Connected Vehicles – Welche rechtlichen Herausforderungen kommen auf uns zu?


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Connected Vehicles sind Fahrzeuge, die mit dem Internet verbunden sind und in der Regel miteinander kommunizieren. Die Kommunikation mit anderen Fahrzeugen ist für das autonome Fahren aus Sicherheitsgründen unabdingbar und schon bald werden Connected Vehicles die Strassen beherrschen bzw. unsere Fortbewegung einschneidend verändern. Wie jede technische Neuerung bringen auch Connected Vehicles rechtliche Herausforderungen mit sich. Von der Zuordnung der Haftung, über den Schutz von Daten bis hin zur Sicherstellung von Immaterialgüterrechten, stellen sich in der Praxis viele neue Fragen.

Was sind Connected Vehicles?

Was damit begann, dass Lenker aus ihrem Auto Notrufe absetzen konnten und Autogaragen verriegelte Türen von Autos aus der Ferne öffnen konnten, hat sich rapide weiterentwickelt. Heute lassen sich in Autos YouTube Videos anschauen und Fahrzeuge kommunizieren während der Fahrt mit dem Lenker oder aber mit anderen Fahrzeugen. Connected Vehicles sind in aller Munde. Wie der Name verrät, handelt es sich bei Connected Vehicles um vernetzte Fahrzeuge. Dabei wird unterschieden zwischen Fahrzeug zu Fahrzeug Vernetzung (sog. Vehicle-to-Vehicle; «V2V») und Fahrzeug zu Internet Vernetzung (sog. Vehicle-to-Internet; «V2I»).

Durch das Zusammenspiel von V2V und V2I Vernetzung wird ein Netzwerk geschaffen, in dem Fahrzeuge untereinander und mit Infrastruktur kommunizieren können. Fahrzeuge werden untereinander beispielsweise Fahrzeugdaten wie ihre Position, ihre Geschwindigkeit, ihr Gewicht und ihre Grösse austauschen. Zusätzlich werden sie mit Informationen bezüglich der Infrastruktur versorgt. Dabei ist etwa an Strassenbedingungen, Wetter, Ampeln, Verkehrszustände und ähnliches zu denken. Auch die Bezahlung von Maut oder eine automatische Geschwindigkeitsreduktion in einer Schulzone ist denkbar. Durch die Vernetzung von Fahrzeugen werden zwei übergeordnete Ziele verfolgt. Einerseits die Vermeidung von Unfällen, andererseits die Steigerung der Effizienz des Autofahrens und damit verbunden die Reduktion von Abgasen, also auch der Umweltschutz. Als Nebeneffekt liessen sich auch die Daten von Fahrzeugen sammeln und in ein Smart-City Modell einpflegen. Die Möglichkeiten erscheinen zum jetzigen Zeitpunkt nahezu unbegrenzt.

Autonomes Fahren und Connected Vehicles

Dass das autonome Fahren in Zukunft eine zentrale Rolle in unserer Fortbewegung einnehmen wird, dürfte spätestens seit der Anpassung des Wiener Übereinkommens über den Strassenverkehr klar sein. Mit dieser 2016 in Kraft getretenen Anpassung wurde der Grundstein für die Legalisierung des autonomen Fahrens in grossen Teilen der Welt gelegt. Für autonome Fahrzeuge ist die V2V Kommunikation unentbehrlich, denn erst sie ermöglicht es, dass der Verkehr mit autonomen Fahrzeugen unfallfrei verläuft. Über V2V Kommunikation werden autonome Fahrzeuge nämlich grundlegende Sicherheitsinformationen teilen, wie z.B. die Geschwindigkeit, die Fahrt- und Lenkrichtung sowie den Bremsstatus. Bildlich gesprochen handelt es sich somit gewissermassen um das Seh- und Hörvermögen eines unfehlbaren Fahrers. Wahrscheinlich werden autonome Fahrzeuge deshalb auch von Gesetzes wegen mit V2V Kommunikation ausgestattet werden müssen. Damit sind autonome Fahrzeuge regelmässig Connected Vehicles.

