EU: Schutzdauer des Urheberrechts für ausübende Künstler auf 70 Jahre verlängert


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Die Europäische Union hat am 27. September 2011 eine Richtlinie erlassen, die die Schutzdauer des Urheberrechts der ausübenden Künstler und Hersteller von Tonträgern von 50 auf 70 Jahre verlängert. Diese ist vor kurzem in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Richtlinie innert zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen. Ziel der neuen Richtlinie ist es, den Schutz der Künstler an denjenigen der Autoren anzugleichen. Neben der Verlängerung der Schutzdauer enthält die Richtlinie diverse begleitende Massnahmen, die sicherstellen sollen, dass die Künstler auch tatsächlich von der Verlängerung profitieren.

Die Richtlinie 2011/77/EU stellt eine Änderung der Richtlinie 2006/116/EG dar. Sie enthält als wichtigste Änderung eine Verlängerung der Schutzdauer des Urheberrechts ausübender Künstler und Hersteller von Tonträgern. Die Schutzdauer beträgt neu nicht mehr 50, sondern 70 Jahre (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Bst. b der Richtlinie). Die Kommission hatte ursprüunglich sogar eine Schutzdauer von 95 Jahren vorgeschlagen, was im Parlament jedoch verworfen wurde.

Neben der Verlängerung der Schutzdauer enthält die Richtlinie weitere begleitende Massnahmen, die darauf abzielen, ausübende Künstlern zu unterstützen und sicherzustellen, dass diese auch tatsächlich von der Verlängerung der Schutzdauer profitieren (vgl. Erwägungen 10 ff. der Richtlinie). So muss beispielsweise neu eine sog. «use it or lose it»-Klausel in die Verträge zwischen Künstler und Plattenfirmen aufgenommen werden. Diese besagt, dass die Künstler berechtigt sind, ihre Rechte zurückzufordern, wenn die Hersteller einer Aufnahme in der erweiterten Schutzdauer darauf verzichten, diese zu vermarken. Dies ermöglicht ihnen, die Werke durch eine andere Plattenfirma vermarkten zu lassen oder die Vermarktung selbst vorzunehmen. Weiter werden die Plattenfirmen einen Fonds einrichten müssen, in welchen sie 20 % ihrer Einnahmen einzahlen, die während der erweiterten Schutzdauer anfallen. Dieser Fonds wird sodann an die Interpreten verteilt, deren Aufnahmen in der verlängerten Schutzdauer verkauft werden (Art. 1 Abs. 2 Bst. c der Richtlinie).

Die Richtlinie verfolgt das Ziel, den Schutz der Künstler und Tonträgerhersteller in Einklang mit dem Urheberschutz der Autoren zu bringen. Diese, beziehungsweise ihre Erben geniessen Urheberschutz während der ganzen Lebensdauer und bis 70 Jahre nach ihrem Tod. Durch die verlängerte Schutzdauer soll sichergestellt werden, dass die Künstler für einen längeren Zeitabschnitt Urheberrechtsvergütungen erhalten. Für viele Künstler stellen die Urheberrechtsvergütungen einen bedeutenden, teilweise gar den einzigen regelmässigen Teil ihrer Einnahmen dar. Weiter sprach die Tatsache, dass viele ausübende Künstler ihre Karriere relativ jung beginnen, dafür, dass die Schutzdauer angepasst wird. Es wird davon ausgegangen, dass bisher viele Künstler wegen des abgelaufenen Urheberrechtsschutzes am Ende ihres Lebens unter Einkommenslücken zu leiden hatten. Die EU erhofft sich zudem, dass die verlängerte Schutzdauer und die dadurch entstehenden Mehreinnahmen für die Tonträgerhersteller dazu führen, dass diese auch im Internetzeitalter Investitionen in neue Talente beibehalten.

Die Richtlinie wurde am 11. Oktober 2011 im Amtsblatt der europäischen Union publiziert und trat per Anfang November 2011 in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 1. November 2013 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen (Art. 2 der Richtlinie).

Die Rechtsänderung in der EU bietet Anlass, die Rechtslage in der Schweiz kurz zu betrachten. Das schweizerische Urheberrechtsgesetz behandelt die Rechte der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller unter dem Begriff «verwandte Schutzrechte» in Art. 33 ff. URG. Die Schutzdauer wird in Art. 39 URG geregelt, diese beträgt wie im alten europäischen Recht 50 Jahre. Der Schutz beginnt im Schweizer Recht mit der Darbietung, der Herstellung oder der Veröffentlichung (Art. 39 Abs. 1 URG). Berechnet wird die Schutzdauer vom 31. Dezember denjenigen Jahres, in dem das massgebende Ereignis stattgefunden hat. Begleitende Schutzmassnahmen wie diejenigen, die die EU vorsieht, kennt die Schweiz bisher nicht. Das Schweizer Recht entspricht zum jetzigen Zeitpunkt somit weitgehend dem alten EU-Recht. Ob auch die Schweiz eine Anpassung der Schutzdauer vornehmen wird, ist noch nicht bekannt. Bekanntlich wollte der Gesetzgeber das schweizerische URG aber möglichst EU-kompatibel gestalten. Es ist deshalb davon auszugehen, dass früher oder später eine Gesetzesanpassung erfolgen wird.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Giuseppe Di Marco


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