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Crowdfunding als Mittel zur Kapitalbeschaffung ist beliebt. Der Markt wächst im zweistelligen Bereich. Crowdfunding stellt für viele Schweizer Startups und KMU eine echte Alternative zum klassischen Finanzierungsangebot der Banken dar. Im Folgenden wollen wir kurz darstellen, welche Arten von Crowdfunding es gibt und welche regulatorischen Rahmenbedingungen für das Crowdfunding gelten.
Was ist Crowdfunding und welche Formen gibt es?
„Crowdfunding“ bezeichnet das Sammeln von Geld von einer Vielzahl von Kapitalgebern zur Realisierung von Projekten beliebiger Art. Ein einzelner Geldgeber investiert dabei oft nur einen kleinen Betrag. Die Kommunikation über das jeweilige Projekt und die Geldvermittlung werden in der Regel über Online-Plattformen abgewickelt.
Die Studie „Crowdfunding Monitoring Schweiz 2015“ der Fachhochschule Luzern beziffert das Investitionsvolumen, das im Jahre 2014 durch Crowdfunding getätigt wurde, auf 15.8 Millionen Franken. Dies entspricht einem Wachstum von 36% gegenüber dem Vorjahr (11.6 Millionen Franken). Das Unterscheidungsmerkmal für die einzelnen Kategorien des Crowdfundings ist jeweils die Gegenleistung, welche der Geldgeber für seine Investition erhält:
- Crowddonating: Hier wird das Geld gespendet oder geschenkt. Der Geldgeber erhält keine Gegenleistung.
- Crowdlending: Mit dieser Form von Crowdfunding werden Darlehen vermittelt. Der Darlehensgeber (Kapitalgeber) erhält eine Rendite.
- Crowdinvesting: Die Investoren erhalten eine Beteiligung an der Unternehmung (Stammanteile oder Aktien der Gesellschaft).
- Crowdsupporting: Die Kapitalgeber erhalten eine einmalige Gegenleistung (ein Konzertticket, ein Album, etc.).
Bei einer Crowdfunding-Finanzierung gibt es typischerweise drei Beteiligte: die Plattform, den Kapitalgeber (Projektfinanzierer) und den Geldnehmer (Projektentwickler). Als gemeinsames Merkmal der genannten Crowdfunding-Kategorien wird der Kredit direkt vom Investor an den Kreditnehmer gewährt, d.h. es findet keine Finanzbeteiligung von Banken statt. Zwar bieten einzelne Banken Dienstleistungen im Zusammenhang mit Crowdfunding an, doch handelt es sich hier nicht um den klassischen Bankkredit, sondern um das Zurverfügungstellung von Plattformen/Marktplätzen, die das Zusammenführen von Geldgebern und Geldnehmern bezwecken.
Regulatorische Rahmenbedingungen
In der Schweiz gibt es keine Gesetzgebung, die sich explizit mit Crowdfunding befasst. Der Bundesrat hat es anfangs Jahr abgelehnt, spezielle Rahmenbedingungen für das Crowdfunding auszuarbeiten (Stellungnahme des Bundesrates vom 6. März 2015 auf die Motion Fathi). Der Bundesrat erachtet die gegebenen und die sich in Erarbeitung befindenden gesetzlichen Grundlagen zur Ausübung einer Crowdfunding-Tätigkeit in der Schweiz gegenwärtig als ausreichend.
Je nach Art und Ausgestaltung des Crowdfunding ergibt sich der regulatorische Rahmen aus der bestehenden Finanzmarktgesetzgebung, insbesondere dem Bankengesetz, Geldwäschereigesetz, Börsengesetz oder das Kollektivanlagengesetz. Ja nach Geschäftsmodell und Ausgestaltung der Crowdfunding-Plattform ist eine Bewilligung der FINMA notwendig.
1. Bankengesetz
Eine gründliche Prüfung des Crowdfunding- Geschäftsmodells empfiehlt sich insbesondere im Hinblick auf das Bankengesetz (BankG). Es dürfte sich regelmässig die Frage stellen, ob Betreiber von Crowdfunding-Plattformen oder auch Projektentwickler (Geldnehmer) Publikumseinlagen im Sinne des BankG entgegennehmen.
Der sachliche Geltungsbereich des BankG erstreckt sich auf die gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen. Diese Aktivität ist ausschliesslich Banken vorbehalten. Die Bankenverordnung (BankV) konkretisiert den Geltungsbereich dahingehend, dass ein Unternehmen hauptsächlich im Finanzbereich tätig sein muss, um als Bank zu gelten. Ausserdem gilt gemäss der BankV bereits das öffentliche Empfehlen einer Unternehmung als Entgegennahme von Publikumseinlagen.
Gewerbsmässig handelt ein Unternehmen, wenn es dauernd mehr als 20 Publikumseinlagen entgegennimmt (Art. 6 BankV). Nicht relevant ist dabei, ob weniger Einlagen daraus resultieren. In der Praxis bewerben die Plattformen die Projekte online und deswegen dürfte das Element der Gewerbsmässigkeit stets zu bejahen sein. Weiter muss geprüft werden, ob überhaupt Publikumseinlagen vorliegen. So lägen z.B. keine Einlagen vor, wenn die von den Plattformen entgegengenommenen Gelder, mit dem Ziel, sie an die Unternehmen weiterzuleiten, als Anleihen qualifiziert werden. Gemäss Art. 5 Abs. 3 lit. b BankV gelten Anleihensobligationen nämlich nicht als Publikumseinlagen, wenn die Gläubiger in einem dem Art. 1156 OR (Prospektpflicht) entsprechenden Umfang informiert werden und wenn auf die Habensoldi auf Kundenkonten, die lediglich der Abwicklung von Kundengeschäften dienen, kein Zins bezahlt wird (Art. 5 Abs. 3 lit. c BankV). Solche Ausnahmen sind bei verschiedenen Crowdfunding-Plattformen denkbar wie z.B. bei Crowdinvesting.
Die FINMA stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Publikumseinlage vorliegt und keine Ausnahme Anwendung findet, wenn z.B. ein Plattformbetreiber die Gelder nicht bloss zur kurzfristigen Weiterleitung entgegennehmen. Dies bedeutet, dass eine Bankbewilligung erforderlich wäre, wenn der Betreiber einer Crowdfunding-Plattform die Gelder für einige Zeit auf seinen Konten hält, um beispielsweise das Vorhandensein der Gelder bei Ablauf der Sammelfrist zu gewährleisten.
Welche Gesetzbestimmungen auf den Projektentwickler (Geldnehmer) anwendbar sind, hängt primär von der Gegenleistung ab, welche dem Geldnehmer angeboten wird. Als problematisch erweist sich hier das Crowdlending (die Gewährung einer Risikorendite). Gemäss FINMA sind Geldnehmer, die gewerbsmässig Gelder von Investoren auf eigene Rechnung annehmen, grundsätzlich bankenbewilligungspflichtig (Art. 5 ff. BankV).
2. Geldwäschereigesetz
Der Betrieb von Crowdfunding-Plattformen, bei denen Gelder direkt von den Geldgebern an die Geldnehmer fliessen, unterliegt grundsätzlich keiner finanzmarktrechtlichen Bewilligungspflicht. Dies gilt auch, wenn die Mittel über einen von den Projektentwicklern, dem Plattformbetreiber sowie den Projektfinanzierern unabhängigen Dritten fliessen.
Fliessen die Gelder über Konten des Plattformbetreibers, untersteht diese Tätigkeit in der Regel dem Geldwäschereigesetz (GwG), da der Plattformbetreiber eine bewilligungspflichtige Dienstleistung im Bereich des Zahlungsverkehrs erbringt. Benötigt der Plattformbetreiber nicht ohnehin eine Bankenbewilligung (s. unten), muss er daher vor der Aufnahme seiner Tätigkeit entweder bei der FINMA eine Bewilligung als direkt unterstellter Finanzintermediär (DUFI) beantragen oder sich einer Selbstregulierungsorganisation (SRO) anschliessen, die von der FINMA anerkannt ist.
Ein GwG-unterstellter Plattformbetreiber hat die Sorgfalts- und Meldepflichten des GwG einzuhalten. So z.B. die Identitätsprüfung der Vertragspartner durchzuführen und zu dokumentieren. Verdächtigt die Plattform einen Vertragspartner der Geldwäscherei, so muss sie eine Meldung erstatten. Der Aufwand, sich von einer SRO überwachen zu lassen, ist zwar mit Kosten verbunden, hindert aber die Marktentwicklung nicht.
3. Börsengesetz und Kollektivanlagengesetz
Das Börsengesetz (BEHG) unterstellt die Tätigkeit von Effektenhändlern der Bewilligung durch die FINMA. Damit eine Tätigkeit als eine solche qualifiziert werden kann, müsste eine Plattform selbst Aktien und Anleihensobligationen der Kapitalnehmer übernehmen und diese dann an den Kapitalgeber übertragen.
Kollektive Kapitalanlagen sind Vermögen, die von Anlegern zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage aufgebracht und für deren Rechnung verwaltet werden. Das Kollektivanlagengesetz käme zur Anwendung, wenn eine Crowdfundingplattform die Gelder gemeinschaftlich verwaltet. Darüber hinaus könnte die Anwendung des KAG relevant werden, wenn die Crowdfundingplattform Kapitalgeber akzeptiert, welche als kollektive Kapitalanlage qualifiziert werden können. Diese Tätigkeit könnte als Vertrieb angesehen werden, mit der Folge einer Bewilligungspflicht für Crowdfunding-Plattformen.
4. Revision der Finanzmarktgesetze: Finanzdienstleistungsgesetz und Crowdfunding
Die Anwendbarkeit der Bankengesetzgebung auf Crowdfunding-Plattformen und Projektleiter stellt eine sehr hohe regulatorische Hürde dar. Eine eigenständige Regulierung wurde, wie eingangs erwähnt, vom Bundesrat abgelehnt. Eine Prüfung resp. ein gesetzgeberischer Entscheid, ob Crowdfunding-Projekten im Rahmen der laufenden Revision der Finanzmarktgesetzgebung Rechnung getragen werden kann, ist u.E. notwendig.
Die Vernehmlassung zum FIDLEG (Finanzdienstleistungsgesetz) endete im Oktober 2014. Ende 2015 soll die Botschaft dazu erscheinen. Das FIDLEG beinhaltet die Verhaltensregeln und sonstigen Bestimmungen betreffend das Verhältnis zwischen Finanzdienstleister und Kunden. Die Revision kann somit als Chance betrachtet werden, die Regulierung von Crowdfunding an die aktuellen Bedürfnisse des Markts anzupassen. D.h. Crowdfunding-Beteiligten könnte somit ein gewünschtes Mass an Rechtssicherheit geboten werden.
Der Entwurf des FIDLEG regelt neu die Prospektpflicht (die heute im OR geregelt ist) von Finanzdienstleistern, wozu grundsätzlich auch Betreiber von Crowdfunding-Plattformen gehören. So sieht Art. 38 Abs. 1 lit. b E–FIDLEG vor, dass bei einem öffentlichen Angebot an weniger als 150 Kunden keine Prospektpflicht besteht. Ob diese Bestimmung Auswirkungen auf das Verbot der Entgegennahme von Publikumseinlagen hat und sich die Schwelle der Gewerbsmässigkeit auf 150 Kunden erhöht (statt 20 wie heute, s. oben), ist noch offen. Die Bestimmung würde aber Hand dazu bieten. Weiter würde auch die Prospektpflicht für Unternehmen mit geringerem Kapitalbedarf beseitigt, (für Emissionen innert 12 Monaten unter CHF 100‘000.-; Art. 38 Abs. 1 lit. e E-FIDLEG). Dies könnte als De-Minimis Ausnahme gelten, d.h. entsprechend keine verbotene Entgegennahme von Publikumseinlagen vorliegt, wenn eine bestimmte Gesamtsumme nicht erreicht wird. Eine solche Regel käme sämtlichen Formen von Crowdfunding zu gute.
Fazit
Crowdfunding ist vielleicht die Antwort auf die Finanzierungsnachfrage von Start-Ups oder kleineren Unternehmen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, um Bankkredite zu erhalten. Die Entwicklung von Crowdfunding hängt aber nicht nur von den Finanzierungsbedürfnissen der Unternehmen und Kapitalgebern ab, sondern auch von den regulatorischen Rahmenbedingungen.
Da Crowdfunding-Geschäftsmodelle sehr unterschiedlich sein können, muss jedes individuell auf eine allfällige Bewilligungspflicht abgeklärt werden. Je nach Ausgestaltung des Crowdfundings ist allenfalls eine FINMA-Bewilligung notwendig. Es lohnt sich deshalb, das Geschäftsmodell frühzeitig zu analysieren.
Weitere Informationen:
- Bankengesetz (BankG)
- Bankverordnung (BankV)
- Geldwäschereigesetz (GwG)
- Kollektivanlagengesetz (KAG)
- Börsengesetz (BEHG)
- Faktenblatt Crowdfunding FINMA – Dezember 2014
- Crowdfunding Monitoring 2015 – Studie zum Schweizer Crowdfunding Markt – Hochschule Luzern
- 4300 – Motion Crowdfunding fördern und das Investieren in KMU vereinfachen
- SECO, Studie zur Finanzierung der KMU in der Schweiz – Januar 2013
- Jana Essebier / Rolf Auf der Maur, Fidleg als Chance für die Schweiz als Crowdfunding-Standort, in: Jusletter 28. September 2015