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In einem kürzlich in der amtlichen Entscheidsammlung veröffentlichten Urteil (BGE 136 III 225) hat sich das Bundesgericht mit den Voraussetzungen der Miturheberschaft an einem Werk auseinandergesetzt. Dabei hat es zunächst die Auffassung der Lehre bekräftigt, dass die Schaffung eines Werks im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, den Arbeitnehmer nicht daran hindert, Urheber zu werden. Gemäss Bundesgericht ist Miturheber allgemein jede Person, welche tatsächlich die endgültige Gestaltung des Werks oder seine Verwirklichung mitbestimmt. Der Beitrag des Miturhebers könne sich dabei in der Form oder der Struktur des Inhalts wiederfinden, müsse aber selber die notwendige Individualität aufweisen. In den nicht amtlich publizierten Erwägungen(4A_638/2009)hat das Bundesgericht ferner festgehalten, dass das Feststellungsinteresse einer Person an ihrer Urheberschaft nicht allein durch Zeitablauf wegfallen kann.
Der vom Bundesgericht zu beurteilende Sachverhalt betraf den Chemie-Ingenieur, Christian de Siebenthal, welcher von 1978 bis 2006 beim Brand- und Zivilschutz der Stadt Genf (SIS) angestellt war. Seine Hauptaufgabe bestand darin, für die Genfer Rettungskräfte den sog. Guide Orange, ein Verzeichnis von gefährlichen Stoffen und entsprechenden Schutzmassnahmen, zu erstellen. Weiter sei unbestritten, dass der Leiter der SIS den Entwurf des Guide Orange erstellte. Im Vorwort der ersten veröffentlichten Fassung wurde aber auch darauf hingewiesen, dass die Realisierung des Guide Orange möglich gemacht worden sei durch die effiziente Zusammenarbeit mit C. de Siebenthal. In der Folge wurden noch drei weitere aktualisierte und erweiterte Auflagen veröffentlicht, in welchen stets auf diese Zusammenarbeit hingewiesen wurde. Nachdem der Chemie-Ingenieur im Jahre 2004 erfuhr, dass die Erstellung und Vermarktung des Werks an einen Dritten übertragen werden sollte, klagte er auf Feststellung seiner Urhebereigenschaft. Bei den Vorinstanzen drang er nicht durch, woraufhin er den Fall ans Bundesgericht weiterzog.
Im formellen Teil des Urteils, welcher in der amtlichen Entscheidsammlung nicht angeführt ist, behandelt das Bundesgericht zunächst die Frage, ob C. de Siebenthal über ein Festellungsinteresse verfügt. Hierzu hielt das Bundesgericht fest, dass das Interesse an einer Feststellungsklage nicht alleine durch Zeitablauf wegfallen kann. Hingegen könne ein Feststellungsinteresse insbesondere dann fehlen, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls die späte Erhebung der Klage als Billigung der Rechtslage erscheint. Auf den vorliegenden Fall traf dies jedoch nach Auffassung des Bundesgerichts nicht zu, weil C. de Siebenthal bis zur Verschlechterung der Beziehung zu seinem Arbeitgeber keinen Grund zur Annahme gehabt habe, dass seine Urheberschaft bezweifelt werde.
Im materieller Hinsicht war der individuelle Charakter des Guide Orange unbestritten. Demgegenüber stand die Frage nach der Miturhebereigenschaft von C. de Siebenthal zur Debatte. Die Bundesrichter bekräftigten hierzu einleitend die Auffassung der Lehre, dass die Schaffung eines Werks im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, den Arbeitnehmer nicht daran hindert, Urheber zu werden. Als Miturheber definierte das Bundesgericht allgemein jede Person, welche tatsächlich die endgültige Gestaltung des Werks oder seine Verwirklichung mitbestimmt. Der Beitrag des Miturhebers könne sich dabei in der Form oder der Struktur des Inhalts wiederfinden, müsse aber selber die notwendige Individualität aufweisen. Wer lediglich die Anweisungen eines Dritten ausführt, ohne Freiraum für die eigene gestalterische Leistung, sei kein Miturheber, sondern lediglich eine Hilfsperson. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sahen es die Bundesrichter nicht als erwiesen, dass der Leiter der SIS die ursprüngliche Disposition des Guide Orange alleine festlegte und die Aufgabe von C. de Siebenthal lediglich darin bestand, die vorgegebenen Rubriken auszufüllen. Ferner sei klar, dass es C. de Siebethal war, welcher die einzelnen Verzeichnisse des Werks verfasste. Schliesslich sei dieser gerade auch zur Aktualisierung der Verzeichnisse angestellt worden und im Vorwort aller Auflagen für die wichtige Mitarbeit gerühmt worden. Dementsprechend bestätigte das Bundesgericht die Miturheber-Eigenschaftschaft von C. de Siebenthal.
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann