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Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass elektronische Zigaretten (sog. E-Zigaretten) als Tabakersatzprodukte der Tabaksteuer unterliegen, obwohl sie weder Tabak noch Nikotin enthalten. Für die Tabaksteuerpflicht ist nach Ansicht des Gerichts nicht erforderlich, dass die elektronischen Zigaretten für die Gesundheit schädlich seien. Hauptzweck der Tabaksteuer sei nicht die Prävention, sondern die Mittelbeschaffung zur Finanzierung der AHV/IV. Nicht geschuldet seien hingegen weitere Abgaben, namentlich die SOTA- und die Präventionsabgabe. Ungeachtet dieses Urteils wird die elektronische Zigarette wohl demnächst von der Tabaksteuerpflicht befreit. Sowohl der National- als auch der Ständerat haben im letzten Jahr eine entsprechende Motion angenommen und an den Bundesrat überwiesen.
Ausgangslage
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hatte sich mit folgendem Sachverhalt auseinanderzusetzen: Ein schweizerisches Unternehmen importierte aus Deutschland E-Zigaretten. Diese bestehen aus einem einer Zigarette nachempfundenen Apparat und auswechselbaren Kartuschen, die mit einer aromatischen Flüssigkeit gefüllt sind. Diese Flüssigkeit enthält weder Tabak noch Nikotin und ist in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich. Um die optische Ähnlichkeit mit einer «normalen» Zigarette sicherzustellen, enthalten die E-Zigaretten an der Spitze ein LED-Licht, das bei Ziehen an der Zigarette aufleuchtet.
Die Zollverwaltung erhob auf diesen E-Zigaretten sowie den gleichzeitig eingeführten Filterkartuschen sowohl die Tabaksteuer als auch die SOTA-Abgabe (Sonderabgabe zur Förderung des inländischen Tabakanbaus) und die Abgabe für den Tabakpräventionsfonds. Gegen diesen Entscheid erhob der Importeur Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und forderte, dass die E-Zigaretten von den genannten Abgaben befreit werden. Das Gericht wies die Beschwerde grösstenteils ab.
Entscheid des BVGer
Das BVGer entschied (Urteil A-3123/2011), dass E-Zigaretten Tabakersatzprodukte im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. c TStG darstellen und deshalb der Tabaksteuer unterliegen (vgl. Art. 1 Abs. 1 TStG). Insbesondere die Art der Verwendung, die fast identische Optik, die gleiche Handhabung, der gleiche Zweck (Genussbefriedigung) sowie das zur Anpreisung des Produktes verwendete Werbematerial liessen keinen anderen Schluss zu. Daran ändere auch nichts, dass die Filterkartuschen weder Tabak noch Nikotin enthalten. Das Gericht wies ergänzend darauf hin, dass der Zweck der Tabaksteuer nicht in erster Linie die Prävention sei. Vielmehr beabsichtigte der Gesetzgeber mit der Einführung der Tabaksteuer die Mittelbeschaffung für die AHV/IV (vgl. 8. AHV-Revision 1971). Die Gesundheitsschädlichkeit der Produkte sei deshalb für die Erhebung der Tabaksteuer nicht entscheidend. Die Gleichstellung mit anderen, von der Tabaksteuer befreiten Raucherentwöhnungsmitteln wie Nikotinpflaster oder -kaugummis lehnte das Gericht ebenfalls ab. Diese Produkte seien durch Swissmedic zugelassen und es würden spezielle Vorschriften insbesondere bezüglich der Verkaufsstellen gelten. Zudem sei es gerade nicht Ziel dieser Produkte, das Aussehen oder die Handhabung einer Tabakzigarette zu simulieren, weshalb sie nicht mit den E-Zigaretten vergleichbar seien.
Anders entschied das Gericht jedoch die Frage, ob auch SOTA-Abgaben und Abgaben an den Tabakpräventionsfonds (Art. 28 TStG i.V.m. Art. 36 TStV bzw. Art. 38 TStV) geschuldet seien. Im Gegensatz zur allgemeinen Tabaksteuer, bei welcher wie erwähnt der fiskalische Zweck dominiere, seien die weiteren Abgaben nur auf denjenigen Tabakprodukten geschuldet, bei welchen ein direkter Zusammenhang zum Ziel und Zweck der Abgabe bestehe. Zweck der Abgaben sei die Förderung des Inlandtabaks bzw. die Finanzierung von Präventionsmassnahmen. Das Tabaksteuergesetz sowie die Tabaksteuerverordnung sehen die genannten Abgaben explizit nur auf Zigaretten und Feinschnitttabak vor. Es bestehe aufgrund des klaren Wortlauts und des Zwecks der Abgaben kein Grund, die Abgabepflicht auf Ersatzprodukte auszuweiten. Folglich hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde in diesem Punkt gut, im Übrigen wurde sie abgewiesen. Ob das Urteil an das Bundesgericht weitergezogen wird, ist noch nicht bekannt.
Künftige Befreiung von Tabaksteuer
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilte den Sachverhalt nach geltendem Recht und konnte die elektronischen Zigaretten deshalb nicht von der Tabaksteuerpflicht ausnahmen. Eine Befreiung der E-Zigaretten von der Tabaksteuer wird jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft erfolgen. Sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat haben im letzten Jahr eine entsprechende Motion des Solothurner SP-Ständerats Roberto Zanetti angenommen. Darin wird der Bundesrat beauftragt, das Gesetz und die Verordnung dahingehend abzuändern, dass E-Zigaretten und andere Raucherentwöhnungshilfen nicht mehr als Tabakersatzprodukte gelten und deshalb von der Tabaksteuerpflicht ausgenommen sind. Interessierten Importeuren wird empfohlen, die weitere Entwicklung und insbesondere das Gesetzgebungsverfahren zu verfolgen.
UPDATE: Der Bundesrat hat am 21. März 2012 beschlossen, dass E-Zigaretten ab 1. April 2012 nicht mehr der Tabaksteuerpflicht unterliegen (vgl. BR-News vom 26. März 2012).
Weitere Informationen:
- BVGer-Urteil A-3123/2011 vom 17. Januar 2012
- Motion Zanetti (11.3178)
- Merkblatt der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) zur Einfuhr von E-Zigaretten
- Tabaksteuergesetz (TStG)
- Tabaksteuerverordnung (TStV)
- Informationen zur Tabaksteuer (Homepage EZV)
- Informationen zur Tabaksteuer (Auszug t@res)
- Informationen des Bundesamts für Gesundheit zum Thema
- verfassungsrechtliche Grundlage der Tabaksteuer: Art. 131 BV
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann