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Bei Produktbeschreibungen auf Verpackungen, Etiketten oder in Online-Shops ist stets darauf zu achten, dass die Angaben nicht irreführend oder täuschend sind. Diesem allgemeinen Grundsatz kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn dabei von Begriffen wie „Gold“, „Silber“ oder „Platin“ Gebrauch gemacht wird. Denn deren Verwendung wird durch das Edelmetallkontrollgesetz (EMKG) detailliert geregelt. Verstösse gegen das darin enthaltene Täuschungsverbot werden von den Behörden verfolgt und gebüsst. Ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verdeutlicht, dass Produktschreibungen relativ rasch ins Visier der Behörden geraten können. In dem Entscheid wird einem Händler der Import von über 5000 Aluminium-Bilderrahmen verboten, weil auf den Verkaufsetiketten unter anderem die Begriffe „argenté“ (franz. u.a. für „versilbert“) und „argento“ (ital. für „Silber“) enthalten waren, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Offengelassen wurde, ob auch die Bezeichnung „silber“ im vorliegenden Fall unzulässig wäre.
Vorbemerkungen: Täuschungsverbote im Schweizer Recht
Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet in allgemeiner Form jegliche irreführende Angaben über die eigenen Waren (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG). In verschiedenen „Spezial-Gesetzen“ sind darüber hinaus besondere Vorschriften zum Schutz vor täuschenden Produktangaben enthalten. Im Unterschied zum „allgemeinen“ Verbot des UWG, welches grundsätzlich nur mittels Klagen bzw. Strafanzeigen von Konkurrenten, Kunden oder Konsumentenschutzverbänden durchgesetzt wird, werden Verstösse gegen solche „Täuschungsverbote“ von den Behörden verfolgt und sind mit Busse bedroht.
Dies ist vorab bei Lebensmitteln der Fall (vgl. Art. 18 LMG). Des Weiteren sind zum Schutz vor Täuschungen beispielsweise auch die Mengenangaben besonders geregelt worden (vgl. BR-News vom 4.10.2012). Geplant ist ferner auch ein besonderes Verbot für Kosmetika (vgl. BR-News vom 13.6.2012).
Sachverhalt: Bezeichnung „silber“ für Aluminium-Bilderrahmen
Im angesprochenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (B-2659/2012) war nun zu beurteilen, ob eine Produktbeschreibung gegen das Täuschungsverbot in Artikel 6 des Edelmetallkontrollgesetzes (EMKG) verstösst. Das im vorliegenden Fall zuständige Kontrollamt der Eidg. Zollverwaltung blockierte an der Grenze von Chiasso die für einen Schweizer Händler bestimmte Sendung mit 5004 silberfarbenen Fotorahmen. Die Verkaufsetiketten waren mit der folgenden Beschriftung versehen:
- Bilderrahmen, silber, Aluminium, reflexfreies Glas
- Cadre à photos, argenté, aluminium, verre antireflets;
- Cornice, argento, alluminio, vetro antireflesso
Das Zentralamt für Edelmetallkontrolle gelangte zum Schluss, dass die Etiketten gegen das Täuschungsverbot des EMKG verstossen, weil darauf die Bezeichnungen „Silber“ („argento) oder „versilbert“ („argenté“) verwendet werden, obwohl weder Teile aus Silber noch Beschichtungen aus diesem Edelmetall nachweisbar seien. Die Einfuhr der Sendung mit dieser Etikette und der Verkauf aller bereits mit der gleichen Etikette im Lager und Verkauf befindlichen Fotorahmen wurden dementsprechend verboten. Gegen diesen Entscheid erhob der Händler Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er war der Ansicht, dass die Beschriftungen „silber“, „argenté“ und „argento“ als Farbbezeichnungen und nicht als Materialbezeichnungen aufzufassen sind und ein Konsument nicht davon ausgehen könne, dass die Bilderrahmen Edelmetalle in irgendeiner Form enthalten.
Das Täuschungsverbot des Edelmetallkontrollgesetzes
Zu Beginn seines Urteils vom 3. September 2012 zeigt das Bundesverwaltungsgericht die massgebenden Bestimmungen des Edelmetallkontrollgesetzes (EMKG) auf. Das Gesetz und die Edelmetallkontrollverordnung (EMKV) enthalten zahlreiche Begriffsdefinitionen und detaillierte Vorgaben über die Kennzeichnung der Waren, die von den Vorschriften erfasst werden. Festzuhalten ist an dieser Stelle nur so viel, dass Gold, Silber, Platin und Palladium als Edelmetalle im Sinne des Gesetzes gelten (vgl. Art. 1 Abs. 1 EMKG). Ferner unterscheidet das Gesetz die folgenden vier Waren-Kategorien: Edelmetallwaren, Mehrmetallwaren, Plaquéwaren und Ersatzwaren (vgl. Art. 1 und 2 EMKG). In Artikel 6 EMKG ist sodann das Täuschungsverbot enthalten. Danach ist jede zur Täuschung geeignete Bezeichnung auf den genannten Waren und auf Gegenständen, die mit solchen verwechselt werden können, untersagt. Wird vorsätzlich gegen diese Vorschrift verstossen, drohen Bussen bis zu 100‘000 Franken oder sogar Freiheitsstrafen; bei fahrlässigem Verstoss kann die Busse bis zu 50‘000 Franken betragen (vgl. Art. 44 EMKG).
Bei der Beurteilung einer möglicherweise täuschenden Bezeichnung darf gemäss einem Urteil des Bundesgerichts nicht von einem aufmerksamen Konsumenten ausgegangen und folglich kein strenger Massstab angelegt werden (BGE 111 IV 180). In diesem Entscheid wurden die Bezeichnungen „Goldbesteck“ und „Silberbesteck“ für vergoldetes bzw. versilbertes Besteck als unzulässig beurteilt. Im Übrigen wird festgehalten, dass das Täuschungsverbot auch für Bezeichnungen in Inseraten, und nicht nur für Angaben auf der Ware selbst gilt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass auch die Angaben in Online-Shops am strengen Täuschungsverbot des EMKG gemessen werden.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
Vor diesem Hintergrund bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Entscheid des Zentralamts für Edelmetallkontrolle. Es hielt fest, dass zwar auch ein eher unerfahrener Konsument bei einem Preis von 17.90 Franken kaum glauben werde, es handle sich um Edelmetallwaren. Allerdings seien auch Bezeichnungen verboten, die zu einer Verwechslung mit den übrigen drei Warenkategorien (Mehrmetall-, Plaqué- oder Ersatzwaren) führen könnten. Die Differenz zu einem realistischen Preis für eine Mehrmetallware mit einem geringen Silberanteil oder für einen Aluminiumrahmen mit einer sehr dünnen Versilberung sei aber nicht so gross, dass sie einen unerfahrenen Käufer mit Sicherheit vor einer allfälligen Täuschung schützen würde.
Folglich wurde geprüft, ob die Angaben auf der Etikette täuschend sind. Das Bundesverwaltungsgericht betont, dass es den Begriff „silber“ an sich gar nicht gebe, sondern nur die Materialbezeichnungen „Silber“, „silbern“ und „versilbert“ sowie die Farbbezeichnung „silberfarben“. Da der Händler die Etiketten ohnehin aufgrund der unzulässigen Bezeichnungen in den anderen Sprachen ändern muss, wurde letztlich offengelassen, ob der Begriff „silber“ im vorliegenden Fall täuschend ist. Die französische Bezeichnung „argenté“ bedeutet gemäss Bundesverwaltungsgericht jedoch unter anderem „versilbert“ und sei nur für Plaquéwaren und für versilberte Ersatzwaren zugelassen (Art. 8 Abs. 1 und 3 EMKG). Die italienische Bezeichnung „argento“ entspreche sodann der Materialbezeichnung „Silber“ und vermittle in Kombination mit der Materialbezeichnung „alluminio“ den Eindruck, dass es sich um eine Mehrmetallware handle, was jedoch nicht der Fall sei. Folglich sah das Bundesverwaltungsgericht in der Etikette einen Verstoss gegen das Täuschungsverbot in Artikel 6 EMKG. Anders als im angesprochenen Verfahren vor dem Bundesgericht wurde im vorliegenden Fall keine Busse ausgesprochen.
Update: BGer: Farbbezeichnung „silber“ für Alu-Bilderrahmen ist zulässig
Weitere Informationen:
- Edelmetallkontrollgesetz (EMKG)
- Edelmetallkontrollverordnung (EMKV)
- Homepage der Eidg. Zollverwaltung (Edelmetallkontrolle)
- Grundsätze der Schweizerischen Lauterkeitskommission (Nr. 5.8.3)
- BR-News: „Health Claims – gesundheitsbezogene Angaben in der Werbung“
- Leitfaden zur Preiswerbung
- BR-News: „Interview: Irreführende Werbung für Kosmetika mit Julia Roberts“
- BR-News: „BGer zur Kennzeichnung von Lebensmitteln: «Alpen» ≠ «Alp»“
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann