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In einem vor kurzem veröffentlichten Urteil musste sich das Bundesverwaltungsgericht mit einer sogenannten Positionsmarke befassen. Bei dieser Markenkategorie steht nicht das Zeichen selbst, sondern dessen Positionierung auf einem bestimmten Produkt im Vordergrund. Konkret hatte das Gericht ein Fünf-Streifen-Zeichen auf dem Seitenteil von Sport- und Freizeitschuhen zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht sprach diesem Unterscheidungskraft und damit Markenschutzfähigkeit zu. Es sei davon auszugehen, dass der schweizerische Durchschnittkonsument einem Streifenmuster auf Sport- und Freizeitschuhen eine besondere Aufmerksamkeit entgegenbringe. Es liege für diesen auf der Hand, dass das Zeichen in der in Frage stehenden Position auf die betriebliche Herkunft hinweise. Namentlich gelte dies für das angemeldete Zeichen aufgrund der grossen Ähnlichkeit mit den bekannten Adidas-Streifen, die in der Regel an der gleichen Stelle von Sport- und Freizeitschuhen angebracht seien. Daraus folge, dass sich das angemeldete Zeichen klar von banalen Ausstattungen von Sport- und Freizeitschuhen abhebe. Das IGE wurde deshalb angewiesen, die Positionsmarke einzutragen.
Positionsmarken im Schweizer Markenrecht
Das schweizerische Markenrecht kennt verschiedene Arten von Marken, für welche Schutz beansprucht werden kann. So können beispielsweise Wortmarken, Bildmarken, kombinierte Wort-Bild-Marken, Formmarken oder auch akustische Marken eingetragen werden.
Eine weitere spezielle Markenart ist die sogenannte Positionsmarke. Bei dieser wird die Position einer Marke auf der Ware mitregistriert. Sie werden nicht zum Schutz des Zeichens an sich, sondern zum Schutz der spezifischen Positionierung auf der Ware hinterlegt. Kennzeichnend ist damit die Anbringung oder Anordnung des Zeichens auf der Ware und nicht das Zeichen selbst. Wichtig ist dabei, dass das Zeichenelement immer an der gleichen Position auf der Ware und in den gleichen Grössenverhältnissen auftritt. Beispiele für in der Schweiz eingetragene Positionsmarken sind das BP-Logo auf Lastwagenplanen, die Kombination von Etikette und Deckel auf Konservengläsern des Nahrungsmittelherstellers Reitzel oder der V-förmige Streifen auf der Seite von Vans-Schuhen.
Fünf Streifen auf einem Sportschuh als Positionsmarke
Mit einer Positionsmarke auf Schuhen hatte sich vor kurzem auch das Bundesverwaltungsgericht zu befassen (Urteil B-86/2012 vom 11. März 2013). Das Gericht hatte zu beurteilen, ob einer Positionsmarke bestehend aus fünf Streifen auf dem Seitenteil eines Sportschuhs Unterscheidungskraft zukomme und sie als Marke für Sport- und Freizeitschuhe eingetragen werden kann. Das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hatte dem Antragsteller, dem US-amerikanischen Schuhhersteller K-Swiss, den Markenschutz verweigert, da es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine banale Grafik handle, die zum Gemeingut gehöre und deshalb vom Markenschutz ausgeschlossen sei. K-Swiss erhob gegen diese Schutzverweigerung Beschwerde und gelangte so an das Bundesverwaltungsgericht.
