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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich entschieden, dass das reine Abfüllen von Getränkedosen, die mit einem fremden Markenzeichen versehen sind, vom Markeninhaber nicht verboten werden kann. Denn das reine Abfüllen stelle keine «Benutzung» des Zeichens im Sinne der Markenrichtlinie dar. Red Bull könne deshalb einem Unternehmen, das im Auftrag eines Dritten Energy-Drinks in mit ähnlichen Zeichen beschriftete Dosen abfüllt, nicht verbieten, diese Dienstleistung zu erbringen.
Der EuGH hatte den Fall eines niederländischen Unternehmens Frisdranken Industrie Winters BV («Winters») zu beurteilen, dessen Haupttätigkeit insbesondere das Befüllen von Getränkedosen im Auftrag Dritter ist. Im vorliegenden Fall befüllte Winters im Auftrag der Smart Drinks Ltd («Smart Drinks») Dosen mit einem Energy-Drink. Die beschrifteten Dosen, die dazu verwendet wurden, sowie das Rezept und der Grundstoff für das abzufüllende Getränk wurden Winters von Smart Drinks geliefert. Die Dosen trugen Aufschriften wie «PITTBULL», «BULLFIGHTER» oder «RED HORN». Abgesehen von der Abfülldienstleistung übernahm Winters keine Tätigkeit für Smart Drinks, insbesondere nicht die Lieferung und den Verkauf der Dosen.
Die Red Bull GmbH («Red Bull»), Inhaberin der Marke «RED BULL» und Herstellerin des gleichnamigen Energy-Drinks, sah durch diesen Vorgang ihre Markenrechte verletzt und beantragte vor einem niederländischen Gericht, es sei Winters jegliche Benutzung von Zeichen zu untersagen, die mit Marken von Red Bull identisch oder ähnlich seien. Das Verfahren erreichte schliesslich das oberste Gericht der Niederlande, welches dem EuGH insbesondere die Frage vorlegte, ob es sich beim reinen Abfüllen von Getränkedosen im Auftrag eines Dritten um eine «Benutzung» des auf diesen Dosen angebrachten Zeichens handle.
Der Gerichtshof antwortete, dass der Umstand, dass durch das Abfüllen die technischen Voraussetzungen für die Benutzung eines Zeichens geschaffen würden, nicht bedeute, dass der Erbringer dieser Dienstleistung dieses Zeichen selbst benutze. Winters erfülle lediglich die Abfülldienstleistung und habe kein eigenes Interesse an der äusseren Darstellung der Dosen und den darauf angebrachten Zeichen. Eine Benutzung im Sinne der Richtlinie 89/104/EWG sei deshalb nicht gegeben. Der Gerichtshof hielt ergänzend fest, dass – selbst wenn es sich vorliegend um eine «Benutzung» des Zeichens handeln würde – die reine Abfülldienstleistung keinerlei Ähnlichkeit mit denjenigen Waren und Dienstleistungen aufweise, für welche Red Bull ihre Marken eingetragen habe und ein Verbot deshalb ohnehin nicht ausgesprochen werden könnte.
Der Gerichtshof stellte allerdings im Anschluss klar, dass dieses Urteil nicht bedeute, dass gegen die mutmasslichen Markenrechtsverletzungen kein Rechtsschutz bestehe. Das Anbringen der Zeichen auf den Getränkedosen könne dem Auftraggeber zugerechnet werden, womit dieser nach der Richtlinie verantwortlich bleibe. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der EuGH entschieden hat, dass Dienstleister, die im Auftrag Dritter nur einen Teil des Herstellungsverfahrens eines Produktes übernehmen und kein eigenes Interesse an der Verwendung eines auf diesem Produkt angebrachten Zeichens haben, dieses nicht im Sinne der genannten Richtlinie benutzen. Das Erbringen der Abfülldienstleistung kann deshalb durch den betroffenen Markeninhaber nicht untersagt werden.
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Ansprechpartner: Giuseppe Di Marco