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Die EU-Gesetzgeber haben Mitte März die neue Tabakrichtlinie verabschiedet. Diese enthält neue EU-weit geltende Vorschriften bezüglich Gesundheitshinweisen, Verpackungsgrössen und -formen, Verwendung von Aromastoffen und Meldepflichten. Ausserdem werden neu auch elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) der Tabakrichtlinie unterstellt sein. Auch diese müssen somit neu gewisse Sicherheits- und Qualitätsanforderungen erfüllen. Beispielsweise müssen die sog. Liquids kindersicher sowie gegen Auslaufen und unsachgemässe Manipulationen gesichert sein. Die neuen Regeln werden voraussichtlich ab Mitte 2016 gelten. Man darf gespannt sein, wie stark sich der schweizerische Bundesrat bei der laufenden Ausarbeitung eines Tabakproduktegesetzes an der EU-Richtlinie orientieren wird.
Neue Tabakrichtlinie verabschiedet
Mitte März wurden die Beratungen zu einer neuen EU-Tabakrichtlinie abgeschlossen. Nachdem sowohl das Parlament als auch der Rat der Richtlinie zugestimmt haben, tritt diese demnächst in Kraft.
Der neue Erlass wird die heute geltende Tabakrichtlinie aus dem Jahr 2001 aufheben und ersetzen. Die Anpassung war gemäss EU-Kommission insbesondere deshalb nötig, weil neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen und neue Produkte im Handel sind, beispielsweise E-Zigaretten und stark aromatisierte Tabakerzeugnisse. Die Kommission weist aber auch darauf hin, dass die Verschärfung der Vorschriften nicht zuletzt auch aufgrund der gesundheitsschädlichen Folgen des Tabakkonsums angebracht war. Da sich gezeigt habe, dass rund 94 % der Raucher vor dem 25. Lebensjahr mit dem Rauchen anfangen, bezwecke die Richtlinie namentlich, den Tabakkonsum besonders für Personen dieser Alterskategorie unattraktiver zu machen.
Grössere Warnhinweise
Nach geltendem europäischem Recht müssen die Gesundheitswarnungen auf den Tabakverpackungen mindestens 30 % der Vorder- und 40 % der Rückseite einnehmen. Diese Vorschriften werden nun strenger. Die Richtlinie schreibt vor, dass die Gesundheitswarnungen auf beiden Seiten der Verpackung mindestens 65 % der Fläche ausfüllen müssen und am oberen Ende der Schachtel zu platzieren sind.
Die Warnhinweise müssen neu zwingend kombinierte Hinweise mit Text und Bild sein. Bisher bestand eine entsprechende Pflicht nicht in allen Mitgliedstaaten.
Neu müssen ausserdem auch auf den Seiten der Verpackungen Warnhinweistexte angebracht sein.
Weitere neue Vorschriften für Verpackungen
Die Richtlinie ändert aber nicht nur die Warnhinweise, sondern auch das allgemeine Aussehen von Zigarettenpackungen. So ist es neu beispielsweise verboten, kleine Zigarettenpackungen in Form eines Lippenstifts anzubieten, wie dies heute gewisse Tabakfirmen praktizieren, um ein junges weibliches Publikum anzusprechen. Neu müssen Zigarettenverpackungen zwingend quaderförmig sein und mindestens 20 Zigaretten enthalten. Hintergrund dieser Vorschrift ist der Jugendschutz. Päckchen mit weniger als 20 Zigaretten kosten weniger und sind folglich für Kinder und Jugendliche einfacher zu erwerben. Sie sollen deshalb nicht mehr verkauft werden dürfen. Für Tabak zum Selbstdrehen bestehen allerdings Sonderregelungen, die auch andere Verpackungsformen erlauben.
Werbebotschaften oder irreführende Merkmale und Elemente sind neu ebenfalls nicht mehr zulässig. In Zukunft darf somit insbesondere kein Bezug mehr auf einen Lifestyle-Nutzen des Rauchens, auf Geschmackseigenschaften, das (Nicht-)Vorhandensein von Aromastoffen (z.B. „frei von Zusatzstoffen“) oder auf eine weniger schädliche Wirkung gewisser Zigaretten hingewiesen werden.
Spezialregelungen für weniger verbreitete Tabakerzeugnisse
Die neuen Vorschriften gelten grundsätzlich für alle Tabakerzeugnisse. Für gewisse Produkte bestehen jedoch spezielle Vorschriften. Bei Tabakerzeugnissen, die derzeit nicht in nennenswerten Mengen konsumiert werden, haben die Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum und können die Produkte von den strengen Kennzeichnungsvorschriften ausnehmen oder die Kennzeichnung selbst regeln. Unter diese Produktekategorie fallen beispielsweise Pfeifentabak, Zigarren und Zigarillos sowie rauchlose Produkte (z.B. Kautabak). Die Mitgliedstaaten müssen aber sicherstellen, dass auch diese Produkte mit einer allgemeinen Warnung sowie einem zusätzlichen textlichen Warnhinweis versehen sind.
Keine Änderung erfährt die Rechtslage bezüglich Snus (Tabak zum oralen Gebrauch). Dieser bleibt in der EU grundsätzlich verboten und darf nach wie vor lediglich in Schweden vertrieben werden. Das Verkaufsverbot, das seit 1992 gilt, wurde insofern unverändert in die neue Tabakrichtlinie übernommen.
Zusatz von Aromastoffen nicht mehr zulässig
Auch tabakfremde Aromen sollen weitgehend aus Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen verschwinden. Aromastoffe dürfen nicht in Mengen zugesetzt werden, die dem Produkt ein vom Tabakaroma unterscheidbares charakteristisches Aroma verleihen. So werden gemäss den neuen Regeln beispielsweise Menthol-Zigaretten verboten sein. Das Verbot der Aromastoffe gilt jedoch nur für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen. Namentlich bei Wasserpfeifentabak, Zigarren und Zigarillos ist hingegen eine Aromatisierung bis auf weiteres zulässig.
Erweiterte Meldepflichten
Neben zahlreichen weiteren Neuerungen sieht die Tabakrichtlinie auch neue Informationspflichten für die Hersteller vor. Diese müssen der zuständigen Behörde die Inhaltsstoffe aller Tabakerzeugnisse in einem einheitlichen elektronischen Format melden. Für bestimmte häufig verwendeten Substanzen gelten strengere Meldepflichten. Die EU-Kommission hofft, durch diese neuen Meldepflichten mehr über die verwendeten Inhaltsstoffe, deren Suchpotenzial sowie die gesundheitlichen Folgen zu erfahren.
Die bereits bisher geltende Meldepflicht der Nikotin-, Teer- und Kohlenmonoxidemissionen bleibt bestehen.
E-Zigaretten neu explizit auf EU-Ebene geregelt
Für eine weitere, immer populärer werdende Kategorie von Produkten stellt die neue Richtlinie erstmals europaweite Bestimmungen auf. Neu sind die elektrischen bzw. elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) explizit geregelt. Die EU-Gesetzgeber haben sich aber bewusst dafür entschieden, deren Verkauf nicht zu untersagen, sondern E-Zigaretten weitgehend den Tabakerzeugnissen gleichzustellen. Die E-Zigaretten werden je nach Anwendungsgebiet verschieden gehandhabt. Handelt es sich um elektronische Zigaretten, die als Entwöhnungshilfen dargestellt werden, gelten sie als Arzneimittel bzw. Medizinprodukte und müssen die dafür geltenden Vorschriften beachten. In allen anderen Fällen werden sie wie Tabakprodukte behandelt und unterliegen den Vorschriften der Tabakrichtlinie, die auch zahlreiche spezifische Vorschriften für die E-Zigaretten vorsieht.
Die Einordnung der (in der Regel tabaklosen) E-Zigarette in die Tabakrichtlinie erklärt die Kommission mit gesundheitspolitischen Gründen. Sie räumt zwar ein, dass die E-Zigaretten für die teilweise oder völlige Raucherentwöhnung von Nutzen sein können. Da ihre gesundheitlichen Langzeitwirkungen noch nicht bekannt sind, und Nikotin eine suchterzeugende und toxische Substanz ist, müssen laut Kommission jedoch für nikotinhaltige E-Zigaretten ebenfalls Sicherheits- und Qualitätsanforderungen gelten. Auch für die elektronischen Zigaretten statuiert die Richtlinie Meldevorschriften, die es den Behörden ermöglichen sollen, diese Produkte zu beobachten und mehr über sie zu erfahren.
Eine komplette Vereinheitlichung des Rechtsrahmens findet jedoch nicht statt. Den Mitgliedstaaten bleiben zahlreiche Entscheidungen vorbehalten. Sie werden beispielsweise frei über die Zulässigkeit von Aromen, die Werbevorschriften sowie die Altersgrenzen für die Abgabe von E-Zigaretten bestimmen können. Gewisse Vorschriften gelten aber EU-weit, insbesondere die nachfolgend beschriebenen.
Vorschriften für maximalen Nikotingehalt
Für die Nikotinkonzentration und das Fassungsvermögen der Kartuschen, Tanks und Behälter mit den Nikotin-Liquids gelten Höchstkonzentrationen von 20 mg/ml. Nikotinhaltige Flüssigkeiten dürfen zudem nur in eigens dafür vorgesehenen Nachfüllbehältern mit einem Volumen von höchstens 10 ml bzw. in elektronischen Einwegzigaretten oder in Einwegkartuschen von höchstens 2 ml in Verkehr gebracht werden.
Die Liquids müssen darüber hinaus kindersicher sowie gegen Auslaufen und unsachgemässe Manipulationen gesichert sein. Dadurch soll insbesondere das Risiko einer versehentlichen Einnahme gesenkt werden. In der nikotinhaltigen Flüssigkeit dürfen nur Inhaltsstoffe von hoher Reinheit enthalten sein. Ausserdem müssen die E-Zigaretten das Nikotin unter normalen Verwendungsbedingungen in konstanten Dosen abgeben. Mit anderen Worten muss sichergestellt sein, dass bei jedem gleich langen und gleich starken Zug an einer E-Zigarette eine ähnliche Nikotinmenge abgegeben wird.
Zahlreiche Informationspflichten für Hersteller von E-Zigaretten
Darüber hinaus gelten neue Verpackungs- und Kennzeichnungsvorschriften, dank welchen die Konsumenten besser informiert werden sollen. Vorgeschrieben sind namentlich Gesundheitswarnungen auf den Verpackungen, Verwendungshinweise, Informationen über das Suchtpotenzial und die Toxizität, eine Liste aller Inhaltsstoffe sowie Angaben zum Nikotingehalt des Produkts. Werbebotschaften auf den Verpackungen sind auch bei E-Zigaretten verboten.
Die Hersteller müssen darüber hinaus den Mitgliedstaaten vor dem Inverkehrbringen neuer Produkte bestimmte Informationen mitteilen:
- Angaben zu Hersteller, Inhaltsstoffen und Emissionen,
- Nikotindosis und -aufnahme,
- Produkt und Produktionsprozess,
- Erklärung, in der der Hersteller die volle Verantwortung für die Qualität und die Sicherheit des Produkts bei normaler Verwendung übernimmt.
Ausserdem müssen die Hersteller den Mitgliedstaaten jährlich über die verkauften Mengen, die Arten von Verwendern und deren Vorlieben sowie über aktuelle Tendenzen Bericht erstatten.
Daneben haben sich die Hersteller und Verkäufer an besondere Werbevorschriften zu halten. Die für Tabakerzeugnisse bestehenden Bestimmungen für grenzüberschreitende Werbung und sonstige verkaufsfördernde Massnahmen gelten auch für E-Zigaretten.
Monitoringsystem soll Regelungsbedarf aufzeigen
Die Kommission betont, dass es sich bei E-Zigaretten um eine relativ neue Produktekategorie handelt. Um die Regelungen für E-Zigaretten bei Bedarf anpassen zu können, sieht die neue Richtlinie deshalb ein Monitoring und eine Berichterstattung über alle Entwicklungen im Zusammenhang mit E-Zigaretten vor, namentlich markt- und gesundheitsbezogene Entwicklungen. Anhand der zusammengetragenen Informationen soll die Kommission entscheiden, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf nötig ist.
Mitgliedstaaten können Cross-Border-E-Commerce untersagen
Man darf gespannt sein, wie die einzelnen Mitgliedstaaten die neue Richtlinie umsetzen. Denn obwohl auf EU-Ebene kein Verbot des grenzüberschreitenden Fernabsatzes eingeführt wird, steht es den Mitgliedstaaten frei, solche Verkäufe zu untersagen. Sofern ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, dürfen ausländische Händler Kunden im betreffenden Mitgliedstaat nicht beliefern.
Auch wenn die Mitgliedstaaten kein Verbot des Cross-Border-Handels mit Tabakerzeugnissen einführen, gelten gewisse Vorschriften für Cross-Border-Händler. Diese müssen ihre Verkaufsabsichten vor dem ersten Verkauf sowohl in dem Mitgliedstaat melden, in dem sie niedergelassen sind, als auch in denjenigen Mitgliedstaaten, in die sie ihre Tabakerzeugnisse verkaufen möchten. Ausserdem wird verlangt, dass sie über ein Altersüberprüfungssystem verfügen, mit dem kontrolliert werden kann, ob der Besteller die jeweiligen Mindestaltersvorgaben erfüllt. Ausserdem muss der Online-Händler den zuständigen Behörden eine Beschreibung der Einzelheiten und der Funktionsweise des Altersüberprüfungssystems bereitstellen.
Neue Regeln gelten voraussichtlich ab Mitte 2016
Die Richtlinie soll im Mai 2014 in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben anschliessend zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. Die meisten neuen Bestimmungen werden somit ab Mitte 2016 EU-weit gelten. Für gewisse Produktkategorien sind Übergangsbestimmungen vorgesehen, die es den Herstellern und Einzelhändlern ermöglichen sollen, ihre nach den Vorschriften der alten Richtlinie hergestellten Waren noch zu verkaufen.
Was bedeuten die neuen Regeln für die Schweiz?
Da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, gelten die Richtlinienbestimmungen hierzulande nicht. Die Schweiz ist demnach nicht verpflichtet, die EU-Regeln in ihr eigenes Recht zu übernehmen. Das Inkrafttreten der Richtlinie hat somit keinen direkten Einfluss auf die Schweiz.
Auch in der Schweiz stehen jedoch Gesetzesänderungen im Bereich der Tabakprodukte an. Der Bundesrat hat angekündigt, spätestens im Sommer 2014 einen ersten Entwurf für ein neues Gesetz über Tabakprodukte zu veröffentlichen und in die Vernehmlassung zu schicken. Es ist davon auszugehen, dass er sich dabei am EU-Recht orientieren und gewisse Regelungen der EU-Tabakrichtlinie übernehmen wird. Voraussichtlich werden in diesem Rahmen die elektronischen Zigaretten auch in der Schweiz dem Tabakproduktegesetz unterstellt. Nach geltender Rechtslage fallen E-Zigaretten unter das Lebensmittelrecht. Dies führt dazu, dass der Handel mit und der Verkauf von nikotinhaltigen E-Zigaretten in der Schweiz verboten ist. Zulässig ist hingegen bereits heute der Import solcher Zigaretten zum Eigenkonsum.
Weitere Informationen:
- Pressemitteilung des Parlaments vom 26.02.2014
- Infoseite der EU-Kommission zum Thema Tabak
- Fragen und Antworten zur Tabakrichtlinie
- Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG („Tabakrichtlinie“) (provisorischer Text)
- Infoschreiben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zu E-Zigaretten
- Informationsseite des BAG zum Thema Tabak
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann