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Gastautor: Dr. Martin Schirmbacher, Partner bei HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin
Eine Cellophanhülle genüge für sich genommen noch nicht den Anforderungen an eine Versiegelung, deren Bruch die Ausübung des fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts ausschließe. Außerdem sei es unzulässig, in der Widerrufsbelehrung darüber zu belehren, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen habe, wenn dies tatsächlich nicht vereinbart sei.
Die Entscheidung des OLG Hamm (Urteil vom 30.3.2010, Az. 4 U 212/09) ist schon vor der Veröffentlichung der Urteilsgründe heftig diskutiert worden. Mit Recht wird das Urteil überwiegend abgelehnt. Worum geht es?
Cellophanhülle zur Versiegelung ungeeignet?
Der erste Aspekt der Entscheidung betrifft die Frage, ob die Klausel:
«Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Lieferungen von … Software, sofern die gelieferten Datenträger von ihnen entsiegelt worden sind (z.B. Software-CDs, bei denen die Cellophanhülle geöffnet wurde).»
in einer Widerrufsbelehrung zulässig ist. Hintergrund ist § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB wonach das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, bei der Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind.
Der betroffene Händler hatte die Datenträger in eine Cellophanhülle eingeschweißt. Dies sei nicht ausreichend, so die Hammer Richter. Es lasse sich nämlich nicht erkennen, welche Folgen das Aufreißen der Hülle habe. Wenn dort kein Warnhinweis angebracht sei, sei die Klausel, die die Cellophan-Hülle als Beispiel nenne, missverständlich und letztlich wettbewerbswidrig.
Als Begründung führt das Gericht geradezu stoisch das Beispiel an, dass diese Klausel auch zu Hardware mitgelieferte Treibersoftware umfassen könne. Dies sei nicht zulässig. Mit dieser Argumentation übersieht das Gericht aber, dass es sich in einem solchen Fall überhaupt nicht um einen Vertrag über die Lieferung von Software handelt, sondern die Lieferung einer Treibersoftware allenfalls Nebenpflicht zur Lieferung der Hardware ist – letztlich also ein Hardwarekauf vorliegt, für den die Belehrung nicht gilt.
40,- Euro-Klausel nur in Widerrufsbelehrung
Der zweite Aspekt des Urteils beschäftigt sich mit der Frage, ob die Abwälzung der Rücksendekosten auf den rücksendenden Verbraucher – die ja ohnehin nur bis zu einem Wert von 40,- Euro zulässig ist – doppelt erfolgen muss: nämlich in der Belehrung über das Widerrufsrecht und die Folgen der Ausübung und in den AGB des Anbieters.
Hier argumentiert das Gericht, dass die Belehrung als solche keine ausreichende vertragliche Grundlage biete. Es handele sich lediglich um eine Belehrung nicht hingehen eine vertragliche Vereinbarung. Fehle es in den AGB an einer entsprechenden Klausel, sei die Pflicht des Verbrauchers die Rücksendekosten zu tragen, nicht wirksam vereinbart und die in der Widerrufsbelehrung verwendete Klausel fehlerhaft. Das OLG Hamm möchte also, dass die ohnehin schon sehr komplexe Klausel zu den Rücksendekosten auch noch zweimal erscheint, nämlich in den AGB und in der Belehrung! Noch absurder wird es, wenn man liest, dass sich daran auch nichts ändere, wenn die Widerrufsbelehrung – was zulässig ist – in die AGB integriert wird. In diesem Fall muss die Klausel in den gleichen AGB also zweimal erscheinen…
Was diese Förmelei soll, ist unklar. Schließlich kommt auch niemand auf die Idee, dass alle Preise oder Versandkosten sich in den AGB wiederfinden müssten, um vertraglich vereinbart zu sein. Die Widerrufsbelehrung, auf die ja gesondert hingewiesen werden muss, hat wenigstens die Chance vom Verbraucher wahrgenommen zu werden – von einer AGB-Klausel etwa unter 8.3.a. kann man das nicht behaupten. Allerdings sind auch andere Oberlandesgerichte dieser Ansicht.
Bleibt zu hoffen, dass der BGH Gelegenheit erhält, die Sache gerade zu rücken. Das vorliegende Verfahren eignet sich als Verfügungsverfahren dafür nicht. Bis dahin bleibt geplagten Fernabsatzhändlern nur die Umsetzung dieser Vorgaben, um kostspieligen Abmahnungen zu entgehen.
Lukas Bühlmann: Entscheidung relevant für Schweizer Online-Shops
Der besprochene Entscheid betrifft nicht nur deutsche Unternehmen, sondern ist wohl auch für Schweizer Shoppingportals von Relevanz, die Kunden in Deutschland mit Software beliefern.
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann