BVGer: Bei einer Geschenksendung ist für die Mehrwertsteuerberechnung der (geschätzte) Marktwert massgebend


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Liegt einer Einfuhr in die Schweiz kein entgeltliches Geschäft zugrunde, ist die Zollverwaltung berechtigt, den Marktwert der eingeführten Ware zu schätzen und darauf die Mehrwertsteuer zu erheben. Von dieser Möglichkeit macht die Zollverwaltung insbesondere bei der Einfuhr von kostenlosen Warenmustern, Ersatzlieferungen oder Geschenksendungen Gebrauch. In einem aktuellen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht eine solche Schätzung der Zollverwaltung nicht beanstandet. Es war demnach insbesondere zulässig, dass sich die Zollverwaltung auf Internetrecherchen stützte und (auch) die im Internet verfügbaren Auktionsergebnisse als massgebend erachtete.

Rechtlicher Hintergrund: Bemessungsgrundlagen der Einfuhrsteuer

Einfuhren in das schweizerische Zollgebiet unterliegen der (Einfuhr-)Mehrwertsteuer. Die Steuer ist geschuldet, sobald eine Ware über die Zollgrenze verbracht wird. Dabei ist unbeachtlich, ob ein Umsatz im mehrwertsteuerrechtlichen Sinn, beispielsweise ein Verkauf eines Gegenstands, vorliegt. Mit anderen Worten lösen auch unentgeltliche Geschäfte wie beispielsweise Schenkungen die Einfuhrsteuerpflicht aus.

Als Bemessungsgrundlage für die Steuer kommen zwei Werte in Betracht. In der Regel wird die Mehrwertsteuer auf dem von den Parteien vereinbarten bzw. vom Importeur zu entrichtenden Entgelt erhoben. Dies gilt aber nur dann, wenn der Lieferung ein Veräusserungs- oder Kommissionsgeschäft zugrunde liegt. Ist für die Einfuhr eines Gegenstandes kein Entgelt geschuldet, bemisst sich die Mehrwertsteuer nach dem Marktwert. Als Marktwert gilt, was eine unabhängige Drittperson bezahlen müsste, wenn sie den Gegenstand kaufen würde. Die Steuer wird beispielsweise bei der Einfuhr von kostenlosen Warenmustern, bei kostenlosen Ersatzlieferungen oder bei Geschenksendungen auf dem Marktwert berechnet. Der Marktwert darf dabei von der Zollverwaltung auch „nach pflichtgemässem Ermessen“ geschätzt werden.

Einfuhr einer Uhr mit fiktiver Rechnung

Vor diesem Hintergrund hatte das Bundesverwaltungsgericht vor kurzem den folgenden Sachverhalt zu beurteilen. Ein Speditionsunternehmen meldete bei der Zollstelle Zürich-Flughafen eine Armbanduhr aus Hongkong mit einem Wert von 3‘400 Franken zur Zollabfertigung an (Warenwert 3‘000 Franken plus Nebenkosten von 400 Franken). Für diesen Betrag lag auch eine Verkaufsrechnung vor. Da die Zollstelle Zweifel an der Richtigkeit des deklarierten Wertes hatte, nahm sie eine Beschau vor. Schliesslich stellte sich heraus, dass die Uhr dem Empfänger geschenkt wurde. Die „Verkäuferin“ hatte die Uhr ursprünglich für einen Preis von 5‘502 Franken gekauft. Aufgrund dieses Sachverhalts setzte die Zollverwaltung den (Markt-)Wert der Uhr neu auf 7‘500 Franken fest. Sie stützte sich dabei auf Internet-Auktionsergebnisse und weitere Abklärungen. In der Folge erhob sie die Einfuhrmehrwertsteuer in der Höhe von 600 Franken (8 % von 7‘500 Franken).

Gegen diesen Entscheid erhob der Empfänger bei der Zollkreisdirektion Beschwerde. Diese wurde vollumfänglich abgewiesen und der Entscheid der Zollstelle bestätigt. Der Empfänger gelangte daraufhin an das Bundesverwaltungsgericht.

Geschätzter Marktwert der Zollverwaltung zu hoch?

Vor diesem Hintergrund forderte er, der Wert der Uhr sei auf 3‘000 Franken festzulegen. Er beanstandete damit die Wertermittlungen der Zollstelle bzw. der Zollkreisdirektion. Der Wert der Uhr sei nicht durch Internetrecherchen feststellbar und seine eigenen Abklärungen hätten alle zu einem tieferen Marktwert geführt. Das Bundesverwaltungsgericht musste sich deshalb mit der Frage befassen, ob die Schätzung der Zollverwaltung vertretbar war, oder der Wert tiefer hätte angesetzt werden müssen.

Bei Schenkung ist Marktwert massgebend

Da mittlerweile feststand, dass die Uhr dem Empfänger geschenkt wurde, war nicht mehr das (vorgetäuschte) Verkaufsgeschäft, sondern die Schenkung massgebend. Die Zollverwaltung war deshalb grundsätzlich berechtigt, die Einfuhrsteuer auf dem Marktwert zu erheben und diesen zu schätzen. Das Gericht untersuchte deshalb, auf welche Anhaltspunkte sich die Zollverwaltung dabei gestützt hatte. Es hielt als erstes fest, dass vorliegend derjenige Wert massgebend sei, den ein unabhängiger Endverbraucher einer Verkäuferin in Hongkong im Einfuhrzeitpunkt für die fragliche Uhr hätte bezahlen müssen.

Berechnung des Marktpreises mit zwei verschiedenen Methoden

Da das Uhrenmodell nicht mehr hergestellt wurde und es sich nicht um ein fabrikneues Modell handelte, stützte die Zollverwaltung ihre Marktwert-Schätzung in einem ersten Schritt auf im Internet öffentlich zugängliche Informationen über Auktionsergebnisse des gleichen Uhrenmodells. Gemäss diesen Informationen wurden bei zwei voneinander unabhängigen Auktionen in Hongkong Verkaufspreise von umgerechnet ca. 7‘500 bis 9‘270 Franken erzielt. Das Gericht hielt dazu fest, dass (Internet-)Auktionsergebnisse grundsätzlich als Grundlage zur Feststellung des Marktwertes einer Ware dienen können und somit auch vorliegend zuverlässige Hinweise seien.

Als zweites nahm die Zollverwaltung eine Schätzung gestützt auf die Angaben der „Verkäuferin“ bezüglich des Einkaufspreises vor. Die „Verkäuferin“ war auf den Handel mit Schweizer Luxusuhren und Schmuck spezialisiert und hatte die fragliche Uhr als Grossistin rund zwei Jahre vor dem „Verkauf“ an den Empfänger für 5‘502 Franken eingekauft. Da der Empfänger ein Endverbraucher und kein Zwischenhändler war, rechnete die Zollverwaltung die branchenübliche Gewinnmarge von 50 % hinzu. Davon nahm sie in Anbetracht des Alters der Uhr eine Abschreibung von 20 % vor und zog die Kosten für verschiedene Reparaturarbeiten ab. Daraus ergab sich ein Marktwert von 7‘914 Franken (inkl. 400 Franken Nebenkosten).

Schätzungen der Zollverwaltung nicht zu beanstanden

Mit beiden – voneinander unabhängigen – Berechnungsmethoden gelangte die Zollverwaltung damit zum gleichen Ergebnis. Das Gericht hielt deshalb fest, dass die Schätzung der Zollverwaltung als pflichtgemäss vorgenommen erschien und sie auch ausreichend und nachvollziehbar begründet wurde. Es lag somit am Empfänger, zu beweisen, dass die Berechnungen falsch waren bzw. vorliegend nicht zutrafen, was ihm jedoch nicht gelang. Weder die (simulierte) Verkaufsrechnung, noch die Schreiben eines Genfer Auktionshauses und eines Mitarbeiters des Uhrenherstellers konnten das Gericht von der Korrektheit des mutmasslichen Warenwerts von 3‘000 Franken überzeugen. Die in den erwähnten Schreiben aufgeführten Marktwerte bezogen sich entweder auf eine falsche Handelsstufe (d.h. nicht Verkauf an Endkunden) oder waren nicht begründet. Folglich wies das Gericht die Beschwerde vollumfänglich ab.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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