Beschwerde gegen IGE-Eintragungsverweigerung
Vor diesem forderte der Beschwerdeführer, dass das Zeichen als Positionsmarke eingetragen wird. K-Swiss begründete die Beschwerde insbesondere damit, dass die grafische Komponente des Zeichens unterscheidungskräftig sei, namentlich deshalb, weil die Konsumenten auf Schuhseiten angebrachte Streifen als Hinweis auf ein Unternehmen auffassen würden. Der Schuhhersteller erinnerte dabei insbesondere an die Bekanntheit der Marke Adidas und deren drei Streifen. Dieses Beispiel zeige, dass die Konsumenten solche Zeichen in erster Linie als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des gekennzeichneten Produkts deuten würden. Schliesslich verwies K-Swiss auch auf eine der Positionsmarke sehr ähnliche, in der Schweiz eingetragene eigene Marke und verschiedene Eintragungen der Positionsmarke in anderen Ländern.
Beurteilung von Positionsmarken anhand der Kriterien für Formmarken
Das Bundesverwaltungsgericht machte einleitend auf ein paar Grundsätze der Eintragungsvoraussetzungen für Positionsmarken aufmerksam. Grundsätzlich sei eine Position immer dann unterscheidungskräftig, wenn die Markierungsstelle bei den Waren, für welche der Markenschutz beantragt wird, ungewöhnlich oder auffallend ist oder sich im Verkehr als Marke durchgesetzt hat. Die Kombination aus Position und Zeichen könne einem an sich nicht unterscheidungskräftigen Zeichen eine kennzeichende Wirkung verleihen. Die Registrierung einer Positionsmarke sei aber nur dann möglich, wenn die Positionenkombination der Ware ein ebensolches unterscheidungskräftiges Element verleihe, nicht technisch begründet sei und Konkurrenten nicht wesentlich in der freien Gestaltung ihrer Waren behindere.
Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu vergleichbaren Markenarten (Formmarken und Verpackungen) könne zudem abgeleitet werden, dass dann, wenn ein Zeichen vom Erscheinungsbild der Ware abhängig sei oder mit diesem verschmelze, die massgeblichen Verkehrskreise das Zeichen in der Regel nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren auffassen. Dies gelte auch für Positionsmarken, sofern sie mit dem Erscheinungsbild der Ware zusammenfallen oder davon abhängig seien. Folglich hatte das Bundesverwaltungsgericht vorerst zu untersuchen, ob die angemeldete Marke mit dem Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware verschmelze oder von diesem unabhängig sei.
Zu diesem Zweck analysierte das Bundesverwaltungsgericht das angemeldete Zeichen. Die in Frage stehenden fünf Balken seien in der Anmeldung auf der Seite eines Schuhes abgebildet. Für Schuhe werde auch der Markenschutz beantragt. Aufgrund des Umstandes, dass die Länge der Balken dem oberen Rand des Schuhes und dem oberen Rand der Schuhsohle angepasst sei, lasse sich die angemeldete Marke nicht von der Form eines Teils des Schuhs trennen. Das Zeichen sei vielmehr untrennbar mit der Form der Seitenteile des Schuhs verbunden. Folglich sei davon auszugehen, dass die angemeldete Marke mit dem Erscheinungsbild der beanspruchten Ware verschmelze. Demnach könnte die für Formmarken geltenden Beurteilungskriterien angewandt werden.
Striche grundsätzlich Gemeingut und nicht unterscheidungskräftig
Dazu war als erstes eine Betrachtung des angemeldeten Zeichens nötig. Das grafische Element, das vorliegend zu beurteilen war, bestand aus fünf gleich breiten dunklen, jeweils im Abstand einer Streifenbreite parallel zueinander angeordneten Streifen. Nach Auffassung des IGE handle es sich dabei um eine blosse Wiederholung eines dunklen Streifens, was ein banales Motiv ohne originäre Unterscheidungskraft darstelle. K-Swiss bestritt diese Ansicht der Vorinstanz.
