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Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union stellt sich die Frage nach den datenschutzrechtlichen Folgen des Brexits. Aufgrund der im «Withdrawal Agreement» vorgesehenen Übergangsregelung wird es bis Ende 2020 bei der bisherigen Rechtslage unter der EU-Datenschutzgrundverordnung bleiben. Auch nach der Stellungnahme des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDÖB) hat der Brexit aus Sicht des Schweizer Datenschutzrechts bis auf Weiteres keine unmittelbaren Auswirkungen.
Ausgangslage: Brexit und Datenschutz
Ende Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich offiziell aus der EU ausgetreten. Der Austritt führt zu einer Vielzahl von Rechtsfragen, die zumindest teilweise und/oder vorübergehend im sog. Withdrawal Agreement geregelt werden. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist der Austritt namentlich deshalb bedeutsam, weil die einschlägigen Erlasse der EU und der Schweiz besondere Vorschriften für die Übermittlung von Personendaten ins Ausland vorsehen. Es stellt sich somit die Frage, inwiefern diese Vorschriften nach dem Brexit zu einer Erschwerung von grenzüberschreitenden Datentransfers zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz bzw. der EU führen.
Schweizer-Datenschutzrecht: allgemeine Grundsätze zur Datenübermittlung ins Ausland
Im Schweizer Datenschutzrecht sind bei der Datenübermittlung ins Ausland die besonderen Vorgaben von Art. 6 DSG zu beachten. Danach ist die Übermittlung von Personendaten ins Ausland grundsätzlich verboten, wenn im Bestimmungsland keine angemessene Datenschutzgesetzgebung besteht. Eine Datenübermittlung in Länder ohne angemessenes Datenschutzniveau ist insofern nur zulässig, wenn – neben den allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorgaben (insb. Art. 4 DSG) – die Voraussetzungen einer der Ausnahmebestimmungen erfüllt sind (vgl. Art. 6 Abs. 2 DSG).
Ob das Schutzniveau in einem Land als angemessen gilt, beurteilt der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) aufgrund seiner gesetzlichen Kompetenz (Art. 31 Abs. 1 lit. d DSG). Wesentlich ist dabei vor allem, dass das Recht, welchem der Datenempfänger untersteht, ein mit dem schweizerischen Recht vergleichbares Schutzniveau – namentlich Gewährleistung der Betroffenenrechte, Einhaltung der Datenbearbeitungsgrundsätze sowie unabhängige Aufsichtsbehörde – aufweist. Der EDÖB führt auf seiner Website eine laufend aktualisierte Staatenliste (vgl. Art. 7 VDSG).
Schweizer-Datenschutzrecht: Brexit bleibt bis auf weiteres ohne unmittelbare Auswirkung
Das Vereinigte Königreich und Gibraltar sind in der zuletzt im März 2019 aktualisierten Staatenliste des EDÖB als «Land mit angemessenem Datenschutzniveau» gekennzeichnet. Nach einer Pressemitteilung des EDÖB gibt es derzeit auch keine Hinweise auf eine Statusänderung. Folglich bleibt der Brexit in Bezug auf die Datenübermittlung ins Vereinigte Königreich bis auf Weiteres ohne Folgen. Eine Berufung auf eine Ausnahmebestimmung ist für den Transfer von Daten natürlicher Personen somit nicht erforderlich. Sofern der EDÖB eine Änderung des Status in Betracht ziehen sollte, würden die Unternehmen zu gegebener Zeit informiert werden, um sich auf die zusätzlichen Anforderungen vorbereiten zu können.
EU-DSGVO: allgemeine Grundsätze zur Datenübermittlung in Drittstaaten
Auch die seit Ende Mai 2018 geltende EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) enthält besondere Vorschriften für die Übermittlung von personenbezogenen Daten ins Ausland. Die zusätzlichen Vorgaben gelten allerdings nur für die Übermittlung in Drittstaaten, also andere Länder als die EU bzw. EWR-Mitgliedstaaten. Eine solche Datenübermittlung in Drittstaaten ist grundsätzlich nur zulässig, wenn die EU-Kommission das Datenschutzniveau eines Staats für angemessen erklärt (sog. Angemessenheitsbeschluss). Fehlt ein solcher Beschluss, ist die Datenübermittlung nur ausnahmsweise und erhöhten Voraussetzungen erlaubt (vgl. dazu auch MLL-News vom 21. Juli 2018).
EU-DSGVO und Brexit: bis Ende 2020 bleibt Rechtslage unverändert
Mit Blick auf die Auswirkungen des Brexits auf die Datentransfers zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ist sodann zentral, dass im Withdrawal Agreement eine Regelung zum Datenschutz aufgenommen (vgl. Art. 71) und eine Übergangsphase bis Ende 2020 vereinbart wurde (vgl. Art. 126). Wie sowohl die britische Datenschutzbehörde (ICO), als auch die irische Datenschutzaufsicht (DPC) bekräftigten, bleibt somit bis zum Ablauf der Übergangsfrist alles beim Alten. Konkret müssen für Datentransfers vom EWR in das Vereinigte Königreich bis Ende 2020 keine zusätzlichen Anforderungen eingehalten werden.
Fazit und Ausblick
Zusammenfassend hat der Brexit somit datenschutzrechtlich zumindest bis Ende 2020 keine unmittelbaren Auswirkungen. Was danach gilt, ist weiterhin offen. Sofern keine besondere Vereinbarung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossen wird, werden ab 2021 die Regeln für Transfers in Drittstaaten zur Anwendung gelangen. Laut der Pressemitteilung des EDÖB werde die EU aber bis Ende 2020 entscheiden, ob das Datenschutzniveau im Vereinigten Königreich als angemessen zu qualifizieren ist. Sollte dies nicht der Fall sein, müssten Unternehmen bei grenzüberschreitenden Datentransfers zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zusätzliche Vorkehrungen ergreifen, wie sie bereits für den Fall des «No-Deal-Brexit» erläutert wurden (vgl. MLL-News vom 25. März 2019). Es lohnt sich jedenfalls die Entwicklungen weiter zu beobachten.
Weitere Informationen:
- Pressemitteilung des EDÖB betr. Brexit
- FAQ des DPC betr. Brexit
- Pressemitteilung des ICO betr. Brexit
- Withdrawal Agreement
- MLL-News vom 25. März 2019: EDSA-Informationen zur Datenübermittlung ins Vereinigte Königreich im Falle eines No-Deal-Brexit
- MLL-News vom 21. Juli 2018: EDSA: Leitlinien zum Datentransfer in Drittstaaten ohne angemessenes Datenschutzniveau