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Gastautor: Daniel Schätzle, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin
Im vergangenen Dezember hat ein Urteil des Oberlandesgerichts München die Online-Marketing-Branche erschüttert und auch bei Schweizer Händlern für grosse Verunsicherung gesorgt (vgl. BR-News vom 11.12.2012). Das Münchner Gericht hat entschieden, dass schon die Bestätigungs-E-Mail im Rahmen eines Double-Opt-In-Verfahrens nach deutschem Recht als Spam anzusehen ist, wenn nicht nachgewiesen wird, dass der Empfänger in diese E-Mail eingewilligt hat. Nach Ansicht des Gerichts soll das weit verbreitete und bisher als unbedenklich geltende Double-Opt-In-Verfahren für die Einwilligung in E-Mail-Werbung nach deutschem Recht folglich nicht mehr zulässig sein. Das letzte Wort ist hier zwar sicherlich noch nicht gesprochen. Schweizer Unternehmen, die ihre E-Mail-Marketing-Aktivitäten auch an Kunden in Deutschland richten, sollen aber trotzdem einige Alternativen zum Double-Opt-In-Verfahren nach deutschem Recht und deren rechtliche Fallstricke vorgestellt werden.
Kritik am Münchner Urteil
Das Urteil der Münchener Richter (OLG München vom 29.9.2012, Az. 29 U 1682/12; vgl. BR-News vom 11. Dezember 2012) stellt das Double-Opt-In-Verfahren insgesamt in Frage und führt daher zu einer großen Verunsicherung bei den E-Mail-Werbenden in Deutschland. Auch bei Schweizer Händlern, die ihre E-Mail-Marketing-Aktivitäten (auch) auf deutsche Kunden ausrichten, ist die Verunsicherung nach der Entscheidung gross. Vielfach kursieren Gerüchte, dass die E-Mail-Werbung wegen der Entscheidung des Münchner Oberlandesgerichts praktisch tot ist. Nicht wenige Juristen kritisieren aber die Entscheidung, halten sie für schlichtweg falsch und sehen einer entsprechenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs gelassen entgegen (vgl. Dr. Martin Schirmbacher unter www.online-marketing-recht.de oder auch auf www.absolit.de).
Mailto-Einwilligung
Wer bis zu einer solchen Entscheidung sicher gehen möchte, dem bleibt online wohl nur die Einwilligung per E-Mail. Dabei wird der potenzielle Empfänger von E-Mail-Werbung über die Unternehmenswebsite aufgefordert, eine E-Mail unter Angabe von persönlichen Daten (Herr/Frau, Vorname, Nachname) zu versenden, um damit seinen Willen für zukünftige Werbe-E-Mails zu bekunden. Dies erfolgt praktischerweise über die Einbindung einer Mailto-Funktion in die Website, die einen E-Mail-Client automatisch öffnet. Nachteil: In Zeiten von Free-Mail-Angeboten mit großen Speicherkapazitäten und zum Teil hervorragenden Benutzeroberflächen verwenden immer weniger (private) Nutzer einen E-Mail-Client. Damit bleibt nur die eher unpraktische Alternative einer händischen Versendung.
Gewinnspielkarten
Gängige Praxis ist es, die Einwilligung in E-Mail-Werbung über die Teilnahme an einem Gewinnspiel einzuholen. Dazu werden etwa Gewinnspielkarten verteilt. Für die Teilnahme muss diese mit persönlichen Daten ausgefüllt und unterschrieben an den Veranstalter gesendet werden. Doch Vorsicht: Eine Kopplung von Gewinnspielteilnahme und Werbeeinwilligung sollte unterbleiben. Die Zulässigkeit einer solchen Verknüpfung nach deutschem Recht wird unter Juristen viel diskutiert und ist noch nicht abschließend geklärt. Eine rechtssichere Adressgewinnung empfiehlt nach deutschem Recht in jedem Fall eine Loslösung von der Teilnahme.
Des Weiteren ist darauf zu achten, dass neben der Werbeeinwilligung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch eine zusätzliche Einwilligung gemäß § 4a Abs. 1 BDSG in die Nutzung der persönlichen Daten eingeholt wird. Dies kann jedoch durch eine entsprechende Formulierung zusammen mit der Werbeeinwilligung erfolgen.
Jedenfalls für die Werbeeinwilligung ist eine Opt-In-Lösung zu wählen. Denkbar ist zum Beispiel ein Ankreuzkästchen. Nur wenn dieses Kästchen angekreuzt wird, liegt eine Werbeeinwilligung vor. Dagegen ist es nach deutschem Recht unzulässig, das Ankreuzen als Abwahlmöglichkeit auszugestalten (Opt-Out).
Tunlichst zu unterlassen ist zudem die Aufnahme der Einverständniserklärung in die Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels, etwa auf der Rückseite der Karte oder im Kleingeschriebenen. Die Einwilligung muss nach deutschem Recht gesondert erfolgen.
Online-Gewinnspiel
Was für Gewinnspielkarten gilt, ist letztlich auch bei Online-Gewinnspielen zu beachten. Allerdings besteht bei einer Online-Teilnahme letztlich ebenso die Gefahr, wie bei einer Newsletteranmeldung über eine Website, dass Dritte die Daten eingeben können. Damit wäre man wieder bei der Double-Opt-In-Problematik.
Einwilligung bei Minderjährigen
Minderjährige haben eine nicht zu unterschätzende Kaufkraft. Sofern Werbe-E-Mails auf Minderjährige abzielen, bietet es sich an, für die Erhebung der Daten das Einverständnis der Eltern einzuholen. Dies gilt insbesondere dann, wenn neben der E-Mail-Adresse weitere Daten erhoben werden (z.B. Anschrift, Telefonnummer, Krankenkasse). Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit einer Werbeeinwilligung ohne Einverständnis der Eltern, drohen ansonsten Abmahnungen wegen eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 2 UWG. Danach sind unter anderem solche geschäftlichen Handlungen unlauter, die die geschäftliche Unerfahrenheit von Verbrauchern ausnutzen.
Aus diesem Grund sollte immer das Einverständnis der Eltern abgefragt werden, wenn mehr als nur die E-Mail-Adresse und vielleicht noch der Name abgerufen werden. Unabhängig von der Frage der Wettbewerbswidrigkeit, wäre damit auch die Frage der Wirksamkeit der Einwilligung in Werbe-E-Mails sichergestellt.
Ob das Einverständnis der Eltern tatsächlich auch bei einer Newsletter-Anmeldung über eine Webseite mit E-Mail-Adresse und Namen erforderlich ist, kann bezweifelt werden. Werbende Unternehmen würde ein solches Erfordernis vor eine praktisch unlösbare Aufgabe stellen. Denn wie soll die damit einhergehende Überprüfung der Volljährigkeit sichergestellt werden können? Natürlich ist dieser Gesichtspunkt für eine rechtliche Begründung, auf das Einverständnis der Eltern verzichten zu können, nicht ausreichend. Da sich die Urteilsfähigkeit Minderähriger danach richtet, ob sie die Konsequenzen ihrer Handlungen einschätzen können und fähig sind, ihre Handlungen danach zu richten, kann auch keine starre Altersgrenze bestehen, ab wann eine Einwilligung gültig ist. Es ist somit jeweils eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Faktisch bedeutet dies jedoch, dass eine erhebliche Unsicherheit besteht, ob nun eine wirksame Einwilligung vorliegt oder nicht. Jedenfalls bei Minderjährigen ab 16 Jahren wird man wohl von einer ausreichenden Einsichtsfähigkeit ausgehen können. Diese gelten in Deutschland immerhin auf kommunaler Ebene als wahlberechtigt, weshalb man ihnen wohl kaum eine fehlende Einsichtsfähigkeit im Hinblick auf den Empfang eines Newsletters unterstellen können wird.
Letztlich dürfte ein Unternehmen gut damit leben, wenn eine Einwilligung des Minderjährigen tatsächlich vorliegt. Trotz fehlendem Einverständnis der Eltern, dürften in den seltensten Fällen rechtliche Konsequenzen drohen. Zusätzlich ist ein klarer und deutlicher Hinweis denkbar, wonach eine Einwilligung in den Newsletter-Empfang erst ab 16 Jahren zulässig ist. Ein rechtliches Restrisiko bleibt jedoch.
Vorherige ausdrückliche Einwilligungserklärung
Für die Werbeeinwilligung fordert § 7 Abs. 2 Nr. 3 eine vorherige ausdrückliche Einwilligungserklärung. Damit muss die Einwilligung zeitlich vor der Werbemaßnahme erfolgen. Sie muss ausdrücklich erklärt werden. Eine nur aus den Umständen ersichtliche Einwilligung oder sogar mutmaßliche Einwilligung ist gerade nicht ausreichend.
Die Einwilligung muss ohne Zwang für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgen. Dies ist nicht der Fall, wenn jemand anlässlich einer Vortragsveranstaltung seine Visitenkarte übergibt. In diesem Fall fehlt es an der konkreten Einwilligung für den Versand des Newsletters (LG Baden-Baden vom 18.1.2012, Az. 5 O 100/11). Auch die Eintragung einer E-Mail-Adresse in die Teilnahmeliste einer Seminarveranstaltung stellt keine Einwilligungserklärung dar (LG Gera vom 24.7.2012, Az. 3 O 455/11). Anders liegt der Fall, wenn im Rahmen einer Veranstaltung eine Liste ausliegt, in die man seine E-Mail-Adresse eintragen kann, gerade um den Newsletter des Veranstalters zu empfangen und dieser Zweck ausreichend deutlich gemacht wird.
Fazit
Alternativen zum Double-Opt-In-Verfahren, die mit deutschem Recht vereinbar sind, gibt es. Beliebt sind besonders Werbeinwilligungen im Zusammenhang mit Gewinnspielen und Veranstaltungen. Wer den Einwilligenden aufklärt, ihm Gelegenheit gibt, die Folgen seiner Erklärung abschätzen zu können und keinen faktischen Zwang ausübt, ist nach deutschem Recht auf der sicheren Seite. Ohnehin bietet sich eine versteckte Einwilligung für ein seriöses Marketing nicht an. Bei Minderjährigen gilt, wie so oft: Bitte die Eltern Fragen. Ist dies nicht möglich, weil eine Altersverifikation bei einer Newsletter-Anmeldung über eine Webseite kaum praktikabel ist, bleibt ein rechtliches Risiko, welches jedoch als gering einzustufen ist und mit dem ein Unternehmen gut leben kann. Lediglich auf eine umfangreichere Datenabfrage sollte verzichtet werden, wenn das Einverständnis der Eltern nicht eingeholt wird.
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann