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Eine Marke verliert ihren Schutz, wenn sie innert der Schonfrist von fünf Jahren nicht in der hinterlegten Form gebraucht wird. Unter Umständen ist aber auch der Gebrauch in leicht abweichender Form ausreichend. Ende 2012 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits entschieden, dass der Beweis des Gebrauchs einer Marke (PROTI) in abweichender Form grundsätzlich auch durch den Nachweis der Benutzung einer anderen Marke (PROTIPLUS) erbracht werden kann. Mit einem aktuellen Urteil hat der EuGH diese Rechtsprechung weiter konkretisiert. Die Benutzung eines Logos, das aus Bild- und Wortelementen zusammengesetzt ist, kann danach grundsätzlich zugleich einen ausreichenden Gebrauch desselben Logos ohne das Wortelement darstellen, auch wenn beide Logos eigenständig als Marke eingetragen sind. Erforderlich ist aber auch in diesem Fall, dass die Abweichung zwischen der gebrauchten und der eingetragenen Form des Logos nicht die Unterscheidungskraft des eingetragenen (wortlosen) Logos verändert.
Vorgeschichte
Ausgangspunkt für das Urteil des Europäischen Gerichtshofs war eine Werbekampagne der britischen Supermarktkette Asda. Die Kampagne richtete sich gegen die Specsavers-Gruppe, die grösste Optikergeschäftekette im Vereinigten Königreich. Asda verwendete darin die Werbeslogans „Be a real spec saver at Asda“ und „Spec Savings at ASDA“ sowie die folgenden Logos (Abbildungen aus Urteil):
Specsavers sah darin eine Verletzung ihrer Rechte an den folgenden Gemeinschaftsmarken (Abbildungen aus Urteil) und reichte Klage auf Unterlassung ein:
In zweiter Instanz wurde die Klage bereits teilweise gutgeheissen, weil Asda durch die Verwendung ihrer Logos die Rechte von Specsavers an der ersten und zweiten Marke verletzt habe. Da das nationale Gericht jedoch hinsichtlich der dritten Marke Zweifel an der Interpretation der Vorgaben der EU-Gemeinschaftsmarkenverordnung hatte, legte es dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Verwendung eines Logos mit Text als Gebrauch desselben Logos ohne Text?
In seinem Urteil (C-252/12) hatte der Gerichtshof zunächst zu beurteilen, ob Specsavers den Nachweis der ausreichenden Benutzung der dritten Marke durch den Beweis des ausreichenden Gebrauchs der ersten Marke erbringen kann. Der Gerichtshof wies dabei einleitend darauf hin, dass es sich auch hier um einen Fall handle, bei welchem eine eingetragene Marke in abweichender Form verwendet werde. Denn es werden nicht bloss einzelne Marken nebeneinander gestellt. Vielmehr werde bei der Benutzung der ersten Marke ein Teil der wortlosen Marke durch das Wort „Specsavers“ überlagert bzw. verdeckt und die wortlose Marke folglich nicht in der Form gebraucht, wie sie eingetragen ist.
Wie bereits in seinem Urteil von vergangenem Jahr (C-553/11) hielt der EuGH fest, dass eine Benutzung von Marken in einer abweichenden Form nur dann nicht ausreichend ist, wenn die Abweichung die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst. Dementsprechend könne auch dann eine ausreichende Verwendung der Marke mit wortlosem Logo vorliegen, wenn diese Marke zusammen mit dem überlagernden Wort „Specsavers“ gebraucht werde. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Kombination aus dem wortlosen Logo und dem überlagernden Worts „Specsavers“ ebenfalls als Gemeinschaftsmarke eingetragen ist. Vorausgesetzt sei aber, dass diese Marke in der Form, in der sie eingetragen wurde, d. h. ohne teilweise Verdeckung durch das sie überlagernde Wortzeichen „Specsavers“, immer noch als Hinweis auf die Waren der Specsavers-Gruppe verstanden wird. Mit anderen Worten darf die Abweichung zwischen der benutzten und der eingetragenen Form der Marke die Unterscheidungskraft der Marke, wie sie eingetragen wurde, nicht verändern. Ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, hat das nationale Gericht zu beurteilen.
Stetige Nutzung einer schwarz-weiss eingetragenen Marke in einer bestimmten Farbe – Einfluss auf Verwechslungsgefahr
In einem nächsten Schritt hat der Gerichtshof eine weitere interessante Frage beantwortet. Ausgangspunkt davon war der Umstand, dass Specsavers seine Marke nicht in einer bestimmten Farbe, sondern schwarz-weiss hinterlegt hat. Das Unternehmen hat die Marke jedoch vielfach in einer bestimmten Farbe benutzt, sodass die Marke gemäss dem nationalen Gericht von einem erheblichen Teil des Publikums mit dieser Farbe in Verbindung gebracht wird. Der EuGH hatte deshalb zu entscheiden, ob bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr mit einer schwarz-weiss hinterlegten Marke auch berücksichtigt werden kann, welche Farbe der „angebliche“ Markenverletzer in seiner Darstellung verwendet.
Der Gerichtshof bejahte diese Frage. In seiner Begründung hält er fest, dass das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden müsse. Zumindest bei einer Marke, die in schwarz-weiss eingetragen sei, beeinflusse die Farbe, in der die Marke dann tatsächlich benutzt werde, die Wirkung auf den Durchschnittsverbraucher. Die Farbe könne demnach die Gefahr von Verwechslungen mit dieser Marke erhöhen. Der Umstand, dass Asda eine ähnliche Farbe wie Specsavers verwendet hat, sei deshalb ein Faktor, der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sei, auch wenn die Marke von Specsavers schwarz-weiss hinterlegt worden sei.
Abschliessend entschied der Gerichtshof ferner, dass die Gefahr von Verwechslungen verringert sein könnte, wenn Asda mit der Farbe, die sie für die angeblich markenverletzenden Darstellungen verwendet hat, selbst gedanklich in Verbindung gebracht wird, da das massgebliche Publikum den Eindruck haben könnte, die Farbe dieser Zeichen sei diejenige von Asda. Auch dieser Umstand müsse deshalb bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden.
Anmerkungen
In der Praxis sind Markeneintragungs-Strategien, wie sie die Specsavers-Gruppe im vorliegenden Fall verfolgt hat, relativ häufig. Hintergrund dafür ist namentlich, dass bei Marken-Logos vereinzelt bloss das Bildelement übernommen wird und das Textelement (hier Specsavers) durch ein eigenes ersetzt wird. Gelingt die Eintragung und die Aufrechterhaltung des Schutzes für das Logo ohne Textelement, ist ein Vorgehen gegen den potentiellen Markenverletzer gestützt auf eine solche Marke vielversprechender als gestützt auf die Marke mit Bild- und Textelement.
Der EuGH hat nun insofern Klarheit geschaffen, als dass der Markenschutz eines Logos ohne Textelement grundsätzlich auch durch die Benutzung des Logos mit Textelement aufrecht erhalten werden kann; dies unabhängig davon, ob das Logo auch mit Textelement eigenständig als Marke geschützt ist. Vorausgesetzt ist jedoch, dass durch die abweichende Benutzung des wortlosen Logos dessen Unterscheidungskraft nicht verändert wird. Die Hinzufügung eines Wortelements wird jedoch vielfach einen Einfluss auf Unterscheidungskraft einer Marke haben, sodass insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden fraglich ist, ob diese Voraussetzung gegeben ist.
Auch die zweite Frage, die der EuGH im aktuellen Urteil beantwortet hat, ist für die Praxis interessant. Allerdings beschränkt sich deren Bedeutung auf die sog. Verletzungsverfahren, also Verfahren, in welchen gegen einen mutmasslich markenverletzenden Gebrauch gerichtlich vorgegangen wird. Soll dagegen gestützt auf die eigene Marke die Eintragung eines Zeichens eines Dritten verhindert werden (sog. Widerspruchsverfahren), ist die Berücksichtigung von Farben, die nicht aus den Eintragungen hervorgehen, grundsätzlich ausgeschlossen. Denn in diesen Fällen wird das Bestehen einer Verwechslungsgefahr allein gestützt auf die Zeichen, wie sie aus der Eintragung hervorgehen, beurteilt.
Weitere Informationen:
- Urteil des EuGH vom 18.7.2013 (C-252/12; Specsavers)
- Urteil des EuGH vom 25.10.2012 (C- 553/11; Rintisch)
- EU-Gemeinschaftsmarkenverordnung (Nr. 207/2009)
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann