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Die Europäische Kommission hat einen Aktionsplan zum Online-Glücksspiel vorgelegt, der in den nächsten beiden Jahren umgesetzt werden soll. Dieser verfolgt insbesondere die Ziele, den Jugendschutz zu verbessern sowie Spielsucht, Betrug, Geldwäscherei und Spielmanipulationen im Sport zu bekämpfen. Diese Ziele sollen mit verschiedenen Massnahmen erreicht werden, namentlich durch die Erhebung von Statistiken, das Errichten von Expertengruppen für den Informationsaustausch oder die Entwicklung neuer Filtertechnologien. Die Kommission will aber, anders als von verschiedenen Quellen befürchtet, keine so genannten Netzsperren (oder DNS-Sperren) einführen, sondern versteht unter «Filtertechnologien» Filtersoftware für Privatpersonen. Die Kommission hat zudem darauf verzichtet, das Online-Glücksspiel in einem EU-weit geltenden Rechtsakt zu regeln und zu harmonisieren. Durch den Aktionsplan sollen aber die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den Mitgliedstaaten verstärkt werden und so für einen einheitlicheren Rechtsrahmen sorgen.
Schnell wachsender Markt, unterschiedliche Rechtsvorschriften
Glücksspiele werden europaweit online angeboten. Zu den angebotenen Spielen zählen unter anderem Poker, Roulette und Lotterien. Das Online-Glücksspiel ist mit jährlichen Wachstumsraten von knapp 15 % eine der am schnellsten wachsenden Dienstleistungstätigkeiten in der EU. Im vergangenen Jahr betrugen die Einnahmen mehr als 9 Milliarden Euro. Bis 2015 werden sie nach Schätzungen der Kommission auf 13 Milliarden Euro ansteigen. Geschätzte 6,8 Millionen Verbraucher nehmen in der EU an Online-Glücksspielen teil, oft finden diese grenzüberschreitend statt. Eine EU-weit geltende einheitliche Regelung besteht aber nicht.
Folglich ist das Online-Glücksspiel von zahlreichen unterschiedlichen nationalen Vorschriften geprägt: Einige EU-Mitgliedstaaten kennen ein komplettes oder teilweises Verbot von Glücksspielen (z.B. Deutschland, Österreich, Niederlande), andere sehen ein nationales Monopol vor (z.B. Finnland, Portugal, Schweden). In einigen Mitgliedstaaten, darunter Dänemark, Frankreich und Italien, darf mehr als ein Anbieter Glücksspiele anbieten. Andere Mitgliedstaaten kennen sehr liberale Regeln, die es fast jedem Unternehmen ermöglichen, eine Glücksspiellizenz zu lösen (z.B. England, Malta). Da die Kommission überzeugt ist, dass die Mitgliedstaaten die grössten damit verbundenen regulatorischen, gesellschaftlichen und technischen Probleme – besonders deren grenzüberschreitende Dimension – nicht alleine lösen können, legt sie nun einen Aktionsplan zum Online-Glücksspiel vor.
Zahlreiche Massnahmen zur Verbesserung
Der Aktionsplan beinhaltet eine Reihe von Massnahmen, die in den kommenden zwei Jahren geplant sind. Durch diese soll die Regulierung des Online-Glücksspiel-Marktes und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden. Die Hauptziele des Aktionsplans sind ein verbesserter Schutz der Verbraucher, die Bekämpfung von Geldwäscherei und Betrug sowie die Bekämpfung von Spielmanipulationen im Sport.
Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass die nationalen Vorschriften mit dem EU-Recht konform sind. Geplant ist aber nicht wie in anderen Bereichen, z.B. im Datenschutz (vgl. BR-News vom 6. Februar 2012), eine EU-weite Regulierung, sondern „nur“ eine Reihe von umfassenden Massnahmen. Darunter fällt unter anderem die Errichtung einer Expertengruppe, bestehend aus Repräsentanten aus allen Mitgliedstaaten, die den Erfahrungsaustausch zwischen diesen erleichtern soll.
Besserer Jugendschutz
Da rund drei Viertel der EU-Bürger im Alter von 6–17 Jahren das Internet nutzen, legt der Aktionsplan einen Schwerpunkt im Bereich des Jugendschutzes. Dieser soll dadurch verbessert werden, dass die Entwicklung wirksamerer Alterskontrollen und Filter für Online-Inhalte unterstützt werden soll. Anders als verschiedentlich befürchtet, versteht die Kommission unter solchen Filtern allerdings keine Netzsperren (DNS-Sperren), sondern präzisiert, dass damit Filtersoftware für zu Hause gemeint ist. Dass die Kommission Netzsperren gegenüber kritisch eingestellt ist und diese ablehnt, wird deutlich bei der Lektüre eines dem Aktionsplan beigelegten Arbeitsdokumentes, im welchem explizit auf die Schwächen von Netzsperren verwiesen wird. Netzsperren sind somit im Rahmen des Aktionsplans nicht zu erwarten. Darüber hinaus strebt die Kommission an, dass Werbung verantwortungsvoller gestaltet wird und plant, das Bewusstsein der Eltern für die Gefahren von Online-Glücksspielen zu verstärken.
Bekämpfung von Spielsucht, Betrug und Geldwäscherei
Einen Schwerpunkt legt der Aktionsplan zudem auf die Bekämpfung der Spielsucht durch wirksamere Behandlungs- und Präventionsmethoden. Vorerst sollen die Mitgliedstaaten Daten sammeln über die Anzahl der Spielsüchtigen und die Ursachen.
Ein weiteres zentrales Ziel sind die Abschreckung und Prävention im Bereich Betrug und Geldwäscherei. Insbesondere hier sei eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit angezeigt, da die Mitgliedstaaten solche Vorgänge nicht wirksam bekämpfen könnten. Die Mitgliedstaaten sollen zum Zweck der Bekämpfung dieser Erscheinungen die Ausbildung ihrer Richter in diesen Bereichen weiter fördern.
Prävention und Bekämpfung von Spielmanipulationen im Sport
Schliesslich ist auch die Unterbindung von Spielmanipulationen im Sport ein Hauptanliegen des Aktionsplans. Durch rascheren Informationsaustausch, neue Mechanismen für so genannte Whistleblower, einer allgemein verbesserten Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Parteien und eine bessere Sensibilisierung der Sportler sollen die Prävention und Bekämpfung solcher Spielabsprachen verstärkt werden. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, nationale Kontaktstellen für die Zusammenführung aller beteiligten Akteure einzurichten.
Nächste Schritte
Eine erste Sitzung der Expertengruppe soll noch im Dezember dieses Jahres stattfinden. 2013 ist eine Konferenz der Beteiligten unter Leitung der Kommission geplant. Die Kommission wird zudem die hängigen Vertragsverletzungs- und Beschwerdeverfahren, die im Bereich der Online-Glücksspiele eingeleitet wurden, weiterverfolgen und sich dadurch einen Überblick über die aktuellen nationalen Rechtsvorschriften verschaffen.
Weitere Informationen:
- Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 23. Oktober 2012
- FAQ zum Aktionsplan (englisch)
- Mitteilung der Europäischen Kommission (Aktionsplan, englisch)
- Allgemeine Informationsseite der Kommission zum Thema Online-Glücksspiele
- Arbeitsdokument der Kommission (englisch)
- BR-News: „Rechtmässigkeit von staatlichen Monopolen für Online Sportwetten und Glücksspiele“
- BR-News: „Verbot von Internetglücksspielen im Spielbankenbereich wird gelockert“
- BR-News: „Unzulässige Werbespots für Sportwetten“
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Adrian Süess