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Das Design des New-Beetles der zweiten Modell-Generation von Volkswagen ist in der EU nicht (mehr) als Geschmacksmuster geschützt. Gemäss der Entscheidung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) vom 2. Februar 2011 fehlt dem Konzept im Vergleich zu den älteren Modellen die erforderliche Eigenart, sodass die Eintragung als Geschmacksmuster für nichtig erklärt wurde.
Die Volkswagen AG liess im Jahre 2003 das Design des «new Beetles» der zweiten Modell-Generation als Gemeinschaftsgeschmackmuster (GGM) eintragen. Sechs Jahre später hat die Autec AG, eine Herstellerin von Spielzeugautos, beim HABM einen Antrag auf Nichtigerklärung des Eintrags gestellt.
Die Antragstellerin war der Ansicht, dass das Design von VW die Voraussetzungen für den EU-weiten Schutz als Gemeinschaftsgeschmackmuster nicht erfüllt. Nach Artikel 4 der massgebenden Verordnung (VO Nr. 6/2001) muss ein Design – wie auch nach dem schweizerischen Designgesetz (Art. 2. DesG) – neu sein und eine Eigenart aufweisen, um als Geschmacksmuster geschützt werden zu können. Die Ansicht der Autec AG beruhte im Wesentlichen darauf, dass die Geschmacksmuster für die erste Modellgeneration des «new Beetles» (vgl. die Abbildungen im Entscheid des HABM) und dasjenige der zweiten Modellgeneration bei einem informierten Benutzer zu keinem unterschiedlichen Gesamteindruck führe.
In seinem Entscheid vom 2.2.2011 (Az. ICD 7100) erläuterte das HABM zunächst allgemein den Begriff der Neuheit gemäss der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Danach ist ein Geschmacksmuster neu, wenn sein Gegenstand mit keinem vorbekannten Geschmacksmuster identisch ist. Geschmacksmuster werden als identisch betrachtet, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden (vgl. Art. 5 VO Nr. 6/2001). Nach einem Vergleich der «new Beetles» der beiden Modellgenerationen kam das HABM zum Ergebnis, dass die Modelle mehrere unterschiedliche Merkmale aufweisen, welche nicht bloss unterschiedliche Einzelheiten betreffen (z.B. Felgen, Scheinwerfer, Kotflügel etc.), sodass das Erfordernis der Neuheit gegeben sei.
Wie bereits aus Art. 5 der VO Nr. 6/2001 folgt, weist ein Design dann eine Eigenart auf, wenn es beim informierten Benutzer einen Gesamteindruck hervorruft, der sich von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ältere Geschmacksmuster beim Benutzer hervorrufen. Im Rahmen dieser Beurteilung sind gemäss dem HABM die Art des Produktes zu berücksichtigen, für welches das Design verwendet wird, und der Grad der Gestaltungsfreiheit bei der Entwicklung des Designs. Nach Ansicht des HABM sind die Designs sowohl der ersten als auch der zweiten «new Beetle»-Generation «insbesondere durch die Merkmale des kreisausschnitssförmigen Bogens über die Fahrgastzelle und die weit ausgestellten runden Kotflügel geprägt.» Im bestehenden Formenschatz weise kein anderes Fahrzeug als der weltbekannte VW-Käfer, also das Vorläufermodell, diese Merkmale auf. Die von VW betonten Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Modell-Generation fallen gemäss dem HABM nicht ins Gewicht und können die stark hervortretenden Gemeinsamkeiten nicht verdecken.
Das HABM erachtete ferner den Hinweis von VW, dass der informierte Benutzer bei teuren Erzeugnissen wie Autos Details eher wahrnehme, als unbeachtlich, da die erhöhte Aufmerksamkeit des Benutzers gleichermassen für die Gemeinsamkeiten wie auch für die Unterschiede gelte. Dementsprechend entschied das HABM, dass die beiden Modelle beim informierten Benutzer den gleichen Gesamteindruck hervorrufen, weshalb dem Geschmacksmuster für den «new Beetle» der zweiten Generation die Eigenart fehle und die Eintragung nichtig sei.
Der Entscheid des HABM ist vor allem auch deshalb interessant, weil VW in diesem Jahr wieder ein neues Beetle Modell (schlicht als «Beetle» bezeichnet) präsentiert hat. Man darf deshalb gespannt sein, ob es zu weiteren Verfahren kommen wird und ob das Design des neusten Modells im Vergleich zu den älteren geschützten Designs eine ausreichende Eigenart aufweist.
Weitere Informationen:
- Entscheid des HABM vom 2.2.2011 (Az. ICD 7100)
- Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (VO Nr. 6/2001)
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Giuseppe Di Marco