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In einem Verfahren vor dem englischen High Court of Justice versucht L’Oréal, den Handel von Nachgeahmten und von L’Oréal nicht zum Vertrieb in der EU zugelassenen Produkten über den Online-Marktplatz eBay zu verhindern. Dem EuGH wurde in diesem Verfahren unter anderem die Frage vorgelegt, ob die Verwendung der Marke L’Oréal bei Anzeigen in Indizierungsdiensten oder bei der internen Suche eine Markenverletzung durch eBay darstellt und ob eBay dafür haftbar gemacht werden kann. Der Generalanwalt vertritt in seinem Schlussantrag vom 9. Dezember 2010die Ansicht, dass eBay für die Verstösse nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Im Einzelnen steht zur Debatte, ob die Buchung von Anzeigen (insb. Sponsored Links), welche auf der Suchergebnisseite eines Indizierungsdiensts nach der Eingabe von mit Marken identischen „Keywords“ eingeblendet werden, schon eine unzulässige Markennutzung darstellt und somit nach Art. 5 der Markenrichtlinie 89/104 vom Inhaber verboten werden kann. Zwar sieht der Generalanwalt in diesem Vorgehen eine Nutzung der Marke, diese beeinträchtige aber grundsätzlich nicht die Markenfunktion. Die Marke solle in erster Linie die Herkunft der Produkte garantieren. Diese Herkunftsfunktion werde dann nicht eingeschränkt, wenn die Waren wirklich von dem Markenhersteller stammen und im europäischen Wirtschaftsraum von diesem zum Verkauf freigegeben sind. Auch eBay selbst nutze zwar den Markennamen, um für seine Plattform zu werben, aber diese Dienstleistung ist nicht mit Kosmetikprodukten vergleichbar und unterfällt daher nicht Art. 5 der Markenrichtlinie 89/104.
Die Herkunftsfunktion ist natürlich immer dann verletzt, wenn Dritte nachgeahmte Waren auf dem Marktplatz anbieten. In diesem Fall vertritt der Generalanwalt aber die Meinung, dass eBay grundsätzlich nicht für die rechtswidrigen Angebote Dritter haftet. eBay könne darauf vertrauen, dass die Nutzer des Marktplatzes sich entsprechend den Nutzungsbedingungen und den geltenden Gesetzen verhalten.
Auch die Anzeige von Markennamen in der internen Suchfunktion von eBay soll nach Auffassung des Generalanwaltes nicht als Markenverletzung durch eBay anzusehen sein. Bei der Suche werde nur –ähnlich wie bei einer Zeitungsanzeige- die Werbung Dritter für ihre Angebote auf dem Marktplatz angezeigt. eBay übernehme nur die technischen Archivierungs- und Verwaltungsaufgaben und sei daher für den Inhalt der Angebote nicht verantwortlich.
eBay solle aber dann haften, wenn eBay von den Markenrechtsverletzungen Kenntnis hat und sie nicht abstellt oder keine ausreichende Vorsorge trifft, um künftige Markenverletzungen zu verhindern. Dies ergibt sich gemäss dem Generalanwalt aus Art. 14 der Richtline 2000/31. Danach haften Hostinganbieter nur dann für die gespeicherten rechtswidrigen Inhalte eines Nutzers, wenn der Anbieter von der Rechtswidrigkeit Kenntnis hatte. Diese Argumentation lässt sich aber nicht auf die oben besprochenen Suchmaschinenanzeigen übertragen, da eBay dort selber keine Inhalte speichert.
Hervorzuheben ist ferner, dass der Generalanwalt eine relativ weite Auslegung des Hostinganbieters und die damit verbundene Freistellung aus Art. 14 der Richtline 2000/31 vornimmt. Nach seiner Auslegung fällt auch der Marktplatzbetreiber bei bestimmten Tätigkeiten unter diese Ausnahme. Er geht davon aus, dass sich die Ausnahmen nach Art. 12-14 der Richtline 2000/31 nicht auf Kategorien von Anbietern beziehen, sondern auf bestimmte Tätigkeiten, in diesem Fall das Speichern von fremden Inhalten. Dies begründet er damit, dass kaum ein Anbieter ausschliesslich eine dieser Tätigkeiten ausübt, sondern die freigestellte Tätigkeit immer nur ein Teil des angebotenen Dienstes sein wird. Es bleibt abzuwarten, welchen Standpunkt der EuGH diesbezüglich einnehmen wird.
Folgt der EuGH in seinem Urteil den Ausführungen des Generalanwalts, würde dies die Stelllung von Internetmarktplatzen stärken und gerade in Bezug auf Markenrechtsverletzung eine wohl weitreichende Klärung von Streitigkeiten zwischen Marktplatzbetreibern und Markenrechtsinhabern bewirken. Die Haftung wird hauptsächlich auf den Nutzer, d.h. den eigentlichen Verkäufer, verlagert, während die Anbieter von Internetmarktplätzen nur bekannte Verletzungen verfolgen müssten. Durch diesen Grundsatz würden auch die Interessen der Markenrechtsinhaber ausreichend berücksichtigt werden, da sie wiederholte Verletzungen über den Anbieter verfolgen könnten.
Es muss aber betont werden, dass sich diese Aussagen nur auf Onlinemarktplätze beziehen, welche die Angebote Dritter präsentieren. Für Onlinehändler, die ein eigenes Angebot präsentieren, ist die Haftung erheblich strenger, da Sie selber die Markenrechte verletzen. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf die Rechtslage in Deutschland hin, die in dem unten stehenden Beitrag zu SEO-Massnahmen/Online-Portal näher erläutert wird.
Update:
BR-News vom 4.8.2011: «EuGH: Urteil zur Haftung von eBay im Markenrecht»
Weitere Informationen:
- Schlussantrag vom 9. Dezember 2010 zur Rechtssache C-324/09
- Richtline über den elektronischen Geschäftsverkehr 2000/31/EG
- Markenrichtlinie 89/104/EWG
- BR-News: «DEUTSCHLAND – Bundesgerichtshof verurteilt Online-Portal wegen SEO-Maßnahmen»
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann