BVGer: SWITCH muss beim Whole-Sale-Angebot für die „.ch“-Domain-Registrierung Konkurrenten ihrer Tochtergesellschaft gleich behandeln


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Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) bestätigte in einem kürzlich veröffentlichten Urteil eine Verfügung des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM), wonach die „.ch“-Domain-Registerbetreiberin, SWITCH, ihre Tochtergesellschaft switchplus im Zusammenhang mit dem Grosshandelsangebot für die „.ch“-Domain-Registrierung unzulässigerweise bevorzugt hat. Nachdem eine Anzeige verschiedener Webhoster bei der Schweizer Wettbewerbsbehörde (WEKO) im Jahr 2011 ohne Erfolg blieb, ist die SWITCH nun aufgrund des Urteils des BVGer grundsätzlich verpflichtet, sämtliche Leistungen, die sie ihrer Tochtergesellschaft anbietet, allen Whole-Sale-Partnern zu den gleichen Bedingungen anzubieten.

Ausgangslage: Retail- und Whole-Sale-Angebot von SWITCH

Die Stiftung SWITCH wurde 1987 von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und acht Hochschulkantonen gegründet. Seither ist sie die für die Zuteilung und Verwaltung von „.ch“-Domain-Namen zuständige Schweizer Registerbetreiberin (sog. Registry). Mit dem Inkrafttreten des Fernmeldegesetzes (FMG) im Jahre 1997 wurde die Kompetenz zur Verwaltung der „.ch“-Domain-Namen grundsätzlich dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) zugewiesen (vgl. Art. 28 Abs. 1 FMG), wobei eine Übertragung auf Dritte ausdrücklich erlaubt wurde (vgl. Art. 28 Abs. 2 FMG). Im Januar 2003 wurde der SWITCH sodann erstmals förmlich durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag mit dem BAKOM (erneuert 2007, gültig bis 2015) die Aufgabe der Verwaltung und Zuteilung der „.ch“-Domain-Namen übertragen. Einzelheiten, insb. auch zur Aufsicht durch das BAKOM, sind in der Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV) geregelt.

Die der SWITCH als Monopolistin übertragenen Aufgaben umfassen nicht nur das Retail-Angebot, d.h. die Verwaltung und direkte Zuteilung von „.ch“-Domain-Namen an Endkunden, sondern auch ein Whole-Sale-Angebot, d.h. die Bereitstellung der geeigneten technischen und administrativen Vorkehrungen zugunsten von Dritten (sog. Partner oder Registrar; vgl. die „Liste der anerkannten Partner“), die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Zuteilung und Verwaltung von „.ch“-Domain-Namen an eigene Endkundinnen erbringen wollen. Das Whole-Sale-Modell ermöglicht den Partnern insbesondere, für ihre Kunden in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, d.h. ohne dass SWITCH gegenüber den Kunden in Erscheinung tritt, Domain-Namen weiterzuverkaufen.

Ausgangslage: Gründung Tochtergesellschaft switchplus und Aufsichtsverfahren

Im Mai 2009 gründete SWITCH die Tochtergesellschaft switchplus ag. Diese soll u.a. als Wiederverkäuferin Endkunden die Registrierung von „.ch“-Domain-Namen anbieten. Da dies verschiedene Fragen im Zusammenhang mit den der SWITCH übertragenen Aufgaben aufwarf, forderte das BAKOM eine Stellungnahme der SWITCH. Im Januar 2010 reichten sodann 11 Unternehmen, welche durch die Tätigkeit der switchplus konkurrenziert werden, eine Aufsichtsbeschwerde ein, weil sie der Ansicht waren, dass die Tochtergesellschaft durch SWITCH unzulässigerweise bevorzugt werde. Eine parallel dazu eingereichte Anzeige bei der Wettbewerbskommission bzgl. Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung blieb dabei jedoch ohne Erfolg (vgl. BR-News vom 6.7.2011).

Im März 2010 eröffnete das BAKOM schliesslich ein Aufsichtsverfahren. Gegenstand des Verfahrens waren insbesondere das (entgeltliche) lizenzweise Zurverfügungstellen von Registrar-Software an die Tochtergesellschaft, die Werbung für die Tochtergesellschaft – v.a. durch einen Link auf www.switch.ch – sowie die Duldung der Verwendung ihres Namens durch ihre Tochtergesellschaft.

Verfügung des BAKOM: unzulässige Bevorzugung der switchplus

Mit Verfügung vom 11. April 2011 hat das BAKOM die SWITCH verpflichtet, alle Whole-Sale-Partnerinnen gleich zu behandeln. SWITCH muss nach Ansicht des BAKOM mit der Registry-Tätigkeit zusammenhängende Leistungen, die sie switchplus anbietet, zu den gleichen Bedingungen auch allen anderen Whole-Sale-Partnerinnen anbieten. So dürfe SWITCH insbesondere ihrer Tochtergesellschaft switchplus auch keine werbewirksamen Leistungen, bspw. mittels Webauftritt, zukommen lassen, die SWITCH nicht auch den anderen Whole-Sale-Partnern zukommen lässt. SWITCH müsse ferner eine Liste über ihr diesbezügliches Leistungsangebot erstellen und publizieren. Im Weiteren wird SWITCH verpflichtet, über die an switchplus erbrachten Leistungen eine getrennte Kostenrechnung zu führen. Dadurch soll das BAKOM kontrollieren können, dass keine unzulässige Quersubventionierung von switchplus zulasten der Registry-Tätigkeit erfolgt. Gegen diese Verfügung erhob SWITCH Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Bestätigung der BAKOM-Verfügung

Mit seinem Urteil vom 13. Februar 2012 (A-3073/2011) hat das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) die Verfügung des BAKOM im Wesentlichen bestätigt. Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Konkurrenten von switchplus leitete das BVGer aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben ab. Es wird festgehalten, dass SWITCH als Registerbetreiberin eine öffentliche Aufgabe des Bundes ausübt, welche mit verwaltungsrechtlichem Vertrag an sie delegiert wurde. Deshalb sei SWITCH gleichermassen wie der Staat bzw. die Verwaltung an die Grundrechte und insbesondere an die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 der Bundesverfassung) gebunden. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird aus der Wirtschaftsfreiheit (und Art. 94 der Bundesverfassung) der Grundsatz der Gleichbehandlung direkter Konkurrenten abgeleitet. Danach müssten Konkurrenten gleich behandelt werden, wenn sie im gleichen Bereich tätig sind und sich mit denselben Angeboten für die gleichen Bedürfnisse an dieselben Kunden richten.

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies gemäss dem BVGer, dass SWITCH nicht regulierend bzw. wettbewerbsverzerrend in das Verhältnis zwischen den Whole-Sale-Partnern eingreifen darf. Insbesondere dürfe sie ihre Tochtergesellschaft gegenüber deren Konkurrenten bzw. den anderen Whole-Sale-Partnern nicht ungerechtfertigt bevorzugen. Dies sei jedoch durch die Werbung auf www.switch.ch und die Überlassung der mit ihrem Firmennamen identischen Wortmarke SWITCH geschehen. In Bezug auf die Überlassung der notwendigen Registrar-Software gelangte das BVGer zum Schluss, dass SWITCH den Grundsatz der Gleichbehandlung direkter Konkurrenten nicht verletzt hatte, weil die Software zu einem angemessenen Entgelt überlassen wurde und es jedem Whole-Sale-Partner frei stehe, die notwendige Software selbst zu entwickeln oder aber diese standardmässig auf dem Markt erhältliche Software entgeltlich zu erwerben. Eine Einschränkung der vom BAKOM verhängten Aufsichtsmassnahmen erachtete das Gericht jedoch trotzdem nicht als notwendig.

UPDATE: «BGer: SWITCH hat Tochtergesellschaft nicht unrechtmässig bevorteilt»

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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