BVGer: Präferenzbehandlung bei Nicht-Anmeldung einer Ware ausgeschlossen


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Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass eine nachträgliche Abfertigung zum Präferenzzollansatz ausgeschlossen ist, wenn die fristgemässe ordentliche Anmeldung unterlassen wurde. In einem solchen Fall gilt die Anmeldung als nicht erfolgt und die betroffene Ware muss folglich zum Normalansatz verzollt werden. Das Urteil zeigt auf, welcher Stellenwert die formellen Vorgaben des Zollverfahrens und die Selbstverantwortung der Beteiligten haben. Daraus folgt, dass einer detaillierten und klaren Organisation der Zuständigkeiten und Abläufe grosse Bedeutung zukommt, denn selbst einmalige Fehler können betroffene Unternehmen teuer zu stehen kommen.

Der Sachverhalt, den das Bundesverwaltungsgericht zu beurteilen hatte, spielte sich wie folgt ab: Die Beschwerdeführerin meldete eine Sendung Kokosnussöl summarisch an (Art. 21 Abs. 1 ZG), eine ordentliche Anmeldung der Sendung (Art. 25 Abs. 1 ZG) unterliess sie jedoch. Erst rund 3 Monate später erfolgte die ordentliche Anmeldung und ein Antrag auf nachträgliche Präferenzverzollung. Diesen Antrag und eine anschliessende Beschwerde wiesen die Zollkreisdirektion bzw. die Oberzolldirektion ab. Beide stellten sich auf den Standpunkt, dass die Anmeldung zu spät erfolgt und die Verzollung deshalb zum Normalansatz durchzuführen.

Das BVGer stütze die Argumentation der Zollbehörden, da die Vorschriften in Gesetz und Verordnung keinen Raum für eine andere Beurteilung lassen würden. Art. 25 Abs. 1 ZG und Art. 4 ZV-EZV legen fest, dass Waren spätestens am Arbeitstag, der auf die Gestellung (summarische Anmeldung) folgt, bei der Zollstelle ordentlich angemeldet werden müssen. Wird diese Frist nicht eingehalten, gilt die Zollanmeldung gemäss BVGer als nicht erfolgt. Dadurch, dass folglich die Anmeldung als solche rechtlich nicht stattgefunden hat, könne auch eine Präferenzverzollung nicht erfolgt sein, weshalb die Ware zum Normalansatz zu verzollen sei (Art. 19 Abs. 2 Bst. b ZG und Art. 80 Abs. 2 ZV).

Die Beschwerdeführerin argumentierte zwar, sie sei ihrer Zuführungspflicht nachgekommen und die Zollverwaltung hätte die Ware nach der summarischen Anmeldung jederzeit überwachen und prüfen können, das BVGer ging auf diese Argumentation aber nicht ein. Die ordentliche Anmeldung habe auf jeden Fall zu erfolgen und liege in der Selbstverantwortung der Zollpflichtigen. Die summarische Anmeldung entbinde die Beschwerdeführerin deshalb nicht von der Pflicht, fristgemäss auch eine ordentliche Anmeldung vorzunehmen, selbst wenn die beiden Anmeldungen inhaltlich identisch seien. Auf die Rüge, die Verweigerung der Annahme des Ursprungszeugnisses sei unverhältnismässig, trat das BVGer nicht ein, da gemäss Gesetz kein Raum für eine Verhältnismässigkeitsprüfung bestehe. Vorliegend muss die Beschwerdeführerin mit einem Zollnachbezug von rund CHF 330’000 rechnen. Bei Annahme des Ursprungszeugnisses hätte die Einfuhr zollfrei erfolgen können.

Kommentar
Der Entscheid zeigt auf, wie wichtig es ist, die formellen Vorgaben des Zollveranlagungsverfahrens einzuhalten
. Die korrekte Einhaltung des Verfahrens erfolgt in Selbstverantwortung des Anmelders, an dessen Sorgfalt hohe Anforderungen gestellt werden. Im vorliegenden Fall handelte es sich gemäss Urteil um einen einmaligen Arbeitsfehler. Ein solcher sei erstmals seit Jahren vorgekommen und zudem hätte die Beschwerdeführerin geeignete Massnahmen ergriffen, um gleichartige Vorfälle in Zukunft vermeiden zu können. Selbst diese Tatsachen konnten vorliegend jedoch nicht berücksichtigt werden. Verfahrensfehler können die Verfahrensbeteiligten deshalb teuer zu stehen kommen, selbst wenn es sich um einmalige Fehler handelt. Es ist deshalb wichtig, dass die Abläufe und Zuständigkeiten im Zollverfahren klar und detailliert geregelt sind und die für die Verzollung erforderlichen Begleitdokumente vollständig vorliegen. Nur so können Fehler wie derjenige im genannten Fall vermieden werden.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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