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Verpackungen sind zwar nicht von vornherein vom Markenschutz ausgeschlossen. Da jedoch dem Grossteil der Warenverpackungen in den Augen der Durchschnittskonsumenten die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen dürfte, ist eine Eintragung als Formmarke nur schwer möglich. Dies geht aus einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts (4A_633/2010) hervor, mit welchem die restriktive Praxis zur Eintragung von Formmarken bestätigt wird.
Für die Registrierung von Warenformen und Verpackungen bestehen vor allem zwei bedeutende Hindernisse (sog. absolute Ausschlussgründe). Insbesondere kann kein Markenschutz erlangt werden für „Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind“ (Art. 2 lit. b MSchG; vgl. zur Schutzfähigkeit von Lego-Bausteinen BR-News vom 7.10.2010). Im vorliegenden Fall war jedoch der zweite Ausschlussgrund zu prüfen. Es stellte sich die Frage, ob die Verpackung dem sog. Gemeingut (Art. 2 lit. a MSchG) zuzurechnen ist, d.h. ob sie geeignet ist, die Waren des Gesuchstellers von solchen anderer Anbieter zu unterscheiden.
Ausgangspunkt des Verfahrens bildete ein Entscheid des Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) vom 2. September 2009. Darin hatte das IGE ein Gesuch um Eintragung einer dreidimensionalen Formmarke abgelehnt, weil der Verpackung die für den Markenschutz erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Dieser Entscheid wurde in der Folge vom Bundesverwaltungsgericht (B-6313/2009) für rechtmässig erklärt.
Die als „Wellenverpackung“ bezeichnete Form hätte insbesondere für Fischwaren und Catering-Dienstleistungen eingetragen werden sollen und wurde im Gesuch folgendermassen abgebildet:
In seinem Urteil vom 23. Mai 2011 (4A_633/2010) hatte sich das Bundesgericht sodann mit der Frage zu beschäftigen, ob die Ablehnung des Gesuchs rechtmässig war. In dem ausführlichen Entscheid wird die restriktive Rechtsprechung zur Eintragungsfähigkeit von Warenformen und Verpackungen dargelegt und letztlich bestätigt.
Das Bundesgericht hält zunächst allgemein fest, dass die Schutzfähigkeit von Waren- und Verpackungsformen (abgesehen von Art. 2 lit. b MSchG) nach denselben Kriterien zu beurteilen ist wie diejenige von anderen Markenarten. Ein Zeichen bzw. eine Form hat gemäss dem Bundesgericht nur dann die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn es sich derart in der Erinnerung einprägt, dass der Adressat die damit gekennzeichneten Produkte eines Unternehmens in der Fülle des Angebots wieder finden kann. Wie andere Arten von Zeichen sei dies auch bei Verpackungsformen nur dann der Fall, wenn die blosse Form der Verpackung vom Durchschnittsabnehmer als Kennzeichen für Produkte aus einem bestimmten Unternehmen erkannt und diesem zugerechnet werden könne. Folglich seien Verpackungen nur dann unterscheidungskräftig, wenn sie es den Durchschnittsabnehmern ermöglicht, die Produkte ihrer Herkunft nach – und nicht lediglich nach ihrer „gefälligen Gestaltung“ – zu unterscheiden.
In der Folge betonte das Bundesgericht, dass es durchaus möglich sei, dass Verpackungen von Verbrauchsgütern in der Gesamtheit ihrer verschiedenen Gestaltungselemente (grafische Gestaltung, Farben, Beschriftung, Material etc.) vom Konsumenten unter Umständen als Herkunftshinweis erkannt werden. Insbesondere wenn grafische oder Wortelemente fehlen, schliesse der Durchschnittsabnehmer aber allein aus der Form der Verpackung gewöhnlich nicht unmittelbar auf die Herkunft der Waren.
In der Folge anerkennt das Bundesgericht, dass die Wahrnehmung des Publikums in dieser Hinsicht im Wandel begriffen sei. In bestimmten Produktsegmenten, in denen der Konsument den Formgebungen eine besondere Aufmerksamkeit widmet, weil regelmässig auch die Form als Unternehmenshinweis beworben wird (wie etwa bei Parfümflacons), möge dieser Prozess bereits eingesetzt haben bzw. bereits fortgeschritten sein. Für die überwiegende Anzahl der in mehr oder weniger variationsreicher Abwandlung einiger Grundformen auftretenden Gestaltungen von Warenverpackungen des Massenkonsums dürfte es jedoch nach Ansicht des Bundesgerichts dabei bleiben, dass ihnen eher selten unmittelbare Unterscheidungskraft zukommt.
Damit die Form der Verpackung für sich allein als Herkunftshinweis verstanden werden könne, müsse sie sich von sämtlichen im beanspruchten Warensegment üblichen Formen auffällig unterscheiden. Wenn in dem Warensegment eine grosse Formenvielfalt bestehe, tauge die auffällige Eigenart der Verpackungsform regelmässig nicht als Herkunftshinweis, sondern werde lediglich als besondere Gestaltung wahrgenommen, sofern sie sich nicht erheblich vom Gewohnten abhebt. Bei einer Vielzahl bekannter Formen in einem Segment sei es daher schwieriger, eine nicht banale Form zu gestalten, die derart vom Gewohnten und Erwarteten abweicht, dass sie als Herkunftshinweis wahrgenommen werde.
Nach Ansicht des Bundesgerichts erschöpfen sich die Merkmale der „Wellenverpackung“ des Gesuchstellers, die sie von den für Fischwaren üblichen Verpackungsformen unterscheidet, im Wesentlichen darin, der Verpackung eine besonders attraktive Gestaltung zu verleihen. Von einem durchschnittlich aufmerksamen Endverbraucher werde die Verpackung zwar als ansprechend gestaltete Fischverpackung wahrgenommen. Sie hebe sich aber von den übrigen Verpackungen des Segments nicht in einer Weise ab, die ohne Wort- oder Bildelemente als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen würde. Folglich wurde die Verpackungsform mangels Unterscheidungskraft als Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG eingestuft und die Ablehnung der Eintragung bestätigt.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass weitere Schutzmöglichkeiten für Verpackungen bestehen. Insbesondere ist ein Schutz neuer Verpackungsformen nach dem Designgesetz (DesG) möglich (vgl. auch den vom Gesuchsteller als Design hinterlegten «Transportbehälter»). Darüber hinaus besteht – auch für nicht eingetragene Formen – unter Umständen ein Schutz nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG; vgl. BGE 135 III 446) sowie dem Urheberrechtsgesetz (URG).
Weitere Informationen:
- BGE 137 III 403
- Markenschutzgesetz (MSchG)
- BR-News: «EuGH: Lego-Baustein kann nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden»
- Bundesgerichtsentscheid zum Schutz von Verpackungen nach UWG (BGE 135 III 446; «Maltesers»)
Ansprechpartner: Giuseppe Di Marco