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Gastautor: Dr. Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin
In einem Streit unter Online-Autohändlern hat der BGH in einem heute veröffentlichten Urteil entschieden, dass es unlauter ist, auf www.mobile.de Gebrauchtwagen anzubieten und dabei Preise anzugeben, die die Umsatzsteuer nicht enthalten. Dies gelte auch dann, wenn der werbende Händler die Autos lediglich an Wiederverkäufer verkaufen möchte.
Das Urteil des BGH zeigt einerseits erneut die Bedeutung der Preisangabenverordnung (PAngV) und macht andererseits deutlich, dass sich eine Selbstbeschränkung auf den B2B-Geschäftsverkehr deutlich aus der Werbung ergeben muss (BGH vom 29.4.2010, Az. I ZR 99/08 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer).
Vorsprung durch Rechtsbruch nur bei Verstoß gegen Europarecht
Zunächst hält der BGH erneut fest, dass ein Vorsprung durch Rechtsbruch nach § 4 Nr. 11 UWG nur noch in Betracht kommt, wenn die Rechtsnorm, gegen die verstoßen wird, auf europäischem Recht beruht. Dies ist jedenfalls für die Pflicht, in der Werbung gegenüber Verbrauchern die Endpreise für ein bestimmtes Produkt unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar als Verkaufspreis anzugeben, der Fall. Auch nach der Preisangabe-Richtlinie der EU muss der angegebene Preis die Umsatzsteuer einschließen.
Wettbewerbsverhältnis auch auf unterschiedlichen Marktstufen
Klargestellt hat der BGH auch, dass es für das im Rahmen des UWG notwendige Wettbewerbsverhältnis ausreicht, wenn beide Parteien auf der Internetplattform mobile.de gebrauchte Kraftfahrzeuge zum Verkauf anbieten. Unerheblich sei dabei, dass einer der Händler vorgetragen hatte, dass er nur an gewerbliche Händler verkauft. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis setzt nicht voraus, dass die Parteien auf der gleichen Vertriebsstufe tätig sind. Nur wenn eine wechselseitige Behinderung im Absatz der Waren und eine Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen von vornherein ausgeschlossen sind, fehlt es an einem Wettbewerbsverhältnis.
Eine Beschränkung auf den B2B-Handel muss deutlich sein
Unstreitig war, dass der Beklagte Preise ohne die anfallende Umsatzsteuer angegeben hatte. Dies ist ein klarer Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV. Die Preisangabenverordnung gilt jedoch nur für die Werbung gegenüber Letztverbrauchern. Der Händler hatte hier vorgetragen, dass er die Autos lediglich an gewerbliche Kunden veräußern würde. Zu diesem Zweck hatte er – wenn auch nur im Fließtext der Anzeige – angegeben: «Preis Export-FCA» oder „Preis-Händler-FCA». Dies hat der BGH zur Abgrenzung nicht genügen lassen. Ein Händler, der im öffentlich zugänglichen Bereich eines Internetportals Angebote einstelle, die nur für Wiederverkäufer gelten sollen, müsse einen deutlich hervorgehobenen und klar verständlichen Hinweis auf die Beschränkung anbringen. Als Beispiel führt der BGH selbst an: „Verkauf nur an Händler».
Dass der Beklagte tatsächlich nur an Wiederverkäufer veräußert, half ihm in dem konkreten Streitfall nichts. Entscheidend sei, dass sich die Werbung sowohl an gewerbliche als auch private Kunden wende. In einem solchen Fall ist die Preisangabenverordnung einschlägig. Der Händler können nur durch klare Hinweise, dass er an Letztverbraucher nicht verkaufe, den Eindruck ausräumen, er würde seine Waren gegenüber jedermann anbieten.
Irreführung auch ohne Kauf
Schließlich bejaht der BGH auch eine Irreführung. Zwar komme es nicht zu einem Kauf durch Letztverbraucher, weil der Beklagte an Letztverbraucher eben nicht veräußere. Jedoch muss sich unlautere Werbung nicht zwingend in einem Umsatzgeschäft des werbenden niederschlagen. Diese könne sich auch daraus ergeben, dass die irreführende Werbung geeignet sei, die Mitbewerber zu beeinträchtigen. Dies sei hier der Fall, weil die Angebote der Mitbewerber teurer erscheinen.
Wer B2C ausschließen will, muss das deutlich tun
Das Urteil des BGH gibt Anlass darauf hinzuweisen, dass wer nur an gewerbliche Kunden verkaufen will, dies in geeigneter Weise deutlich machen muss. Versteckte Hinweise genügen hierfür nicht. Wer den Verbraucherschutzvorschriften (neben der Preisangabenverordnung gilt auf das Fernabsatzrecht) entgehen möchte, muss zum einen deutlich machen, dass er ausschließlich an gewerbliche Kunden verkauft. Zum anderen muss sich der Händler an diese Selbstbeschränkung auch halten. Falls im Einzelfall Zweifel an der Unternehmereigenschaft eines Kunden aufkommen, kann der Händler sogar gehalten sein, Kontrollmaßnahmen durchzuführen.
Lukas Bühlmann: Entscheidung relevant für Schweizer Online-Shops
Dieses aktuelle Urteil aus Deutschland dürfte wiederum ebenso für zahlreiche Schweizer Anbieter relevant sein – dies zumindest immer dann, wenn Schweizer Online-Shops auch Abnehmer in Deutschland und dabei jedoch ausschliesslich gewerbliche Kunden bedienen wollen. Wann Schweizer Online-Shops deutsches Recht beachten müssen und was dies konkret bedeutet, können Sie einem von Lukas Bühlmann zusammen mit Dr. Martin Schirmbacher verfassten Leitfaden zur Preiswerbung entnehmen, der diese Aspekte auch in einem Cross-Border-Kontext zusammenfasst. Diesen können Sie hier abrufen.
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann