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Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil festgehalten, dass ein Importeur eine Veranlagungsverfügung nicht mehr anfechten kann, wenn der Zollanmelder im Beschwerdeverfahren gegen diese einen einverlangten Kostenvorschuss nicht geleistet hat und die Beschwerdeinstanz deshalb nicht auf sein Rechsmittel eingetreten ist. Der Entscheid zeigt wieder einmal auf, welche Gefahren das System der Solidarhaftung der Zollschuldner mit sich bringt und wie wichtig der Austausch bzw. die Absprache zwischen den beteiligten Zollschuldnern ist.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hatte folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Im September 2010 meldete ein Zollanmelder Fahrräder und Fahrradzubehör aus den Niederlanden zur Einfuhr in die Schweiz an. Das zuständige Zollamt nahm die Veranlagung antragsgemäss vor und setzte die Abgaben fest. Rund einen Monat später richtete der Anmelder ein Schreiben an das zuständige Zollamt, in welchem er ausführte, die für die Zollbemessung massgebenden Bruttogewichte seien falsch gewesen. Er bat deshalb um Berichtigung der Verzollung und entsprechende Zollrückerstattung. Das Zollamt behandelte das Schreiben als Beschwerde und leitete es zu diesem Zweck an die zuständige Zollkreisdirektion weiter. Diese forderte den Anmelder auf, weitere zweckdienliche Beweismittel einzureichen und setzte ihm dazu eine Frist, welche er unbenutzt verstreichen liess.
Da keine zusätzlichen Beweismittel eingereicht wurden, teilte die Kreisdirektion dem Beschwerdeführer mit, dass die Beschwerde nicht gutgeheissen werden könne und der ablehnende Beschwerdeentscheid kostenpflichtig sei. Sie verlangte deshalb einen Kostenvorschuss, verbunden mit der Androhung, auf die Beschwerde werde unter Kostenauflage nicht eingetreten, sollte der Vorschuss nicht innert der festgesetzten Frist geleistet werden. Nach unbenütztem Verstreichen dieser Frist trat die Kreisdirektion wie angekündigt nicht auf die Beschwerde ein und auferlegte dem Beschwerdeführer eine Spruchgebühr von CHF 200. Gegen diesen Entscheid erhob der Importeur der genannten Waren Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er erklärte, das Versäumnis des Anmelders nachholen zu wollen und beantragte, das Verfahren sei wieder aufzunehmen. Diese Beschwerde wies das BVGer mit Urteil vom 31. Oktober 2011 aus den nachfolgenden Gründen ab.
Als erstes hatte sich das Gericht damit zu befassen, ob der Importeur überhaupt zur Beschwerde legitimiert ist, da nicht er sondern der Anmelder alleiniger Adressat des angefochtenen Entscheids war. Es bejahte diese Frage, da der Importeur als Zollschuldner (Art. 70 Abs. 2 lit. a ZG) solidarisch mit dem Anmelder hafte und deshalb durch die angefochtene Verfügung betroffen ist. Es handle sich bei der Beschwerde deshalb um eine so genannte Drittbeschwerde pro Adressat. Das BVGer stellte anschliessend fest, dass nach Art. 116 Abs. 4 ZG die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG) auf das verwaltungsinterne Beschwerdeverfahren im Zollbereich anwendbar seien. Die Zollkreisdirektion habe deshalb zu Recht einen Kostenvorschuss einverlangt (vgl. Art. 63 Abs. 4 VwVG) und sei berechtigterweise nicht auf das Rechtsmittel eingetreten, nachdem dieser nicht fristgerecht geleistet wurde. Das BVGer stützte deshalb den Nichteintretensentscheid der Vorinstanz und wies die Beschwerde vollumfänglich ab. Ein Nachholen der versäumten Handlung sei unter den gegebenen Umständen nicht möglich, da keine Gründe für eine Fristwiederherstellung vorlägen. Eine materielle Beurteilung (Korrektur des Gewichts, Änderung der Veranlagungsverfügung) nahm das BVGer nicht vor, da nur der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war.
Kommentar
Der Entscheid zeigt, welche Gefahren die Solidarhaftung der Zollschuldner (Art. 70 Abs. 3 ZG) mit sich bringen kann (vgl. zum Thema: BR-News vom 10. September 2010). Versäumt es nämlich ein Zollschuldner, einen einverlangten Kostenvorschuss zu leisten und tritt die Beschwerdeinstanz aus diesem Grund nicht auf ein Rechtsmittel ein, hat dies Auswirkungen auf alle solidarisch mit ihm haftenden Zollschuldner. Die betroffene Veranlagungsverfügung ist in solchen Fällen auch für die anderen Zollschuldner nicht mehr anfechtbar und damit rechtskräftig. Ein Verfahrensversäumnis eines einzelnen Zollschuldners kann also wie gesehen dazu führen, dass eine Verfügung auch durch die anderen Zollschuldner nicht mehr angefochten werden kann. Ein Nachholen eines solchen Verfahrensversäumnisses durch einen anderen Zollschuldner ist gemäss Entscheid des BVGer grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme sei nur dann denkbar, wenn Gründe zur Wiederherstellung einer Frist (Art. 24 VwVG) vorliegen.
Ist eine Veranlagungsverfügung fehlerhaft, ist deshalb immer darauf zu achten, dass eine Beschwerde in Absprache mit allen Zollschuldnern erfolgt und das Vorgehen gemeinsam festgelegt wird. Eine Situation wie diejenige im vorliegenden Fall, in welcher der Importeur wegen eines Verfahrensversäumnisses des Anmelders keine Möglichkeit mehr hatte, die mutmasslich fehlerhafte Veranlagungsverfügung anzufechten, hätte auf diese Weise wohl vermieden werden können.
Weitere Informationen:
- Urteil A-1634/2011 des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2011
- Art. 70 ZG
- BR-News: «Regelung der Zollmelde-, Zollzahlungspflicht und der Solidarhaftung nach dem neuen Zollgesetz«
- weitere Beiträge zum Tätigkeitsschwerpunkt «Zoll»
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann