Das Schweizer Recht der kollektiven Kapitalanlagen – eine Übersicht der aktuellen Entwicklungen


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Seit nun gut einem Jahr ist die umfassende, breit diskutierte Revision des Kollektivanlagegesetzes (KAG) in Kraft. Was ist seither geschehen und was für Herausforderungen kommen in der nahen Zukunft auf die Fondsindustrie zu? Aufgrund der Einführung der „Richtlinie 2011/61/EU über die Verwaltung alternativer Investmentfonds“ (AIFM-Richtlinie) durch die EU-Mitgliedstaaten per 22. Juli 2013 konnten in der EU ansässige Vermögensverwalter Anlagefonds nur noch in diejenigen nicht-EU Länder vertreiben, welche einer gleichwertigen Aufsicht unterstanden. Um eine den EU-Regularien gleichwertige Aufsicht zu gewährleisten, war es für die schweizerische Fondsindustrie dementsprechend wichtig, dass die Bestimmungen der AIFM-Richtlinie (sowie diejenigen der «Richtlinie 2009/65/EC zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren» (OGAW-Richtlinie)) in das Schweizer Recht übernommen werden und mögliche Hindernisse für Schweizer Unternehmen, welche auf dem EU-Finanzmarkt tätig sind, beseitigt werden. Um dies zu gewährleisten, trat am 1. März 2013 eine umfassende Revision der schweizerischen Kollektivanlagegesetzgebung in Kraft, welche namentlich neue Anforderungen an die Verwaltung, die Aufbewahrung und den Vertrieb von kollektiven Kapitalanlagen statuierte. Das Ziel dieser Revision war insbesondere die Verbesserung der Anlegerrechte sowie die Erhaltung der Qualität und Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Fondsindustrie.

Die Revision erweiterte die Verhaltenspflichten der Bewilligungsträger und Dritter, welche vom Anwendungsbereich des KAG erfasst sind. Der Kern der Revision war die neue Definition des „Vertriebes“. Die „öffentliche Werbung“ ist seither entsprechend nicht mehr das entscheidende Kriterium für die Unterstellung einer Tätigkeit unter das KAG. Vielmehr gilt neu jedes Anbieten und Werben für kollektive Kapitalanlagen, das sich nicht ausschliesslich an bestimmte qualifizierte Anleger richtet, als Vertrieb, welcher der Genehmigung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) bedarf. Obwohl bestimmte Ausnahmen für Personen zur Anwendung kommen, welche ausländische kollektive Kapitalanlagen an qualifizierte Anleger vertreiben (als qualifizierte Anleger im Sinne des KAG gelten unter anderem bestimmte beaufsichtigte Finanzintermediäre, beaufsichtigte Versicherungseinrichtungen, öffentlich-rechtliche Körperschaften und Vorsorgeeinrichtungen mit professioneller Tresorerie sowie vermögende Privatpersonen, welche schriftlich erklären, dass sie als qualifizierte Anleger gelten wollen), wurde mit der Revision durch die Implementierung bestimmter Pflichten für die Vertriebsträger der Anwendungsbereich des KAG ausgeweitet.

Durch die Revision des KAG wurden überdies die Bewilligungsvoraussetzungen für Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen neu statuiert. Ausnahmen kommen für Vermögensverwalter mit ausschliesslich qualifizierten Anlegern zur Anwendung. Das revidierte KAG enthält eine de minimis Schwelle, welche vorsieht, dass diejenigen Vermögensverwalter dem KAG nicht unterstellt sind, die (i) Vermögenswerte von höchstens CHF 100 Mio. verwalten, (ii) Vermögenswerte verwalten, (a) welche aus nicht hebelfinanzierten kollektiven Kapitalanlagen bestehen, (b) bei welchen für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Tätigung der ersten Anlage keine Rücknahmerechte bestehen und (c) höchstens CHF 500 Mio. betragen oder (iii) wenn die Anleger ausschliesslich Konzerngesellschaften der Unternehmensgruppe sind, zu welcher der Vermögensverwalter selbst gehört.

Des Weiteren wurden per 1. Januar 2014 neue Informations- und Aufzeichnungspflichten der Fondsleitung eingeführt. Namentlich müssen alle KAG-Bewilligungsträger (sowie allfällige von diesen Beauftragte) die Anleger über sämtliche verwalteten, hinterlegten und vertrieben kollektiven Kapitalanlagen sowie über sämtliche damit zusammenhängenden direkten und indirekten Kosten und deren spezifischen Zweck informieren. Die Fondsleitung und die Depotbank sind dafür verantwortlich, dass sämtliche ihrer Vertriebs- und Marketingaktivitäten schriftlich aufgezeichnet werden. Diese Aufzeichnungen müssen, (i) die Bedürfnisse des Anlegers, (ii) die Antworten der Fondsleitung oder der Depotbank auf allfällige Fragen des Anlegers und (iii) die Gründe, weshalb für einen Anleger in ein bestimmtes Anlageprodukt investiert wurde, aufführen.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass auch wenn die Revision des KAG für die involvierten Parteien allenfalls zu grösserem administrativen Aufwand und höheren Kosten geführt hat, wir die Revision als wichtigen Schritt zur Angleichung des schweizerischen Kollektivanlagerechts an internationale Standards zur Sicherstellung des Zuganges der Schweizer Fondsindustrie auf den EU-Markt erachten. Um die Position der Schweiz als attraktiver Standort für internationale Finanzmarktgeschäfte zu erhalten, muss die schweizerische Gesetzgebung über die kollektiven Kapitalanlagen auch künftig möglichst im Gleichschritt mit internationalen Standards fortschreiten. Konkret müssen die Aufsichtsbehörden und anerkannten Selbstregulierungsorganisationen die Entwicklungen in der EU-Fondsindustrie überwachen und die Schweizer Gesetzgebung muss die Entwicklungen in der EU-Gesetzgebung adaptieren. Dies gilt beispielsweise für die «EU-Richtlinie 2004/39/EC über Märkte für Finanzinstrumente», von welcher die EU-Kommission soeben einen neuen Entwurf ausfertigte (MiFID II).

Vor kurzem hat die FINMA die Anhörung (welche noch bis zum 19. Mai 2014 dauert) zur Revision der Kollektivanlagenverordnung-FINMA (KKV-FINMA) eröffnet, durch welche einige Bestimmungen der KAG-Revision vom 1. März 2013 auf Stufe Verordnung noch spezifischer umgesetzt und abschliessend geregelt werden sollen. Die Revision der KKV-FINMA bezweckt im Sinne einer besseren Benutzerfreundlichkeit eine Modernisierung und Vereinfachung der Regulierung durch einen verstärkten Anlegerschutz, der Aufrechterhaltung des Marktzuganges in Anbetracht von nationalen – und internationalen Gesetzesentwicklungen sowie die Verpflichtung der Bewilligungsträger zur Implementierung eines angemessenen Risikomanagements. Unter anderem sieht die Revision folgende Änderungen vor:

  • Die Bestimmungen betreffend die Delegation von Aufgaben der Fondsleitung an Dritte werden prinzipienbasiert in die KKV-FINMA aufgenommen. Grundsätzlich soll die bisherige Praxis aufrechterhalten bleiben, wobei in bestimmten Punkten eine flexiblere Handhabung der Delegation von Aufgaben unter Beachtung der allgemeinen Bestimmungen des Gesellschafts- und Kollektivanlagerechts ermöglicht werden soll. Gleichzeitig werden Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen und Vertreter ausländischer kollektiven Kapitalanlagen miteinbezogen. Diese neuen Bestimmungen ersetzen das FINMA-Rundschreiben 2008/37 „Delegation durch Fondsleitung / SICAV».
  • Die Risikomessmodelle für Derivate müssen künftig anhand der Berechnung des Marktwertes des jeweiligen Basiswertes des Derivates (Basiswertäquivalent) erfolgen.
  • Um die Risiken aus der Verwaltung von Sicherheiten zu minimieren, statuiert die KKV-FINMA Anforderungen an die Verwaltung und Verwahrung von Sicherheiten, welche sämtliche Anlagetechniken und Geschäfte mit OTC-Derivate erfasst. Sicherheiten müssen demnach hoch liquide sein, börsentäglich bewertet und von einem Emittenten mit hoher Bonität ausgegeben werden, der von der Gegenpartei unabhängig ist.
  • Die neuen Bestimmungen sehen die Möglichkeit zur Errichtung von Master-Feeder-Strukturen ausdrücklich vor.
  • Depotbanken haben interne Richtlinien zur Kontrolle der Fondsleitung oder der SICAV einzuführen.
  •  Die KKV-FINMA legt die Einzelheiten zur Berechnung der de minimis Schwelle fest, welche massgebend ist, ob ein Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen (welcher nur an qualifizierte Anleger vertreibt) in den Anwendungsbereich des KAG fällt (siehe oben).
  • Die neuen Rechnungslegungsbestimmungen des Obligationenrechts betreffend Buchführung, Bewertung, Rechenschaftsablage und Publikationspflicht sind entsprechend in der KKV-FINMA reflektiert.

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