Umgekehrt sind aber nicht alle Connected Vehicles autonome Fahrzeuge. So könnte etwa ein Notbremsassistent in einem nicht autonomen Fahrzeug über V2V Kommunikation Informationen von vorausfahrenden Fahrzeugen erhalten und eine Notbremsung zu veranlassen, bevor deren Notwendigkeit für das menschliche Auge überhaupt erkennbar wäre. Cadillac z.B. baut seit 2017 in ihre Limousinen standardmässig V2V Sicherheitstechnologie ein. Im Bereich der V2I Kommunikation führt Tesla bereits seit 2012 Servicearbeiten an Fahrzeugen über das Internet durch.

Connected Vehicles werden in der Zukunft jedenfalls von grosser Bedeutung sein. Damit wird aber auch klar, dass sich diverse rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Connected Vehicles stellen.

Haftung für Connected Vehicles

Im Bereich der Haftung stellt sich, wie bei allen anderen Produkten, die Frage, wann der Hersteller haftet, wenn das Produkt, hier das Connected Vehicle (insb. die V2V oder V2I Kommunikation), fehlerhaft ist und dadurch einen Schaden verursacht. Für Automobilhersteller ist diese Produkthaftung natürlich nichts Neues. Schon heute haftet ein Hersteller, wenn er einem Auto z.B. fehlerhafte Bremsen einbaut. Connected Vehicles und die damit verbundenen Kommunikationstechnologien bringen aber neue Aspekte mit sich, die nicht immer leicht mit dem klassischen Verständnis von fehlerhaften Fahrzeugen in Einklang gebracht werden können. Insofern muss diesbezüglich eine neue Praxis entwickelt werden.

Damit verbunden ist der Umgang mit Softwarefehlern. Kaum eine Software ist je frei von Fehlern, sog. Bugs. Kurz nach der Einführung einer Software werden regelmässig «Kinderkrankheiten» entdeckt, die durch verschiedene Updates ausgemerzt werden sollen. Auch die Software in Connected Vehicles wird somit nicht zu 100 Prozent fehlerfrei sein . Es kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass ein Connected Vehicle aufgrund eines Bugs z.B. falsche Informationen an ein nachfolgendes Connected Vehicle sendet und daraus ein Auffahrunfall resultiert. Aus Sicht der Automobilhersteller muss somit Klarheit über die zu ergreifenden Vorkehrungen bestehen, damit ein solcher Bug nicht zu einer Haftung führt. Namentlich muss klar sein, welchen Tests eine Software vor ihrer Markteinführung unterzogen werden muss und wie regelmässig Updates gemacht werden müssen.

Ein weiteres haftungsrechtliches Problemfeld ist die Verantwortlichkeit für Fehlentscheidungen einer Software, die nicht durch einen Programmierfehler entstanden sind. Diese Frage, die sich allgemein mit dem Voranschreiten von Software und auch künstlicher Intelligenz stellt, ist nach wie vor ungeklärt. Sie wird nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die Gerichte vor grosse Herausforderungen stellen. Dabei müssen insbesondere die Fragen zur Pflicht des Fahrers bezüglich der Überwachung des Connected Vehicles geklärt werden.

Ein weiteres Thema ist das Hacking eines Connected Vehicles. Obwohl zwar auch ein nicht vernetztes Fahrzeug gehackt werden kann (bspw. durch das Unterbrechen oder Abfangen des Funksignals eines Autoschlüssels), sind Connected Vehicles deutlich anfälliger und die denkbaren Folgen gravierender. Gelingt es etwa einem Hacker, die Kontrolle über ein sich in Fahrt befindliches Auto zu erlangen, kann er gezielt Unfälle verursachen. Für den Automobilhersteller wird in einem solchen Fall der Nachweis entscheidend sein, dass er genügende Sicherheitsmassnahmen, wie z.B. Firewalls, zum Schutz vor unerlaubten Zugriffen implementiert hat. Auch wird er nachweisen müssen, dass er mit regelmässigen Software Updates neu gewonnenen Erkenntnissen, wie Sicherheitslücken, Rechnung getragen hat und dass die umgesetzten Sicherheitsmassnahmen dem Stand der Technik entsprechen.

Da gerade in der Autoindustrie die Wertschöpfungskette stark unterteilt ist, kann die Frage nach der Haftung erheblich erschwert werden. Durch den Einbezug der Vielzahl von Akteuren (z.B. Hersteller, Programmierer, Händler, etc.) kann bei Connected Vehicles nicht ohne Weiteres ermittelt werden, welches das haftungsauslösende Ereignis war und welcher der daran Beteiligten schlussendlich haftet. Darüber hinaus sind auch die vertraglichen Möglichkeiten der einzelnen Akteure zur Minimierung ihres Haftungsrisikos beschränkt. Denn nach Schweizer Recht kann bspw. die Haftung für grobe Fahrlässigkeit oder die Haftung für fehlerhafte Produkte gegenüber dem Geschädigten nicht wegbedungen werden. Umso mehr ist auch die sorgfältige Ausgestaltung der Haftungsregelungen in den einzelnen Verträgen im Rahmen des verbleibenden rechtlichen Spielraums von grosser Bedeutung.

Connected Vehicles und Datenschutz

Damit Connected Vehicles funktionieren, müssen sie Daten erheben, verarbeiten und übermitteln. Es werden Informationen über den Standort des Fahrzeugs, das Fahrverhalten, die Fahrzeiten etc. erhoben. Je personalisierter das Connected Vehicle ist, desto mehr Daten benötigt es. Wird also z.B. der Kalender eines Smartphones mit dem Connected Vehicle synchronisiert, um optimale Routen zu berechnen, lässt sich in Kombination mit den ohnehin bereits erhobenen Daten ein noch aussagekräftigeres Profil generieren. Daran haben selbstredend nicht nur Automobilhersteller ein grosses Interesse.

Weil diese Daten regelmässig einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können, erfolgt eine Bearbeitung von Personendaten. Folglich sind die Vorgaben der Datenschutzgesetzgebung zu beachten. Gerade im Bereich des Infotainments werden die erhobenen Daten nicht für das (autonome) Fahren des Fahrzeugs technisch benötigt, was die datenschutzrechtlichen Anforderungen weiter erhöht.. Dies gilt umso mehr, wenn die Daten nicht nur erhoben und verarbeitet, sondern auch geteilt bzw. weitergegeben werden. Einerseits kann ein zufällig vorbeifahrendes Connected Vehicle mitunter Personendaten von einem anderen Connected Vehicle erhalten. Andererseits können verschiedene Akteure, wie Hersteller, Entwickler, Händler und Infotainment-Anbieter Zugriff auf die Daten haben.

Vor diesem Hintergrund sind beim Einsatz von Connected Vehicles mitunter folgende Fragen zu klären: Wem gehören die verarbeiteten Daten? Wer definiert den Zweck der Datenverarbeitungen? Erfordert die Übertragung von Daten via V2V-Kommunikation eine Einwilligung und falls ja, wie kann diese wirksam eingeholt werden? Muss das empfangende Connected Vehicle Daten wieder löschen und falls ja wann? Dürfen die gewonnenen Daten an Versicherungen oder zu Werbezwecken an andere Dritte übermittelt werden? Wie können unterschiedliche nationale Vorschriften bei einer Reise durch mehrere Länder erfüllt werden?

Die sorgfältige Klärung dieser Fragen ist nicht nur zur Wahrung des Vertrauens der Kunden erforderlich, sondern auch zur Vermeidung der einschneidenden Sanktionen, die bei einer Verletzung des Datenschutzes drohen. Dies gilt namentlich im (weiten) Anwendungsbereich der EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese gilt aufgrund ihrer extraterritorialen Wirkung u. U. auch für Unternehmen mit Sitz ausserhalb der EU (vgl. dazu bspw. MLL-News vom 19.12.2019). Die DSGVO zeichnet sich bei Verstössen gegen ihre Vorschriften durch besonders scharfe Strafen aus, welche vermehrt auch ausgesprochen werden (vgl. dazu MLL-News vom 25.02.2019). Schliesslich sieht aber auch die Totalrevision des Schweizer Datenschutzrechts eine Verschärfung der Sanktionen vor (vgl. dazu MLL-News vom 13.02.2020).

Es führt für Automobilhersteller und andere Akteure in der Wertschöpfungskette eines Connected Vehicle folglich kein Weg daran vorbei, eine umfassende Strategie für den Umgang mit Daten zu entwickeln. Insofern müssen die bestehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben frühzeitig in die Entwicklung von Connected Vehicles einbezogen werden, nicht zuletzt auch um den Prinzipien des Privacy by Design und Privacy by Default Rechnung zu tragen.

