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Eine brasilianische Gesellschaft wollte 2014 einen Alarm- bzw. Klingelton als Unionsmarke beim EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum) eintragen lassen. Dieser Klingelton dient dem Unternehmen als Hörzeichen für Träger zur Verbreitung von Informationen auf elektronischem und mündlichem Wege sowie mittels Fernsehens. Die Eintragung wurde vom EUIPO verweigert. Das Gericht der Europäischen Union stützt in einem kürzlich ergangenen Urteil diesen Entscheid.
Fehlende Unterscheidungskraft
Die brasilianische Gesellschaft Globo Comunicação e Participações S/A meldete dem EUIPO einen Klingelton zur Eintragung als Unionsmarke an. Das Amt verweigerte dem Unternehmen die Eintragung mit der Begründung, dass es sich um einen allgemeinen und üblichen Klingelton handle, welcher den Verbrauchern generell nicht auffalle und auch nicht im Gedächtnis bleibe. Somit fehlt der Tonfolge die Unterscheidungskraft, was ein absolutes Eintragungshindernis gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 207/2009 darstellt, um als Unionsmarke eingetragen zu werden.
Klänge sind markenfähig
Das Gericht bestätigt, dass Klänge grundsätzlich markenfähig sind, wenn sie sich grafisch darstellen lassen. Diese Voraussetzung erfüllt Globo Comunicação e Participações S/A, da die Klangfolge als Musiknoten in einem Notensystem mit Notenschlüssel, Pausen und Vorzeichen dargestellt wird. Die Tonfolge präsentiert sich wie folgt:
Tonfolge erfüllt grundlegende Eigenschaft einer Marke nicht
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich jedoch um einen Standardklingelton, welcher sich auch bei anderen elektronischen Geräten finden lässt. Dieser werde von der breiten Öffentlichkeit nur als blosse Funktion der Waren und Dienstleistungen des Unternehmens wahrgenommen und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft. Der Klingelton besteht lediglich aus zwei Tönen, nämlich der Wiederholung der Note Gis. Dem Publikum wird es ohne Vorkenntnisse kaum möglich sein, die Abfolge dieser zwei Töne als Hinweis darauf zu erkennen, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom entsprechenden Unternehmen stammen. Gerade dies stellt jedoch eine grundlegende Funktion einer Marke dar. Sie soll die Herkunft der in Frage stehenden Güter vermitteln können. Aus diesem Grund kommt das Gericht zum selben Schluss wie bereits das EUIPO: Der Klingelton fällt im Allgemeinen nicht auf und bleibt dem Verbraucher auch nicht im Gedächtnis.
Behandlung von akustischen Marken in der Schweiz
In der Schweiz war seit jeher unbestritten, dass akustische Marken, z.B. Werbejingles, als Marken geschützt werden können. Dies bedeutete jedoch nicht, dass akustische Marken in jedem Fall schutzfähig sind. Das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat bei der Eintragung von akustischen Marken eine sehr strenge Praxis angewendet.
Das IGE hat bei der Prüfung von akustischen Marken zwischen akustischen Marken mit Text und anderen akustischen Marken unterschieden. Das IGE vertrat die Auffassung, dass akustische Marken ohne Text nicht originär unterscheidungskräftig sein könnten. Das massgebliche Publikum würde solche Marken ohne Text nicht ohne weiteres als Herkunftshinweis auf ein Unternehmen verstehen. Solche Töne ohne Text waren erst als Marken eintragungsfähig, wenn sie durch intensiven Gebrauch und Bewerbung beim Publikum in der Schweiz als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Produkte zu einem bestimmbaren Unternehmen erkannt wurden (sog. Verkehrsdurchsetzung).
Diese Praxis hat das IGE u.a. auch bei der Beurteilung der IR-Marke Nr. 858’788 angewandt (vgl. Auszug Romarin betreffend IR-Marke Nr. 858’788). Die akustische Marke bestand aus sieben Tönen und wurde für Confiserie, Schokolade und Patisserie beansprucht. Die Schutzausdehnung der IR-Marke auf die Schweiz wurde wegen fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt. Der Entscheid des IGE wurde vom Bundesverwaltungsgericht damals unterstützt. Das Bundesgericht hat jedoch auf Beschwerde hin am 7. April 2009 entschieden, dass diese Praxis nicht korrekt sei (BGE 135 III 359).
Seit diesem Bundesgerichtentscheid können in der Schweiz akustische Marken auch ohne Text eine originäre Unterscheidungskraft besitzen und vom Publikum als Herkunftshinweis auf ein Unternehmen verstanden werden. Eine Verkehrsdurchsetzung ist nicht in jedem Fall notwendig. Das Urteil des Bundesgerichts bedeutet allerdings nicht, dass jede akustische Marke ohne Text eintragungsfähig ist. Die Unterscheidungskraft ist in jedem Einzelfall zu prüfen.
Ausgehend von dieser Praxis wäre die Eintragung der vorgenannten vom EuG zu beurteilenden akustischen Marke auch in der Schweiz abgelehnt worden. Dem eher banalen und üblichen Klingelton dürfte es an originärer Unterscheidungskraft mangeln. Die akustische Marke könnte in der Schweiz erst als Marke eingetragen werden, wenn der Inhaber die Verkehrsdurchsetzung nachweisen kann. Hierzu ist ein längerer und intensiver Gebrauch in der Schweiz notwendig.
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