Don’t tell a friend in Germany


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Gastautor: Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin.

Shopbetreiber, die ihren Online-Shop auch auf Deutschland ausgerichtet haben, sind Kummer gewohnt, wenn es an die Werbung per E-Mail geht. Schon eine einzige E-Mail ohne Einwilligung des Empfängers genügt, um als Spammer eine Abmahnung zu kassieren, mit der Unterlassungsansprüche geltend gemacht und die Erstattung von Anwaltskosten verlangt werden. Der deutsche Bundesgerichtshof hat nun noch einen drauf gesetzt und auch die viel genutzte Tell-a-friend-Funktion für unzulässig erklärt (BGH vom 12.09.2013, Az. I ZR 208/12).

Die Tell-a-friend-Funktion

Das Urteil hat unmittelbare Auswirkungen für alle Websites, die ihren Nutzern derzeit die Gelegenheit geben, Freunde und Bekannte auf die Website insgesamt oder einzelne Produkte aufmerksam zu machen. Bei der Tell-a-friend-Funktion kann jeder Nutzer die E-Mail-Adresse eines Dritten eintragen und eine automatisch generierte E-Mail an diesen Dritten auslösen, in der auf die Website des Unternehmens hingewiesen wird. Die technischen Ausgestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig.

Weil bekannt ist, dass die Zulässigkeit solcher Empfehlungsfunktionen in Deutschland wackelig ist, enthielt die E-Mail des betroffenen Unternehmens keine weitere Werbung. Bei dem Empfänger der E-Mail erschien das werbende Unternehmen als Absender der E-Mail. Weil eine unbekannte dritte Person die E-Mail-Adresse eines Rechtsanwaltes eingab, erhielt dieser die Hinweis-E-Mail und mahnte das Unternehmen ab. Während er in den Vorinstanzen unterlag, sprach ihm der BGH die geltend gemachten Ansprüche zu und verurteilte den Websitebetreiber zur Unterlassung.

Das Urteil des BGH

Die Argumentation des BGH klingt zunächst klar und eindeutig: Die von dem Nutzer initiierte Empfehlungs-E-Mail sei als Werbung anzusehen. Die Werbung werde per elektronische Post (so heißt die E-Mail im Gesetz) übersandt. Eine Einwilligung des Empfängers liege nicht vor. Damit seien ein Eingriff in die Rechte des Empfängers und ein Unterlassungsanspruch gegeben.

Der BGH ist also der Ansicht, auch eine unstreitig von einem Dritten initiierte Empfehlungs-E-Mail an einen Bekannten ist eine Spam-E-Mail, wenn sich der Bekannte nicht vorab ausdrücklich gegenüber dem Unternehmen mit der Werbung einverstanden erklärt hat.

Was der BGH außer Acht lässt

Das oberste deutsche Zivilgericht lässt nahezu vollkommen unbeachtet, dass der Nutzer den Anstoß für den Versand der E-Mail gibt. Man muss daher davon ausgehen, dass die Werbung nicht von dem, sondern lediglich für das Unternehmen erfolgt.

Dies liegt natürlich näher, wenn der Initiator der E-Mail aus der E-Mail auch deutlich hervorgeht – bestenfalls sogar als Absender.

Darüber hinaus ignoriert der BGH, dass die Ausuferungsgefahr, wegen derer die Werbung per E-Mail ursprünglich verboten wurde, bei Tell-a-friend nicht vorhanden ist. Anders als bei der Werbung per E-Mail durch das Unternehmen droht kein massives Umsichgreifen dieser Werbeform. Vielmehr setzt der Versand jeder einzelnen E-Mail stets einen individuellen Entschluss eines Nutzers voraus.

Das Ende vom Lied in der Praxis?

Die Entscheidung des BGH wird in der deutschen Rechtsprechung Gewicht haben. Es ist damit zurechnen, dass Gerichte in ganz Deutschland vergleichbare Sachverhalte ähnlich entscheiden werden. Jeder, der eine Empfehlungsfunktion in Deutschland anbietet, muss daher mit Abmahnungen durch Trittbrettfahrer rechnen. Wem das zu riskant ist, der sollte die Funktion besser abschalten. Dies gilt auch für Shops, die sich aus der Schweiz gezielt an Kunden mit Wohnsitz in Deutschland wenden.

Wer die Gründe des Urteils genau liest, kann allerdings ein kleines Hintertürchen entdecken, dass der BGH für eine zulässige Ausgestaltung der Empfehlung per E-Mail offen gelassen hat. Wird die Mail nicht als von dem werbenden Unternehmen abgesendet angezeigt, sondern der Name des Initiators der Mail eingeblendet, ist mehr als fraglich, ob tatsächlich noch von einer Mail des Unternehmens gesprochen werden kann. Der BGH lässt an einer Stelle erkennen, dass entscheidend ist, ob das werbende Unternehmen „beim Empfänger einer Empfehlungs-E-Mail als Absenderin erscheint”. Soweit also jedenfalls der Name des Users und womöglich auch dessen E-Mail-Adresse als Absender „eingetragen“ werden, können Empfehlungs-E-Mails durchaus weiterhin für zulässig gehalten werden.

Weiterhin zulässig ist auch die Verwendung der mailto-Funktion, bei der die E-Mail unmittelbar von dem Initiator versendet wird. Dazu ist aber in der Regel erforderlich, dass die Nutzer einen E-Mail-Client aktiv nutzen und dann auch bereit sind, die Empfehlungs-E-Mail von ihrem eigenen Account abzusenden.

Außerdem sollte die E-Mail keine weitere Werbung für das Unternehmen enthalten. Der Nutzer sollte die Möglichkeit besitzen, die Betreffzeile und den Text selbst zu editieren. Zudem sollte der massenhafte Versand von E-Mails über die Tell-a-friend-Funktion technisch ausgeschlossen werden.

Fazit

Die Entscheidung des BGH ist mehr als ärgerlich, weil sie sich pauschal und ohne Differenzierung gegen eine harmlose und nützliche Marketingform ausspricht. Für Unternehmen, die mit ihren Websites oder Online-Shops deutsche Kunden im Visier haben, besteht Handlungsbedarf. Wer Abmahnungen von Trittbrettfahrern nicht riskieren möchte, sollte die Empfehlungsfunktion gänzlich abstellen. Empfehlenswert ist in jedem Fall, dass als Absender der E-Mail der Name des Initiators der Empfehlung erscheint.

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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