Connected Vehicles und Immaterialgüterrechte

In allen Bereichen der Wirtschaft, in denen technische Innovation zentral ist, kann der Patentschutz erstrebenswert sein, um die Vorteile einer Erfindung verwerten zu können. So melden auch immer mehr Automobilhersteller Patente im Zusammenhang mit Connected Vehicles Patente an. Dabei hat sich der Fokus von Patenten auf Hardware, wie er Jahrzehnte lang in der Automobilindustrie typisch war, hin zur Software verschoben. Software ist aber nicht auf der ganzen Welt patentierbar. Für den Patentschutz unter Schweizer Recht, muss eine Software die gleichen Erfordernisse erfüllen, wie jede andere Erfindung. Sie muss neu, erfinderisch und von technischer Natur sein. Jedoch ist im Falle von Connected Vehicles regelmässig nicht nur Schweizer Recht ausschlaggebend. Vielmehr müssen Hersteller eine globale Patentstrategie entwickeln, um ihr geistiges Eigentum effektiv und effizient zu schützen.

Bezüglich der Software ist auch das Urheberrecht von Bedeutung. Das Urheberrecht kann namentlich für den Quellcode (sog. Source Code) und den Maschinencode (sog. Object Code) der Software einen Schutz gewähren. Die technischen Funktionalitäten der Software (z.B. der Algorithmus) sind nach dem Schweizer Verständnis im Normalfall aber nicht durch das Urheberrecht geschützt. Der Schutz der technischen Funktionalität kann, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, allenfalls über ein Patent erfolgen. Wird mit Open-Source-Software gearbeitet, muss sichergestellt werden, dass die Lizenz- und Offenlegungsbedingungen erfüllt werden.

Mit der Entwicklung von Connected Vehicles einher geht auch, dass neben den klassischen Automobilhersteller neue Player in den Markt drängen. Sie bauen sich Patentportfolios auf, um diese dann an Autohersteller zu lizenzieren oder zu verkaufen. Einerseits ist eine hohe Anzahl an eingereichten Patenten sicherlich ein positiver Indikator für einen funktionierenden Wettbewerb und funktionierende Innovation. Auf der anderen Seite birgt das aber auch ein Risiko, in zeit-und kostenintensive Patentverletzungsverfahren einbezogen zu werden. Gerade in den USA ist eine Zunahme an solchen immaterialgüterrechtlichen Verfahren gegen Automobilhersteller zu beobachten. Um mit solchen Risiken umzugehen, muss im jeweiligen Einzelfall aber eine massgeschneiderte Strategie erarbeitet werden, um einerseits den Schutz der eigenen Innovationen sicherzustellen und andererseits immaterialgüter- und prozessrechtliche Risiken zu antizipieren und ggf. zu minimieren.

Fazit und Ausblick

An Connected Vehicles führt in der Zukunft kein Weg vorbei. Der Trend ist eindeutig und kann täglich beobachtet werden. Zu klären sind dabei die vielfältigen rechtlichen Fragen, die dadurch aufgeworfen werden. Im Bereich der Haftung ergeben sich insbesondere Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Software, künstlicher Intelligenz und durch die Vielzahl der im Produktionsprozess involvierten Akteure. Auch der Datenschutz bringt grosse Herausforderungen mit sich. Connected Vehicles ist es inhärent, eine Vielzahl von Daten zu erheben, verarbeiten und übermitteln. Trotz aller Vorteile, die damit einhergehen, dürfen die datenschutzrechtlichen Prinzipien und Schranken nicht vergessen werden. Insbesondere darum, weil es sich vielfach um Personendaten handelt, die nur im Rahmen der geltenden Datenschutzgesetze verarbeitet werden dürfen. Schliesslich führen Connected Vehicles zu Veränderungen, Anpassungen und neuen Herausforderungen für den gesamten Bereich der Immaterialgüterrechte. Dabei spielt die Patentierbarkeit von Software und, damit zusammenhängend, der Vielzahl neuer Akteure im Markt eine besonders grosse Herausforderung. Gerade dieser rasanten technischen Entwicklung können die Gesetze im vergleichsweise eher trägen Anpassungsprozess kaum standhalten. Umso wichtiger ist daher sorgfältige Analyse und Klärung der zahlreichen Rechtsfragen.

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