gerichtlich verbieten lassen. Der Unternehmer erhob Wiederklage und verlangte umgekehrt, dass der Gesellschaft die Verwendung der Bezeichnung „xxx“ verboten wird und ihre Marke, Firma und Domain für ungültig erklärt werden.
Registrierungen von Kennzeichen mit unlauterer oder missbräuchlicher Absicht sind ungültig
Der beklagte Unternehmer vertrat offenbar die Auffassung, dass die Gegenpartei ihre Kennzeichen in missbräuchlicher bzw. unlauterer Absicht registriert hat. Ist dies der Fall, sind die Kennzeichen grundsätzlich ungültig.
Insbesondere im Markenrecht sind missbräuchliche Eintragungen häufiger Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen. Thematisiert wird dies vielfach unter dem Stichwort „Defensivmarken“. Dabei handelt es sich um Marken, die der Inhaber nicht mit der Absicht hinterlegt hat, das Zeichen tatsächlich zu gebrauchen, sondern vielmehr um andere von der Nutzung des Zeichens abzuhalten oder den Schutzumfang einer anderen tatsächlich gebrauchten Marken zu vergrössern (vgl. dazu auch BR-News vom 23.4.2012). Eine weitere Form der missbräuchlichen Markeneintragung liegt vor, wenn die Eintragung nur erfolgt, um von einer anderen Partei ungerechtfertigte Zahlungen oder andere Vorteile zu erlangen. Ob ein solcher Fall vorliegt, war insbesondere in einem bekannten Rechtsstreit zwischen Google und einem deutschen Unternehmer, der in der Schweiz die Marke „GMAIL“ eintragen liess, umstritten.
Im Vordergrund des aktuellen Bundesgerichtsentscheids (4A_100/2013) stand jedoch eine andere damit verwandte Frage: Zu beurteilen war, ob die Gesellschaft ihre Kennzeichen mit einer unlauteren, d.h. einen Tatbestand des UWG erfüllenden Absicht hinterlegt hat.
Kennzeichen mit Absicht registriert, von Ruf eines Dritten zu profitieren
Das erstinstanzliche Waadtländer Kantonsgericht betonte in seinem Urteil, dass sich die Gesellschaft gegenüber dem Unternehmer zwar grundsätzlich auf ihr Recht an der Firma und der Marke berufen könne, weil sie diese in den Registern hat eintragen lassen. Das Gericht ging jedoch davon aus, dass die Gesellschaft bei der Wahl ihrer Firmenbezeichnung und der Registrierung ihrer Marken und Domains eine Strategie verfolgte, die darauf abzielte, vom „exzellenten Ruf“ des Unternehmers, den er sich unter der Bezeichnung „xxx“ erarbeitet hatte, zu profitieren. Die Eintragungen der Kennzeichen seien folglich mit unlauterer Absicht erfolgt und deshalb ungültig.
Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid und wies die Beschwerde der Gesellschaft ab. In seinem Urteil wird zunächst festgehalten, dass die Frage, ob die Eintragung eines Kennzeichens in unlauterer bzw. missbräuchlicher Absicht erfolgte, unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls beantwortet werden müsse. Im vorliegenden Fall leiteten die Gerichte die unlautere Absicht der klagenden Gesellschaft denn auch aus mehreren Indizien ab.
Die Gesellschaft hatte offenbar im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren selber eingestanden, eine Strategie verfolgt zu haben, die auf die Ausnutzung der Bekanntheit des beklagten Unternehmers gerichtet war. An anderer Stelle in derselben schriftlichen Eingabe hatte sie dies jedoch wiederum abgestritten. Entscheidend war aber jedenfalls, dass die Gesellschaft Kenntnis von den Aktivitäten und des guten Rufs des Unternehmers hatte. Darüber hinaus habe die Gesellschaft erfolgte Verwechslungen mit dem Beklagten stets aufrechterhalten. Insbesondere sei erwiesen, dass sie verschiedentlich Anrufe und Briefe erhielt, welche an den Beklagten gerichtet gewesen wären, den Beklagten darüber aber nie informierte. Ein weiteres Indiz für die unlautere Absicht der Klägerin war ferner, dass sie im Jahr 2009 ihren Gesellschaftszweck um „Aktivitäten im Bereich Marketing und Werbung“ erweiterte, obwohl sie in diesen Bereichen nicht tätig war. Diese Änderung erfolgte weniger als ein Jahr nachdem der beklagte Unternehmer eine neue Firmenbezeichnung im Handelsregister eintragen liess und dabei als Zweck seines Unternehmens „Aktivitäten im Bereich der grafischen Gestaltung, der Werbung und des Marketings“ angegeben hatte.
Gestützt auf diese Indizien gelangten die Gerichte zum Schluss, dass die klagende Gesellschaft ihre Domain, ihre Firma und ihre Marke mit der Absicht hat eintragen lassen, vom Ruf des beklagten Unternehmers und Verwechslungen mit diesem zu profitieren. Die Gesellschaft habe damit gegen Art. 2 UWG und Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG verstossen. Die Marke der Gesellschaft wurde dementsprechend für nichtig erklärt. Ferner wurde sie gerichtlich dazu verpflichtet, ihre Domains löschen zu lassen und ihre Firma so abzuändern, dass die Bezeichnung „xxx“ nicht mehr darin enthalten ist.
Weitere Informationen:
- Urteil des Bundesgerichts vom 10.7.2013 (4A_100/2013)
- Schweizer Markenschutzgesetz (MSchG)
- Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
- Schweizerisches Obligationenrecht (Firmenrecht; Art. 944 ff. OR)
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann