EuGH: Bei Urheberrechtsabgabe für Vervielfältigungsgeräte und -medien ist Differenzierung zwischen Erwerb zu kommerziellen und Erwerb zu privaten Zwecken erforderlich


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Am 21. Oktober 2010 entschied der Europäische Gerichtshof, dass die Ausgestaltung der spanischen Urheberrechtsabgabe nicht den Vorgaben der diesbezüglichen europäischen Richtlinie entspricht. Denn die Abgabe auf Geräten und Medien zur digitalen Vervielfältigung wurde unabhängig davon erhoben, ob diese für private oder gewerbliche Zwecke erworben werden. Ein Blick auf die Schweizer Praxis zeigt, dass die vom EuGH geforderte Differenzierung hierzulande zumindest bei der Festlegung der Höhe der Tarife berücksichtigt wird.

Mit der Richtlinie 2001/29/EG wurde das Urheberrecht der EU-Mitgliedsstaaten harmonisiert. Im Grundsatz wird darin festgelegt, dass der Urheber alleine über das Recht, seine Werke zu vervielfältigen, verfügen kann (Art. 2). Die Mitgliedsstaaten können von diesem Grundsatz abweichen und natürlichen Personen erlauben, für private Zwecke Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken zu erstellen (Art. 5 II lit. b). Dies gilt jedoch nur unter der Bedingung, dass die Inhaber der Urheberrechte im Gegenzug zu dieser Ausnahme „einen gerechten Ausgleich erhalten“.

Aus dem Urteil des EuGH (Rs. C-467/08,»Padawan») geht nun hervor, dass die spanische Regelung nicht im Einklang mit der Richtlinie steht. Denn darin wurde die Abgabe für Privatkopien unterschiedslos auf alle Arten von Anlagen, Geräten und Medien zur digitalen Vervielfältigung angewendet. Insbesondere wurde nicht berücksichtigt, dass diese Leerträger auch von Unternehmen zu kommerziellen und eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien erworben werden. Der „gerechte Ausgleich“ für die Privatkopien verlange aber, dass ein Zusammenhang zwischen der Abgabe und dem etwaigen Schaden für den Rechteinhaber bestehen muss. Foglich seien die spanischen Vorschriften nicht mit dem EU-Recht vereinbar.

Der EuGH betonte in der Folge, es sei allerdings kein Nachweis erforderlich, dass eine natürliche Person mit Hilfe der Leerträger tatsächlich Privatkopien angefertigt und den Urhebern einen Schaden zugefügt hat. Es könne rechtmässig vermutet werden, dass die Vervielfältigungsfunktion der Leerträger durch den jeweiligen Käufer vollständig ausgeschöpft werde. Der EuGH stellte ferner klar, dass es zulässig ist, wenn die Abgabe für Privatkopien nicht direkt die betroffenen Privatpersonen (den Endnutzern), sondern die Anbieter der Leerträger belastet.

Auch wenn das Urteil des EuGH für die Schweiz nicht verbindlich ist, stellt sich Frage, ob die schweizerische Regelung den genannten Vorgaben entspricht. Denn das schweizerische Urheberrechtsgesetz (URG)sollte nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich EU-kompatibel ausgestaltet werden.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Schweizer Regelung nicht direkt mit derjenigen von Spanien vergleichbar ist. Insbesondere ist es Unternehmen in der Schweiz erlaubt, für die interne Dokumentation und Information Werkexemplare zu vervielfältigen (Art. 19 I lit. c URG). In einer gemeinsamen Stellungnahme der Schweizer Kollektivverwertungsgesellschaften wird ferner festgehalten, dass es in der Praxis heute üblich sei, die für das private Kopieren errechnete Tarifhöhe um den Anteil der gewerblich genutzten und damit entshchädigungsfreien Leerträger zu senken. Die von Herstellern und Importeuren geschuldete Entschädigung entspreche damit nur dem auf den privat genutzten Speichermedien geschuldeten Anteil.

Vor diesem Hintergrund ist die schweizerische Regelung in Bezug auf den vom EuGH beanstandeten Aspekt differenzierter als die spanische. Dennoch ist nicht restlos klar, ob dadurch die Anforderungen des EuGH an den «gerechten Ausgleich» entsprochen wird.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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