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Eine Marke ist nur dann geschützt, wenn sie auch benutzt wird und auch nur dort, wo sie benutzt wird. Daran hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) den Aargauer Getränkehersteller Rivella vor kurzem erinnert. Dieser hatte Widerspruch erhoben gegen die Marke „BASKAYA“ eines italienischen Getränkeherstellers. Die einzutragende Marke sei ihrer Marke „Passaia“ ähnlich. Rivella war aber nicht in der Lage, die Benutzung der Marke innerhalb der EU nachzuweisen. Rivella stützte sich auf ein Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland, nach welchem der Gebrauch in der Schweiz als Gebrauch in Deutschland gelte. Gemäss EuG sei dieses Übereinkommen jedoch vorliegend nicht anwendbar, da die Sache durch das Gemeinschaftsrecht abschliessend geregelt sei und kein Raum für die Anwendung von deutschem Recht bestehe. Schweizer Markeninhaber sind somit unabhängig von allfälligen staatsvertraglichen Regelungen mit den einzelnen Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre als Gemeinschaftsmarken registrierten Marken auch in der EU zu benutzen. Tun sie dies nicht, riskieren Sie, dass ihren Gemeinschaftsmarken der Schutz abgesprochen wird.
Baskaya vs. Passaia
Dem Urteil des EuG liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Baskaya di Baskaya Alim e C. Sas (nachfolgend: Baskaya), ein italienischer Nahrungsmittel- und Getränkehersteller, meldete im Oktober 2007 ein Bildzeichen als Gemeinschaftsmarke an. Das Zeichen enthielt unter anderem den Schriftzug „BASKAYA“. Gegen diesen Eintrag erhob die Rivella International AG (nachfolgend: Rivella) Widerspruch. Sie stütze ihren Widerspruch auf die Verwechselbarkeit der einzutragenden Marke mit einer älteren Marke, die unter anderem den Schriftzug „Passaia“ enthält. Unter diesem Markennamen vertreibt Rivella in der Schweiz ein Getränk auf Passionsfruchtsaftbasis.
Nachweis der Benutzung der älteren Marke in der EU nicht erbracht
Auf Antrag von Baskaya wurde Rivella vom Harmonisierungamt für den Binnenmarkt (HABM) aufgefordert, die Benutzung der Marke in den fraglichen Ländern (Deutschland, Spanien, Frankeich, Italien, Österreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg) nachzuweisen. Daraufhin erklärte Rivella, dass nur am Widerspruch für den deutschen Teil der Registrierung festgehalten werde. Die Marke sei in der Schweiz benutzt worden, womit auch die Benutzung in Deutschland bewiesen sei. Rivella stützte diese Ausführungen auf ein Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland aus dem Jahre 1892, in welchem festgehalten wird, dass die Benutzung einer Marke innerhalb der Schweiz auch als Benutzung innerhalb Deutschlands gelte (vgl. Art. 5).
Die Widerspruchsabteilung des HABM wies diesen Widerspruch mit Entscheidung vom 8. Februar 2010 ab. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wurde von der Beschwerdekammer des HABM am 10. Januar 2011 abgewiesen. Die beiden Instanzen begründeten ihre Entscheide damit, dass die Benutzung nur in der Schweiz nachgewiesen werden konnte und das Übereinkommen von 1892 vorliegend nicht anwendbar sei. Einschlägig seien hingegen Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (nachfolgend: Gemeinschaftsmarkenverordnung), wonach die ältere Marke in demjenigen Mitgliedsstaat, in welchem sie geschützt ist, ernsthaft benutzt worden sein muss.
Benutzung in der Schweiz reicht nicht aus
Das Gericht wies Rivella darauf hin, dass die Bestimmung des Gebiets, innerhalb dessen die Benutzung der älteren Marke nachgewiesen werden muss, durch das Gemeinschaftsrecht abschliessend geregelt sei. Es bestehe deshalb kein Raum, nationales Recht anzuwenden. Nach den Vorschriften der Gemeinschaftsmarkenverordnung muss die Benutzung in der Europäischen Union oder im betreffenden Mitgliedstaat nachgewiesen werden (Art. 42 Abs. 2 und 3). Die Benutzung in der Schweiz stelle demnach keine Benutzung in einem Mitgliedstaat dar. Aus diesem Grund könne der Nachweis der Benutzung nicht erbracht werden und das EuG wies Rivellas Klage folglich ab.
Bedeutung des Entscheids
Der Entscheid des EuG ist bedeutend für schweizerische Markeninhaber. Schweizer Markeninhaber, welche ihre Marken als EU-Gemeinschaftsmarken registriert haben, müssen damit rechnen, dass diesen der Schutz abgesprochen wird, sofern sie sie nicht auch in der EU verwenden. Ein Gebrauch innerhalb der Schweiz reicht nicht aus, selbst wenn Staatsverträge vorsehen, dass die Benutzung gegenseitig anerkannt wird. Gemäss Art. 351 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind solche Verträge für die Union nicht bindend.
Update: Mittlerweile hat sich auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Fall befasst und das Urteil des Gerichts vollumfänglich bestätigt (vgl. Urteil C-445/12 P vom 12.12.2013).
Weitere Informationen:
- Urteil T-170/11 des EuG vom 12. Juli 2012
- Verordnung 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke
- Übereinkommen zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den degenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz (SR 0.232.149.136)
- BR-News: «EuGH: Lindt-Goldhase kann nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden»
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Ansprechpartner: Lukas Bühlmann