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In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass ein Journalist, der fremde Fotos mittels eines Frames als Embedded Content in einen Blogbeitrag eingebunden hatte, nach deutschem Urheberrecht gegen die Rechte des Urhebers der Fotos verstossen hat. Der Fall von Embedded Content ist dem Gericht zufolge nicht mit dem urheberrechtlich unproblematischen Setzen eines einfachen Hyperlinks vergleichbar, weil dabei das geschützte Werk durch den Dritten öffentlich zum Abruf bereitgehalten werde.
Ausgangssachverhalt
Gemäss Sachverhalt hat ein Journalist zwei Fotografien, die der Urheber auf einer Website veröffentlicht hat, als sog. Embedded Content in einen Blogbeitrag eingebunden. Nach der Umschreibung des Oberlandgerichts (OLG) Düsseldorf hat der Journalist die Fotos auf der Website des Blogs in der Weise verlinkt, dass diese darauf vollständig abgebildet waren, ohne vorher auf dem Server der Blogbetreiberin zwischengespeichert zu sein. Die Vorinstanz war der Ansicht, dass die Eröffnung des Zugriffs auf die beiden Fotografien mittels eines „Frames“ wie das Setzen eines Hyperlinks zu behandeln sei, welches kein öffentliches Zugänglichmachen und somit keine Urheberrechtsverletzung darstelle. In der Folge hat der Urheber das Urteil mit Berufung beim OLG Düsseldorf angefochten.
Urteil des OLG Düsseldorf
Im Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.11.2011 (I-20 U 42/11) wird in einem ersten Schritt offengelassen, ob die betroffenen Fotos Werke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 des deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) darstellen. Gemäss OLG sei dies grundsätzlich nur bei besonders kreativen Fotos der Fall. Angesprochen wird damit das Erfordernis einer gewissen „Gestaltungshöhe“ bzw. Individualität, welches grundsätzlich für den urheberrechtlichen Schutz erforderlich ist. Im deutschen Urheberrecht besteht jedoch auch für sog. Lichtbilder ein Schutz nach § 72 UrhG, an welchen allerdings nur sehr tiefe Anforderungen gestellt werden. Das OLG hält denn auch ohne weitere Ausführungen fest, dass die Fotos jedenfalls als Lichtbilder gemäss § 72 UrhG geschützt seien.
In einem nächsten Schritt widerspricht das OLG der Auffassung der Vorinstanz und einzelnen Meinungen in der Literatur. Der vorliegende Fall des „Embedded Content“ ist dem Gericht zufolge anders zu beurteilen als das urheberrechtlich unproblematische Setzen eines einfachen Hyperlinks. Derjenige, der einen Hyperlink auf eine vom Urheber öffentlich zugänglich gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk setzt, halte das geschützte Werk weder selbst öffentlich zum Abruf bereit, noch übermittle er es selbst auf Abruf an Dritte. Er verweise damit lediglich auf das Werk in einer Weise, die Nutzern den bereits eröffneten Zugang erleichtert.
Demgegenüber werde beim „Embedded Content“ das geschützte Werk durch den Linksetzenden öffentlich zum Abruf bereitgehalten. Zwar habe im vorliegenden Fall der Urheber durch die Veröffentlichung der Fotos den Nutzern den Zugang selbst eröffnet. Dieser Zugang hätte jedoch nur auf dem vom Urheber vorgesehenen Weg über seine Website erfolgen sollen. Trotz der Unentgeltlichkeit des Zugriffs sei das Betreiben der Website darauf ausgerichtet, die Aufmerksamkeit kommerzieller Nutzer mit dem Zweck des Abschlusses von Lizenzverträgen zu gewinnen und die Attraktivität der Website für die Platzierung von Bannerwerbung zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund habe sich der Journalist der Fotos des Urhebers bedient, um eigene Inhalte oder die Website des Blogs attraktiver zu gestalten.
Da auch keine „Schrankenbestimmung“ (Zitatrecht, Privatgebrauch etc.) anwendbar war, gelangte das OLG zum Ergebnis, dass der Journalist die Rechte des Urhebers an den Lichtbildern verletzt und Schadenersatz in der Höhe von 1‘237, 52 Euro nebst Zinsen zu bezahlen hat.
Blick auf die Rechtslage in der Schweiz
Für den Schutz von Fotos nach dem Schweizer Urheberrechtsgesetz (URG) wird– wie bei allen Werken – insbesondere verlangt, dass sie einen individuellen Charakter aufweisen (vgl. Art. 2 Abs. 1 URG). Anders als im deutschen Recht besteht jedoch keine Sonderbestimmung für Lichtbilder, die tiefere Anforderungen stellt. Dies führt dazu, dass sich bei Streitigkeiten um die Verwendung von fremden Fotografien stets die schwierige Frage nach der Individualität und damit dem Bestehen eines urheberrechtlichen Schutzes beantwortet werden muss.
Nimmt man den Werkcharakter einer Fotografie an, stellt sich anschliessend die Frage, ob die Verwendung der Fotos ohne Einwilligung die Rechte des Urhebers verletzt. In Bezug auf das Setzen eines blossen Hyperlinks auf ein geschütztes Werk ist auch im Schweizer Recht davon auszugehen, dass dies keine Wahrnehmbarmachung oder Vervielfältigung des Werks darstellt und entsprechend urheberrechtlich grundsätzlich zulässig ist. Soweit ersichtlich liegen keine veröffentlichten Gerichtsentscheide zur Frage vor, ob die Einbindung von fremden urheberrechtlich geschützten Werken durch Frames oder Inline-Links eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Nach der wohl mehrheitlich in der Lehre vertretenen Auffassung stellt dies jedoch eine unzulässige Verwendung eines Werkes im Sinne von Art. 10 Abs. 1 URG dar und es wird grundsätzlich keine der «Schrankenbestimmungen» (Art. 19 ff. URG) für anwendbar gehalten. Ferner wird in der Regel auch eine Verletzung der Urheberpersönlichkeitsrechte (insb. Art. 9 URG) angenommen. Vor diesem Hintergrund ist von der Verwendung von Inline-Links oder Frames zur Einbindung von (möglicherweise) urheberrechtlich geschützten Werken grundsätzlich abzuraten, wenn der Rechtsinhaber keine Einwilligung erteilt hat. Dies gilt umso mehr, da eine solche Einbindung von Inhalten auch gegen verschiedene Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen kann.
Weitere Informationen:
- Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.11.2011 (I-20 U 42/11)
- Deutsches Urheberrechtsgesetz (UrhG)
- Schweizer Urheberrechtsgesetz (URG)
- BR-News: „Urheberrechtsverletzungen im Internet: Bundesrat sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf“
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Michael Schüepp