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Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat entschieden, dass es sich bei der Darstellung von Einrichtung und Dekoration von Aquarien mittels Aquarienzubehör und Wasserpflanzen durch einen hauptberuflichen Aquarienlandschaftsgestalter auf seinem Instagram-Account, um eine geschäftliche Handlung handelt. Posts mit kommerziellem Zweck müssen den Anforderungen des lauterkeitsrechtlichen Transparenz- und Trennungsgebot standhalten. Eine entsprechende Kennzeichnung der Posts fehlte jedoch vorliegend. Aufgrund fehlender Werbekennzeichnung kam das OLG Frankfurt zum Schluss, dass es sich um verbotene getarnte Werbung handelt. Diese hätte aber entsprechend den lauterkeitsrechtlichen Anforderungen gekennzeichnet werden müssen.
Verbraucherschützer verlangen Verbot von Instagram-Posts ohne Kennzeichnung
Auslöser der Entscheidung war ein Antrag auf Unterlassung eines Vereins, der sich im Namen seiner Mitglieder für die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs im Sinne von § 5a Abs. 6 des deutschen UWG (D-UWG) einsetzt. Im vorliegenden den Fall ging der Antragsteller gegen einen sog. Aquasacaper, also eine Person die Aquarienlandschaften gestaltet, vor. Über seinen Instagram-Account präsentiert der Aquasacaper Aquarien, Aquarienzubehör und Wasserpflanzen. In seinen Posts unterliess er es, die angepriesenen Produkte jeweils als Werbung zu kennzeichnen.
Klickte ein Instagram-Nutzer auf ein hochgeladenes Bild oder Video vom Aquasacaper, so erscheinen die Namen von Firmen oder Marken der gezeigten Produkte. Mit einem weiteren Klick landet der Nutzer auf der Instagram-Seite dieser Firma. Weder bei der ersten noch bei der zweiten Ansicht hat der Aquasacaper eine entsprechende Kennzeichnung des Posts als kommerzielle Veröffentlichung vorgenommen. Gemäss dem Antragsteller, wäre dies aber geboten gewesen.
Kategorien von Influencern und Abgrenzung zwischen privaten und kommerziellen Posts
Grundsätzlich lassen sich Influencer, wie der Antragsgegner, in zwei Kategorien unterteilen. Diejenigen, welche ihren bereits vorhandenen Ruhm aus Sport, Mode oder anderen Bereichen mithilfe von Verlinkungen zu Produktempfehlungen kommerziell ausnutzen, und jene, welche mithilfe von sozialen Medien zu Berühmtheit gelangen und für ihre Nutzer zu «Vorbilder» werden. Letztere Vorbildfunktion kann genutzt werden, um die Nutzer aktiv in ihren Kaufentscheiden zu beeinflussen. Der Aquasacaper gehört vorliegend zur letztgenannten Kategorie. Praktische Schwierigkeiten bereitet dabei insbesondere die Abgrenzung zwischen privaten Meinungsäusserungen und Posts mit kommerziellem Zweck.
Im Falle von Posts, welche als geschäftliche Handlungen qualifizieren, ist der sachliche Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts regelmässig eröffnet. Das OLG hatte somit vorerst zu prüfen, ob das Lauterkeitsrecht für den vorliegenden Fall überhaupt Anwendung findet. Gemäss § 5 a Abs. 6 D-UWG handelt unlauter, «wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.»
Werbung im hauptberuflichen Bereich eines Influencers ist kennzeichnungspflichtig
Im seinem Beschluss vom 28. Juni 2019 (6 W 35/19) hatte das OLG Frankfurt somit insbesondere zu beurteilen, ob die Posts des Aquasacaper ein geschäftliches Handeln im Sinne des D-UWG darstellen. Dazu führt das OLG Frankfurt aus, dass eine geschäftliche Handlung nach D-UWG unter anderem bei jedem Verhalten einer Person vorliegt, das zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss beiträgt und so mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv zusammenhängt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 D-UWG). Darunter falle auch der Instragram-Auftritt des Aquasacaper. Gemäss dem OLG Frankfurt fördere der Aquasacaper durch seinen Instagram-Account den Absatz der präsentierten Waren. Dafür spreche zunächst, dass der Aquasacaper hauptberuflich Aquarienlandschaften gestalte und dadurch geschäftliche Beziehungen mit denjenigen Unternehmen unterhalte, für welche er Produkte auf seinem Instagram-Account präsentiert. Gerade die aktive Verlinkung der präsentierten Produkte auf Instagram sei ein gewichtiges Indiz, dass – entgegen der Behauptung des Aquasacapers – gerade keine private Meinungsäusserung vorliege, sondern ein kommerzieller Zweck verfolgt werde.
Zusätzlich zum Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, muss die Handlung aber auch geeignet sein, den Konsumenten zu einer Kaufentscheidung zu veranlassen, welche er ohne die geschäftliche Handlung nicht getroffen hätte (§ 5 Abs. 6 D-UWG). Gemäss dem OLG Frankfurt genügt das reine Öffnen eines Internetauftritts, der es dem Konsumenten ermöglicht, sich ein näheres Bild über das betreffende Produkt zu machen. Vorliegend werde der Konsument durch das Anklicken des Links im Post des Aquasacaper auf den Internetauftritt des Herstellers umgeleitet. Dort habe er, so das OLG Frankfurt, die Möglichkeit, sich mit dem verlinkten Produkt näher zu befassen, womit eine geschäftliche Entscheidung im Sinne von § 5 Abs. 6 D-UWG vorliege. Der Post des Aquascapers gelte somit als Werbung. Dieser muss entsprechend gekennzeichnet werden.
Busse von bis zu 250’000 EUR im Wiederholungsfall
Da der Aquasacaper eine genügende Kennzeichnung unterlassen hatte, kam das OLG Frankfurt zum Schluss, dass die «getarnte Werbung» in Zukunft zu unterlassen sei. Sanktioniert wird das Verhalten des Influencers erst im Wiederholungsfall mit einer Ordnungsbusse von bis zu 250’000 Euro oder einer ersatzweisen Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten.
Es handelt sich hiermit nicht um den ersten Entscheid zu Schleichwerbung durch Influencer (vgl. hierzu MLL-News vom 25. Februar 2019, MLL-News vom 19. September 2017 und MLL-News vom 29. Juli 2017). Der Youtuber Flying Uwe wurde beispielsweise im Jahr 2017 mit einer Busse von 10’500 Euro sanktioniert, weil er in seinen YouTube-Videos Produkte ausgiebig positiv darstellte, ohne diese als „Dauerwerbesendung“ zu kennzeichnen (vgl. hierzu MLL-News vom 29. Juli 2017). Ferner wurde die deutsche Drogeriekette Rossmann wegen unzulässiger getarnter Werbung durch einen Instagram-Influencer verurteilt (vgl. hierzu MLL-News vom 19. September 2017). Hier hatte das Gericht trotz Kennzeichnung entschieden, dass es als Werbekennzeichnung nicht ausreiche, wenn auf Instagram der Hashtag „#ad“ innerhalb einer Reihe anderer Begriffe vermerkt werde (sog. Hashtagwolke). Seither häufen sich in Deutschland Abmahnungen gegen Social-Media-Influencer.
… und in der Schweiz?
Grundsätzlich sieht auch das Schweizer Recht entsprechende Regeln vor. Die rechtlichen Anforderungen an einen Post eines Influencers in der Schweiz ergeben sich nicht aus einem einzigen Gesetz, sondern aus allerlei verschiedener Rechtsgrundlagen, insbesondere aus dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Daneben besteht auch eine einschlägige Selbstregulierung der Werbebranche. Dazu gehören die Grundsätze der Lauterkeitskommission. Gleich wie das UWG verlangen auch diese die Einhaltung des Transparenz- und Trennungsgebots. Das bedeutet, dass Werbung einerseits entsprechend erkennbar gemacht und andererseits, dass Werbung von redaktionellem Inhalt getrennt werden muss.
Die SLK hat zu Beginn des Jahres eine neue und komplett überarbeitete Version ihrer Grundsätze veröffentlicht, da die bisherige Version nicht mehr mit den gängigen Praktiken der Kommunikationswirtschaft und neuesten Entwicklungen vereinbar war. Die SLK kann allerdings nach wie vor keine Verbote oder Bussen aussprechen, sondern lediglich die Veröffentlichung ihrer Entscheide unter Namensnennung anordnen, sog. «Naming and Shaming».
Kürzlich reichte der Schweizer Konsumentenschutz erstmals Beschwerde gegen Posts von Schweizer Influencern mangels entsprechender Kennzeichnung bei der SLK ein. Diese wurden gegen den Tennisstar Roger Federer, das Modell Xenia Tchoumitcheva, den Snowboarder Iouri Podlatchikov und Mountainbikerin Jolanda Neff eingereicht. Anfangs Juli hat die Lauterkeitskommission sodann zwei der entsprechenden Beschwerden gegen Neff und Podlatchikov gutgeheissen. In beiden Fällen hat die SLK entschieden, dass eine Person, welche Sponsoringleistungen oder damit vergleichbare Entgelte oder Sachleistungen erhält, ihr Verhältnis zur leistungsgebenden Person offenzulegen hat. Die Entscheidbegründungen sind aber noch ausstehend und werden mit Spannung erwartet. Es bleibt somit abzuwarten, mit welcher Begründung die SLK zu ihrem Resultat gekommen ist. Die Beschwerden gegen die anderen beiden Influencer sind noch hängig.
Zusammenfassend sind die neuen Grundsätze und Entscheide der SLK zwar hilfreich und dienen als Orientierung, aber eine gerichtliche Klärung bezüglich der Kennzeichnung von Influencer-Post in der Schweiz ist nach wie vor ausstehend. Eine solche könnte die bestehende Unsicherheiten aber beseitigen. Bis dahin empfiehlt sich eine Orientierung an der Praxis der SLK und der deutschen Gerichte.
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