Soziale Medien

Bundesgericht: Soziale Medien sind nicht zu direktem Austausch von Daten der Internet-Kommunikation mit Schweizer Strafverfolgungsbehörden verpflichtet


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Das Schweizer Bundesgericht hat am 15. April 2014 ein Urteil (1B_344/2014) über die Zulässigkeit des Informationsaustausches zwischen der Zürcher Staatsanwaltschaft und einem Social Media Unternehmen aus den USA veröffentlicht. Im Wesentlichen wurde entschieden, dass kein direkter grenzüberschreitender Zugriff auf die Daten der Internetkommunikation einer Person, die sich möglicherweise einer Straftat schuldig gemacht hat, ausserhalb eines förmlichen internationalen Rechtshilfeverfahrens erfolgen darf. Eine Ausnahme von den oft aufwändigen und langwierigen förmlichen Rechtshilfeverfahren ist zwar möglich, die Voraussetzungen dafür waren im konkreten Fall jedoch nicht gegeben. Dies gilt auch dann, wenn Twitter, Facebook & co. eine solche Weitergabe in Ihren Nutzungsbedingungen vorsehen. Sofern die Herausgabe von einem Schweizer Gerichtsentscheid abhängig gemacht werde, erfolge die Herausgabe eben nicht freiwillig. Ein solcher stelle aber ein Zwangsmittel dar und ein solches stünde einem Schweizer Gericht, resp. einer Schweizer Behörde nicht zu.

Kurzbetrachtung

Die Zürcher Staatsanwaltschaft führt eine Strafuntersuchung gegen eine unbekannte Täterschaft, die auf einem sozialen Netzwerk rassistische Posts veröffentlicht hat. Gegen die in den USA ansässige Betreiberin der Social Media Plattform verfügte die Staatsanwaltschaft rückwirkend auf sechs Monate die Herausgabe der sogenannten IP-History des verdächtigen Profils sowie der Registrierungsdaten der betreffenden Person. Das Zürcher Obergericht, als Zwangsmassnahmengericht, wies in der Folge das entsprechende Überwachungsgesuch mittels Verfügung ab, worauf sich die Zürcher Strafverfolgungsbehörden mit Beschwerde ans Bundegericht wandten. Dabei machte sie insbesondere geltend, die Nutzungsbedingungen der Betreiberin sehe die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden vor. Entsprechend dürfe ein Schweizer Gericht die Rechtmässigkeit des Informationsaustausches gar nicht mehr prüfen.

Das Bundesgericht hielt mit Verweis auf das Territorialitätsprinzip vorab fest, dass es nicht berechtigt sei, eine Strafverfolgungsmassnahme auf dem Gebiet eines anderen Staates vorzunehmen. Insofern könne dem beantragten Überwachungsgesuch höchstens dann entsprochen werden, wenn völkerrechtliche Bestimmungen in Abweichung vom Grundsatz der Territorialität, ein solches Vorhaben zulassen würden. In Angelegenheiten des Strafrechts ist grundsätzlich der Weg des förmlichen Rechtshilfeverfahrens zu begehen. Da dieser konventionelle Weg jedoch oft langwierig ist und gerade bei Delikten der Internetkriminalität schnell gehandelt werden muss, sieht das von der Schweiz ratifizierte Cybercrime-Übereinkommen adäquate Instrumente vor, mit denen die internationale Strafverfolgung unterstützt werden soll. Eines dieser Instrumente ist die Ausnahme vom förmlichen Rechtshilfeverfahren unter gewissen Bedingungen.

Das Bundesgericht hat geprüft, ob die vom Cybercrime-Übereinkommen geforderten Voraussetzungen für einen direkten, grenzüberschreitenden Zugriff auf die Internetkommunikationsdaten erfüllt sind und ist zum Schluss gekommen, dass diese in casu nicht erfüllt waren. Weil auch nach Schweizer Landesrecht keine gesetzliche Grundlage für ein solches Vorgehen existiert, wurde die Beschwerde der Zürcher Strafverfolgungsbehörden diesbezüglich abgewiesen. Das Bundesgericht hielt zur Frage, ob das Schweizer Zwangsmassnahmengericht die Datenerhebung hätte bewilligen müssen, zudem fest, dass nur dem schweizerischen Recht unterworfene Dienstanbieter (hier z.B. der Anbieter einer Social Media Plattform) verpflichtet sind der Polizei und der Staatsanwaltschaft Angaben zu machen, die eine Identifikation des Urhebers einer Straftat die im Internet begangen wurde ermöglicht. Für die Herausgabe von Bestandesdaten durch in den USA niedergelassene Social-Media Anbieter ist, entgegen der Auffassung der Zürcher Staatsanwaltschaft, das von den amerikanischen Behörden anzuwendende amerikanische Recht massgeblich. Ob also eine direkte und unaufgeforderte Übermittlung der Daten erfolgen darf, hat nicht ein Schweizer Zwangsmassnahmengericht zu beurteilen, sondern die sachlich zuständige Behörde der USA.

Die Bedeutung dieses ausführlichen Grundsatzurteils dürfte auch davon abhängen, wie es von der Lehre und der Behördenpraxis aufgenommen werden wird. Wir werden das Urteil genau analysieren und an dieser Stelle demnächst eine ausführliche Bewertung zum Inhalt und möglichen Auswirkungen des Urteils veröffentlichen.

Bis dahin empfiehlt sich die Lektüre des Urteils 1B_344/2014 vom 14. Januar 2014 im Volltext.

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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