Das Gericht hielt fest, dass Striche – gleich wie andere einfachste geometrische Formen wie Rechtecke, Dreiecke, Quadrate oder Punkte – Gemeingut sind, es sei denn, es liege eine aus dem üblichen Rahmen deutlich herausfallende originelle Gestaltung vor. Selbst wenn die fünf Balken des angemeldeten Zeichens vor diesem Hintergrund also einzeln betrachtet nicht unterscheidungskräftig wären, schliesse dies nicht aus, dass deren Kombination und Anbringung an die Seitenteile eines Schuhs grundsätzlich eintragungsfähig sein können. Dafür wäre jedoch erforderlich, dass das angemeldete Zeichen vom Erwarteten und Gewohnten abweiche und deshalb aufgrund seiner Originalität im Gedächtnis der Abnehmer haften bleibe.
Erhöhte Aufmerksamkeit der Konsumenten im Segment der Sport- und Freizeitschuhe
Schuhe würden den Alltagsprodukten zugerechnet. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Aufmerksamkeit der Abnehmer im fraglichen Warensegment nicht besonders hoch sei. Dieser Umstand spreche grundsätzlich für die Annahme, dass der Trapezform der einzelnen Streifen und deren trapezförmiger Anordnung keine Unterscheidungskraft zukomme, so das Bundesverwaltungsgericht. Dabei sei aber zu beachten, dass die Konsumenten in bestimmten Produktsegmenten der Form besondere Aufmerksamkeit widmen, weil regelmässig auch diese als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft beworben wird. Demnach stelle sich die Frage, ob dies auch auf den vorliegend relevanten Bereich der Sport- und Freizeitschuhe zutreffe.
Das Gericht verwies dabei unter anderem auf mehrere deutsche Urteile zum gleichen oder ähnlichen Zeichen. Es stellte fest, dass der schweizerische Durchschnittskonsument dem Zeichen namentlich aufgrund dessen grossen Ähnlichkeit mit den bekannten Adidas-Streifen an der gleichen Stelle von Sport- und Freizeitschuhen eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegen bringe. Es liege für die Konsumenten deshalb auf der Hand, dass das Zeichen in der in Frage stehenden Positionierung auf den relevanten Produkten auf eine bestimmte betriebliche Herkunft hinweise.
Daraus folge, dass sich das angemeldete Zeichen klar von banalen Ausstattungen von Sport- und Freizeitschuhen abhebe. Dies namentlich wegen der besonderen Aufmerksamkeit, die der schweizerische Durchschnittskonsument für auf Sport- und Freizeitschuhen angebrachte Streifenmuster aufbringe. Das Zeichen sei dadurch als Positionsmarke originär unterscheidungskräftig und damit markenschutzfähig. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Position als solche namentlich aufgrund der weit verbreiteten Platzierung von Streifen am Rist von Sport- und Freizeitschuhen für sich allein nicht als unterscheidungskräftig erscheine. Ebenso wenig falle die Tatsache ins Gewicht, dass die Form des Schuhes, soweit diese zum angemeldeten Zeichen gehöre, isoliert betrachtet als banal zu qualifizieren sei, denn bei der zu beurteilenden Kombination von Position, Teilform und zweidimensionaler Zeichnung werde der Gesamteindruck nicht von gemeinfreien Elementen geprägt. Folglich sei das als Positionsmarke angemeldete Zeichen für Sport- und Freizeitschuhe markenschutzfähig. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde deshalb gut und wies das IGE an, die Marke in das schweizerische Markenregister einzutragen.
Weitere Informationen:
- Urteil B-86/2012 vom 11. März 2013
- BR-News: „Bundesgericht bestätigt restriktive Praxis zum Markenschutz von Verpackungen“
- BR-News: „BGer: Kein Markenschutz für Lego-Bausteine“
- BR-News: „Grundsätze für die Schutzfähigkeit einer Melodie als Hörmarke“
- BR-News: „BVGer: Gerüche sind nach wie vor nicht markenschutzfähig“
- BR-News: „EuGH: Form einer Schokoladenmaus kann nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden“
- IGE: Richtlinien in Markensachen (zur Positionsmarke: S. 104 f.)
Ansprechpartner: Adrian Süess