EuGH: Marke «Cognac» für finnische Spirituosen ist unzulässig


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Aus einer kürzlich ergangenen Entscheidung des EuGH geht hervor, dass eine Marke, welche die geografische Angabe „Cognac“ oder deren finnische Übersetzung enthält, nicht für Spirituosen eingetragen werden kann, die in Finnland hergestellt wurden. Auch wenn der EuGH die konkrete Entscheidung dem nationalen Gericht überlässt, wird aus der Entscheidung deutlich, dass zwei beanstandete Marken finnischer Spirituosen-Hersteller, welche den Begriff „Cognac“ enthalten, gelöscht werden müssen. Mit dieser Entscheidung bekräftigt der EuGH den in Europa seit 1989 bestehenden Schutz der Bezeichnung Cognac für Weinbrand aus Frankreich.

Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar: Eine finnische Gesellschaft meldete in Finnland zwei Bildmarken zur Eintragung als Marken für Spirituosen an. Die Bildmarken stellten Flaschenetiketten dar, welche Beschreibungen der Spirituosen sowie die Begriffe „Cognac“ und dessen finnische Übersetzung „Konjakki“ enthielten. Die Marken wurden am 31. Januar 2003 durch die finnischen Behörden eingetragen. Diese Eintragung wurde durch das Burea national interprofessionnel du Cognac, die französische Gesellschaft, welche die Interessen der Cognachersteller vertritt, angefochten. Mit seinem Urteil vom 14. Juli 2011 (C-4/10 und C-27/10) hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) diesen Rechtsstreit nun zu Gunsten der französischen Cognachersteller (vor-)entschieden.

Rechtsgrundlage für die Beurteilung des Falls war die Verordnung (EG) Nr. 110/2008, welche Vorschriften über die Kennzeichnung und den Schutz geografischer Angaben von Spirituosen enthält. Sie gilt für alle Spirituosen und zwar unabhängig davon, ob sie in der EU oder Drittländern hergestellt wurden. In seinem Entscheid hielt der EuGH zunächst fest, dass die Verordnung auf den Fall anwendbar sei, obwohl die Marken bereits vor deren Inkrafttreten am 20. Mai 2008 eingetragen wurden. Der rückwirkenden Anwendung der Verordnung stehe nichts im Wege. Denn die Mitgliedsstaaten seien bereits seit Anfang 1996 durch die Vorgänger-Verordnung (Nr. 3378/94, Art. 11a Abs. 1) dazu verpflichtet, die Verwendung von geografischen Angaben für Spirituosen, die nicht aus der betreffenden Region stammen, zu verhindern.

Der EuGH wies in der Folge auf Art. 23 der Verordnung hin, wonach die Eintragung einer Marke, die eine in Anhang III aufgeführte geografische Angabe enthält, abgelehnt oder gelöscht werden müsse, sofern dadurch einer der Tatbestände zum Schutz der geografischen Angaben (in Art. 16) erfüllt würde. Die zeitliche Ausnahme dieser Grundregel war gemäss dem EuGH im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn der Begriff „Cognac“, der in den beanstandeten Marken enthalten ist, sei im EU-Recht bereits seit 1989 als geografische Angabe geschützt und zwar für Spirituosen, deren Ursprungsland Frankreich ist. ge In einem nächsten Schritt ging der EuGH auf die Tatbestände zum Schutz der geografischen Angaben in Art. 16 der Verordnung ein. Diese erfassen Fälle, in denen ein Produkt mit Bezugnahme auf eine geografische Angabe so vermarktet wird, dass das Publikum irregeführt wird oder zumindest eine unzulässige Anlehnung oder Rufausbeutung erreicht wird. Sie stehen gemäss dem EuGH im Zusammenhang mit dem Zweck der Verordnung. Dieser bestehe darin, dass für Spirituosen eines bestimmten Landes oder einer Region geografische Angaben in ein Verzeichnis eingetragen werden können, wenn die Qualität oder der Ruf einer Spirituose wesentlich diesem geografischen Ursprung zugeordnet werden kann. Eine solche in Anhang III der Verordnung eingetragene Angabe dürfen nur für Spirituosen verwendet werden, die allen Spezifikationen entsprechen, die in den sog. technischen Unterlagen aufgeführt sind. Ob dies der Fall ist, müsse jedoch das zuständige nationale Gericht beurteilen.

Die Verwendung einer Marke, die den Begriff „Cognac“ oder eine Übersetzung davon enthält, stellt nach dem Urteil des EuGH eine gewerbliche Verwendung der geschützten Angabe dar. Eine solche Verwendung der Angabe für Erzeugnisse, welche die Anforderungen der Verordnung für den Gebrauch der Bezeichnung nicht erfüllen,, ist nach der Verordnung dann verboten, wenn sie sich auf vergleichbare Erzeugnisse bezieht(vgl. Art. 16 lit. a) . Unabhängig von der Kategorie erachtet der Gerichtshof Spirituosen als miteinander vergleichbare Erzeugnisse. Zudem hielt der EuGH auch fest, dass die Verwendung einer Marke, die das Element „Cognac“ enthält, für Spirituosen, die die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllen, gleichermassen auch als Anspielung im Sinne von Art. 16 lit. b eingestuft werden könne. Denn dies könne den Konsumenten dazu veranlassen, gedanklich einen Bezug zur Ware herzustellen, die diese Angabe rechtmässig trägt. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs kann somit gefolgert werden, dass die beiden eingetragenen Marken der Verordnung widersprechen und die Eintragungen deshalb von den finnischen Behörden gelöscht werden müssen.

Schliesslich ist auch auf zwei nicht unwesentliche Gesichtspunkte des EuGH-Urteils hinzuweisen. Der EuGH betonte, dass die Inhaber der beanstandeten finnischen Marken nicht geltend machen können, die Bezeichnung „Cognac“ sei zu einer Gattungsbezeichnung geworden. Denn eingetragene geografische Angaben dürften nicht zu Gattungsbezeichnungen werden und umgekehrt dürften Gattungsbezeichnungen nicht als geografische Angaben eingetragen werden. Ferner wies der EuGH auch darauf hin, dass es auch unzulässig sei, Übersetzungen eingetragener geografischer Angaben wie „Cognac“ auf dem Etikett oder der Aufmachung einer Spirituose zu übersetzen.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Giuseppe Di Marco


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