Ihr Kontakt
Newsletter und Werbe-Mails sind zentraler Bestandteil der Marketingkonzepte von Unternehmen. Dabei gilt es zahlreiche rechtliche Vorgaben zu beachten. Wird diesen Anforderungen nicht Genüge getan, riskiert der Absender von E-Mails mit Werbecharakter unter Umständen eine Strafverfolgung, welche kostspielig enden kann. Aber nicht nur der Versender selbst kann zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch derjenige, der einen Dritten damit beauftragt. In einem aktuellen Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich ging es um eine solche Konstellation, weshalb sich die Gelegenheit bietet, die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben kurz zu beleuchten.
Der Fall
Dem Urteil des Obergerichts Zürich vom 18. Oktober 2016 betreffend Versendens von «Spam»-Mails (elektronische Massenwerbung) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Schweizer Unternehmen erteilte seiner italienischen Muttergesellschaft den Auftrag, eine Werbe-E-Mail zu versenden. Die Muttergesellschaft gab den Auftrag weiter an eine italienische Drittfirma. In der Folge versandte die in Italien ansässige Agentur Werbe-E-Mails an verschiedene Empfänger, wobei die Schweizer Tochtergesellschaft lediglich die Zielgruppe für den Versand (z.B. Wohnort) angegeben hatte.
In der Verteilliste der E-Mail befand sich auch der Beschwerdeführer, welche seine Einwilligung in den Erhalt einer solchen Werbe-E-Mail nicht erteilte, weswegen er Strafanzeige erstattet. Da nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl die Schuld und Tatfolgen gering waren (Art. 52 StGB), entschied sie sich jedoch von einer Strafverfolgung abzusehen. Gegen diese Nichtanhandnahmeverfügung (Art. 310 Abs. 1 StPO) erhob der Betroffene Beschwerde am Zürcher Obergericht.
Allgemeine Vorgabe des «Spam-Artikels»
Das Obergericht hatte sich daher vorab mit der Frage zu befassen, ob die Vorgaben des sog. Spamartikels (Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG) verletzt wurden. Danach handelt unlauter:
«wer Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlässt, vorher die Einwilligung der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit hinzuweisen«.
Von diesem Tatbestand erfasst werden insbesondere Werbe-E-Mails, welche nicht in einem direkten Zusammenhang mit einem durch den Betroffenen angeforderten Inhalt stehen. Darunter fällt ebenfalls der Versand von Newslettern, weshalb auch hier die Einwilligung des Adressaten eingeholt werden muss.
Eine Ausnahme vom Grundsatz der Einwilligung liegt vor, wenn mit dem Kunden ein Kauf- oder Dienstleistungsvertrag abgeschlossen wurde. Wenn in diesem Zusammenhang der Kunde seine Kontaktinformationen angegeben hat und auf die Ablehnungsmöglichkeit solcher Werbe-E-Mails hingewiesen wurde, macht sich der Versender auch ohne Einwilligung des Adressaten nicht strafbar. Vorausgesetzt wird aber zudem, dass es sich um Massenwerbung für eigene ähnliche Waren, Werke und Dienstleistungen handelt.
Die Anforderungen für das Vorliegen einer Ausnahme sind folglich relativ hoch und eine Berufung darauf risikobehaftet. Daher empfiehlt es sich in der Regel eine vorgängige Einwilligung einzuholen, um das Risiko einer Strafverfolgung auszuschliessen.
Strafbar macht sich nicht nur derjenige, der die Massen-E-Mails sendet, sondern auch wer einen solchen Versand veranlasst. Konkret bedeutet dies, dass auch das Unternehmen, welches eine Agentur mit dem Versand der Werbe-E-Mails beauftragt, haftbar gemacht werden kann. Es ist daher wichtig, den Vertrag mit der Agentur sorgfältig zu regeln. Insbesondere müssen die Einwilligungen sorgfältig dokumentiert werden, um allfällige Beweisschwierigkeiten in einem möglichen Prozess zu vermeiden.
Verletzung des Spam-Artikels im vorliegenden Fall
Im vorliegenden Fall hat das Schweizer Unternehmen den Versand von Werbe-E-Mails veranlasst, indem sie die italienische Muttergesellschaft damit beauftragt hat, welche ihrerseits eine Agentur engagierte. Diese Agentur hat es versäumt, die Einwilligung des Beschwerdeführers einzuholen, weshalb der Versand der E-Mail zumindest zivilrechtlich unzulässig war. Das Obergericht hält fest, dass – entgegen der Auffassung des Schweizer Unternehmens – im blossen Anklicken der E-Mail keine konkludente Einwilligung zum Erhalt der E-Mail erblickt werden kann.
Nur vorsätzliches Verhalten strafbar
Nach Art. 23 Abs. 1 UWG wird, wer unlauteren Wettbewerb nach Art. 3 UWG begeht, auf Antrag mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. Strafbar macht sich nur, wer vorsätzlich handelt, Fahrlässigkeit genügt hingegen nicht.
Im vorliegenden Fall hat die italienische Muttergesellschaft den Auftrag an eine italienische Agentur weitervergeben. Die Beklagte Schweizer Firma hat selber nicht über die Datenbank mit den E-Mailadressen verfügt, sondern nur die Beschreibung der Zielgruppe für den Versand angegeben. Die E-Mailadressen wurden von der Agentur zur Verfügung gestellt.
Aus diesem Grund hat die Schweizer Firma gemäss dem Urteil des Obergerichts weder wissen noch überprüfen können, ob die E-Mailadressen ohne Einwilligung der Betroffenen durch die italienische Agentur in die Datenbank aufgenommen wurden. Damit habe die Schweizer Firma nicht vorsätzlich gehandelt. Vielmehr habe sie darauf vertraut und vertrauen können, dass die Vorgaben von Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG eingehalten werden. Somit hat die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vorschriftsgemäss gehandelt, wenn sie für den Fall eine Nichtanhandnahmeverfügung erlassen hatte.
Fazit und Anmerkungen
Beim Versand von Werbe-E-Mails und Newslettern sind also insbesondere folgende Punkte zu beachten:
- Grundsätzlich sollte stets eine vorgängige Einwilligung des Adressaten eingeholt werden. Dies ist ratsam, selbst wenn zuvor Geschäftskontakte mit dem Betroffenen bestanden haben, da die Berufung auf die Ausnahmeregelung in Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG mit beträchtlichen Risiken behaftet ist.
- In den (Massen-)E-Mails ist jeweils auf die Möglichkeit hinzuweisen, deren Erhalt abzubestellen. Die Ablehnungsmöglichkeit muss problemlos und kostenlos möglich sein.
- Strafbar macht sich auch das Unternehmen, welches die E-Mails nicht selber versendet, sondern diese Sendungen veranlasst. Wird beispielsweise eine Drittfirma mit dem Versand betraut, sollte insbesondere die Dokumentation der Einwilligungen vertraglich sorgfältig geregelt werden.
- Nur vorsätzliches Handeln (mit Wissen und Willen) ist strafbar. Trotzdem sollte man Ungenauigkeiten in Bezug auf den Versand von Werbe-E-Mails vermeiden, da die Gefahr eines Prozesses mit ungewissem Ausgang und möglicherweise hohen Kostenfolgen besteht.
Weitere Informationen: