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Das deutsche Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) will mit einem neuen Gesetz missbräuchliche Abmahnungen eindämmen, die nur zur Gebührenerzielung ausgesprochen werden. Unseriösen Vereinen und bestimmten Anwälten soll damit das Handwerk gelegt werden. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat ferner bereits zum geltendem Recht entschieden, dass die Geltendmachung von unberechtigten Abmahnkosten Betrug und damit strafbar für Anwalt und Abmahner ist.
Gesetzentwurf gegen DSGVO-Abmahnungen
Abmahnungen dienen grundsätzlich der schnellen und kostengünstigen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, um somit teure und unter Umständen langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden zu können. Allerdings sollen Abmahnungen gemäss BMJV im Interesse eines rechtstreuen Wettbewerbs und nicht zur Generierung von Gebühren und Vertragsstrafen erfolgen.
Nach Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO; vgl. dazu u.a. MLL-News vom 30.7.17) hatten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sowie gemeinnützige Organisationen, Vereine und Selbstständige eine Abmahnwelle befürchtet. Zwar sind tatsächlich erste Abmahnungen wegen fehlenden Datenschutzerklärungen sowie die Verwendung von persistenten Cookies und Tracking ohne Einwilligung bekannt geworden. Die grosse Abmahnwelle ist bisher jedoch ausgeblieben. Damit diese Problematik gar nicht erst aufkeimt, wurde vom BMJV ein Gesetzesentwurf vorgelegt, welcher sich zurzeit in der Ressortabstimmung befindet. Die Eckpfeiler des neuen Gesetzesentwurfs werden nachfolgend kurz dargestellt.
Keine wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Zunächst soll § 3a UWG angepasst werden. Gemäss der aktuellen Bestimmung handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoss geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung und ihrer Durchführung dienende Regelungen sollen neu explizit nicht mehr unter diese Bestimmung fallen. Folglich wären Verstösse gegen die DSGVO künftig nicht mehr abmahnbar.
Formelle Verstösse von Regelung für Verbände ausgenommen
Auch § 2 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) soll angepasst werden: Bloss formelle Verstösse gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten sollen nicht bereits zivilrechtliche Verbändeansprüche begründen können. Das würde bedeuten, dass eine Datenschutzerklärung, die zwar inhaltlich richtig aber formell nicht ganz korrekt ist, nicht von Verbänden angreifbar wäre. Auf diese Weise soll die Praxis von Verbänden unterbunden werden, welche das Internet systematisch nach formfehlerhaften Datenschutzerklärungen durchsuchten, um diese dann abzumahnen.
Kein Aufwendungsersatz mehr bei Minimalverstössen
Bei Minimalverstössen soll es keinen Aufwendungsersatz mehr geben. Das BMJV liefert sogleich einige Beispiele für unerhebliche Verstösse: Unerheblich sei z.B. die blosse Abkürzung des Vornamens im Impressum einer Internetseite, die Verwendung der Angabe «Zwei Wochen» statt «14 Tage» in der Widerrufsbelehrung, eine fehlende Platzierung eines Links zur Europäischen Plattform zur Online-Streitbeilegung oder ein fehlender Hinweis auf diese auf der Webseite eines Online-Händlers.
Überdies sollen Abgemahnte künftig vor der Forderung zu hoher Vertragsstrafen geschützt werden. Diese sollen eine Höhe von 1.000 Euro nicht überschreiten dürfen. Durch die Deckelung des Streitwertes in dieser Höhe dürfte sich der finanzielle Anreiz für bestimmte Anwälte in Grenzen halten, die sich auf dem Gebiet wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen ein lukratives Geschäft erhoffen.
Höhere Anforderungen an die Klagebefugnis
Sodann sind im Gesetzesentwurf höhere Anforderungen an die Klagebefugnis vorgesehen. Zum einen soll die Anspruchsberechtigung des mahnenden Mitbewerbers davon abhängig gemacht werden, dass dieser in nicht unerheblichem Masse ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder nachfragt. Zum anderen sollen nur besonders qualifizierte Verbände abmahnen dürfen. Wirtschaftsverbände sollen nur dann anspruchsberechtigt sein, wenn sie auf einer Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind.
Rechtsprechung: Geltendmachung von unberechtigten Abmahnkosten ist strafbar
Nicht nur vom deutschen Gesetzgeber, sondern auch aus der Rechtsprechung bläst den missbräuchlichen Abmahnungen ein eisiger Wind entgegen. Der deutsche Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Geltendmachung von unberechtigten Abmahnkosten Betrug und damit strafbar für Anwalt und Abmahner ist (BGH, Urteil vom 8.2.2017, 1 StR 483/16). Hauptangeklagter in dem Verfahren war ein Rechtsanwalt, der in Absprache mit dem Mitangeklagten, der einen Online-Shop für Sportartikel betreibt, mehrere hundert Abmahnungen an eBay-Verkäufer gesendet und so einen Schaden von fast 30‘000 € bei den Abgemahnten angerichtet hatte.
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